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1. Juli 2022
„Es sollte kein Kundenportal am Exklusivvermittler vorbei geben“

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„Es sollte kein Kundenportal am Exklusivvermittler vorbei geben“

Versicherungsagenturen werden zu wirtschaftlich größeren Einheiten und positionieren sich selbstbewusst gegenüber den Versicherern. So vermelden sie ein Einlenken bei der Digitalisierung, wo der Exklusivvermittler wieder in den Fokus gerät. Herausforderungen gibt es aber natürlich noch genug.

Interview mit Marco Seuffert, Vorstandsvorsitzender des Arbeitskreis Vertretervereinigungen der Deutschen Assekuranz e. V. (AVV)
Wie stellt sich die Situation der Versicherungsagenturen aktuell aufgrund der Corona-Pandemie dar?

Grundsätzlich sind die Versicherungsagenturen ganz gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Es gab zwar immer mal wieder schlechtere Phasen bedingt durch Lockdowns, aber vieles davon konnte zwischen den Lockdowns kompensiert werden. Allerdings hat Corona wieder gezeigt, dass positiv denkende und Veränderungen offen gegenüberstehende Vermittlerbetriebe, die neben persönlichen Terminen auch Online-Beratungen anbieten, bisher besser durch die Pandemie gekommen sind als andere. Weiterhin hat sich gezeigt, wie wichtig eine moderne und gut funktionierende IT für die Vermittler ist. Die IT war das Damoklesschwert der Branche während der Pandemiephase.

Gibt es weiterhin einen Trend hin zu größeren Agenturen? Mit welchen wirtschaftlichen Vorteilen?

Ja, den gibt es und der nimmt gerade erst Fahrt auf. Der Trend geht zu größeren Mehrpersonenagenturen mit einem ausreichendem Nichtlebenbestand. Die Vermittler sollten zukünftig mehr als Versicherungen vermitteln, dann vermitteln sie auch mehr Versicherungen. Wer seinen Kunden kurz-, mittel- und langfristige Sparanlagen kompetent vermitteln kann und sich entsprechend um die Betreuung kümmert, wird auch die erste Anlaufstelle der Kunden im Entsparprozess, sprich der Rentenphase sein. Ich empfehle daher weiterhin alle drei Berufszulassungen inklusive entsprechender Assistenz in den Agenturbetrieben. Aber eines muss klar sein: Ein einziger Mensch schafft das nicht allein. Daher müssen die Teams größer werden.

Die Versicherungsunternehmen sollten keine Angst vor größeren Einheiten haben, sondern vielmehr die Chancen und Mehrwerte solcher „nachhaltiger Kundenbindungscenter“ erkennen. Man darf aber den wirtschaftlichen Aspekt nicht außer Acht lassen. In diesen Modellen können die Versicherungsunternehmen deutlich an internen Kosten einsparen. Ein Teil dieser Einsparungen muss dafür verwendet werden, die steigenden Kosten in den Vermittlerbetrieben zu kompensieren.

Eine reine Umverteilung der Kosten vom Versicherungsunternehmen auf die Agenturbetriebe wäre auch zum Scheitern verurteilt. Aber hier gibt es schon viele gute Ansätze in der Branche. Der Rest wird das sicherlich spätestens dann erkennen, wenn er vermehrt Vermittlerbetriebe an die Konkurrenz verliert.

Würden Sie sagen, dass ein bestimmter Vertriebsweg mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit heute besser dasteht als noch vor der Pandemie? Gerne können wir auch die Digitalisierung und Regulierung einbeziehen.

Ich glaube nicht, dass ein Vertriebsweg besser oder schlechter durch die Pandemie gekommen ist, aber innerhalb der jeweiligen Stränge trennt sich zunehmend die Spreu vom Weizen. Zudem hat sich gezeigt, dass man auch sein Geschäftsmodell ständig überdenken sollte. Der Wandel wird eines der nachhaltigsten Themen der Zukunft sein! Wer sich zuvor auf eine von Corona massiv gebeutelte Branche spezialisiert hat, der hat in der Folge natürlich ebenfalls mitgelitten. Daher sollte man eine gesunde Bestandszusammensetzung in Zukunft noch mehr im Blick haben.

 
Ein Interview mit
Marco Seuffert