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26. Oktober 2025
„Die Standardisierung des Geschäfts ist nicht im Kundeninteresse“

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„Die Standardisierung des Geschäfts ist nicht im Kundeninteresse“

„Die Standardisierung des Geschäfts ist nicht im Kundeninteresse“

Ein Stück weit fehlt es aber an einer Kampagne für unab­hängige Beratung durch einen Makler. Wer sollte dies in Angriff nehmen?

Hier sprechen Sie einen wichtigen Punkt an. Wir im Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute denken gerade über eine Kampagne für unseren Berufsstand nach und ich bin überzeugt, dass es unter anderem auch Aufgabe der Verbände ist, den Makler als positiven Marktteilnehmer bzw. Berater zu präsentieren.

Nun hört man aus einigen Rich­tungen, dass es Risiken gibt, die nur (noch) sehr schwer absicherbar sind. Wie reagieren Sie auf solche Aussagen und verliert die Versicherungsbranche dadurch nicht sukzessive an Bedeutung für die Gesellschaft?

Tatsächlich benennen die Versicherer in einer geradezu auffälligen Übereinstimmung Jahr für Jahr neue Branchen, die sie insbesondere im Feuer-Industrie- oder im Elementarversicherungs- bereich nicht mehr versichern wollen.

Ein Vorstandsvorsitzender eines Versicherungskonzerns wollte mit mir ernsthaft eine Diskussion da­rüber führen, dass sich z. B. Galvanik-Betriebe in ihrem „Feuer-Buch“ untereinander selbst amortisieren und rentieren müssten, was natürlich völlig dem Versicherungsgedanken und dem Risikokollektiv widerspricht.

Es ist die Pflicht und Aufgabe der Versicherungskonzerne, allen seriösen Berufen, Branchen und Risiken Versicherungsschutz zu bieten, da gerade im Feuer-Industrie-Bereich und hier wiederum gerade in dem die Bundesrepublik Deutschland tragenden Mittelstand eine eigene Risikotragung überhaupt nicht zugemutet werden kann. Es ist ja auch allgemein bekannt, dass zwischenzeitlich Versicherungs­gesellschaften auf Landes- oder Bundesebene schon einmal von der Politik zu Gesprächen eingeladen werden, in denen sie an ihre Aufgabe im Versicherungsmarkt dezent erinnert werden. Rosinenpickerei bei Risiken führt mittelfristig zu desaströsen betriebswirtschaftlichen Auswirkungen bei den Kunden­unter­nehmen und ich habe bestes Verständnis dafür, dass risikogefährdete Objekte z. B. im Brandschutz auch ausreichend abgesichert werden müssen, aber das generelle Ablehnen von ganzen Branchen und unabhängig vom Brandschutz ist völlig inakzeptabel.

Aufgrund der Größenordnung unserer Gruppe kann ich allerdings auch berichten, dass wir in den letzten drei Jahren kein einziges Risiko, welches wir tatsächlich platzieren wollten, am deutschen Markt nicht platziert haben. Es kann aber nicht sein, dass dieses Privileg wenigen Großmaklern zur Verfügung steht und die Masse der Kunden, die wiederum von der Vielzahl der Maklerinnen und Makler in Deutschland betreut werden, nicht in den „Genuss“ dieser politischen Situation kommen, weil sie eben nicht über eine entsprechende Macht gegenüber den Versicherungskonzernen verfügen.

Was würden Sie sich als Makler von den Versicherern denn am dringendsten wünschen?

Wichtigste Aufgabe der Versicherer ist, die Belegschaften wieder zurück ins Büro zu holen. Das Home-Office hat gerade in der Versicherungswirtschaft zu den negativsten Folgen in Bezug auf Erreichbarkeit und Zuverlässigkeit der Ansprechpartner auf Versichererseite geführt. An schönen Tagen existiert ab mittags die deutsche Versichererlandschaft nicht mehr, weil die Masse der Belegschaft sich mit den Kindern im Freibad befindet, und dann erreicht man eben keine Ansprechpartner mehr. Insgesamt ist die Produktivität aufseiten der Versicherer aufgrund des Home-Office rückläufig, wobei es eine ganze Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Versichererseite gibt, die intrinsisch motiviert und hochengagiert und bis an die Belastungsgrenze arbeiten. Die Versicherungswirtschaft hat nach der IT-Branche und noch vor dem Marketing die zweithöchste Home-­Office-Quote in Deutschland und das lässt sich mit einem Unternehmenszweck, der persönliche Dienstleistungen gegenüber Endkunden verspricht, schlicht nicht vereinbaren.

Im Bereich der Schadenregulierung ist mein Wunsch, dass die Versicherer innerhalb der vertraglich vereinbarten Fristen eine zutreffende und nach den Bedingungen vollständige und korrekte Schadenregulierung durchführen. Die momentanen Schadenbearbeitungszeiten sind nicht selten unerträglich lang. Verbunden ist das Ganze mit der stereotyp wiederkehrenden Anforderung von Unterlagen, die teilweise mehrfach schon zur Verfügung gestellt wurden. Die linke Hand weiß nicht mehr, was die rechte tut, und durch die entpersonalisierte Schadenbearbeitung leiden Kunden und Vermittler unabhängig von ihrem Vermittlerstatus.

Enden wir ganz allgemein mit der Frage: Wie zukunftssicher ist die Versicherungsbranche aus Ihrer Sicht?

Zwei meiner fünf Kinder sind bei mir im Unternehmen in leitenden Funktionen engagiert und allein die Tatsache, dass ich mich tatsächlich jeden Tag darüber freue, dass wir eine dritte Generation an Bord haben und dass ich meine Kinder gerne in die Firmengruppe aufgenommen habe, zeigt doch, wie überzeugt ich von der Zukunft unseres Berufsstandes als Versicherungsvermittler bin.

Wir müssen uns nur als Versicherungsmakler stärker solidarisieren, z. B. in einer Verbandsmitgliedschaft, um unsere berechtigten Interessen noch nachhaltiger zu platzieren und durchzusetzen.

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Ein Interview mit
Bernd Helmsauer