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27. Juli 2025
„Konsolidierung geht immer mit einer Machtkonzentrierung einher“
„Konsolidierung geht immer mit einer Machtkonzentrierung einher“

„Konsolidierung geht immer mit einer Machtkonzentrierung einher“

Auch im industriellen Maklermarkt schreitet der Konsolidierungsprozess voran. Wie wirken sich diese Veränderungen auf die Versicherer und auf die Kunden aus? Allianz Commercial setzt in einem sich wandelnden Umfeld auf eine Kombination von persönlicher Nähe und technologischer Integration, um Kundenbeziehungen stabil zu halten.

Interview mit Gordan Stanojevic, Regional Head of Distribution, Allianz Commercial
Herr Stanojevic, die Konsolidierung im Maklermarkt schreitet weiterhin voran. Mit welchem Größensegment von Maklerhäusern arbeitet Allianz Commercial aktuell vorwiegend zusammen und inwiefern hat sich das in den letzten Jahren verändert?

Allianz Commercial arbeitet aktuell vorwiegend mit mittelgroßen bis großen sowie globalen Maklerhäusern zusammen. Während Allianz Commercial im LargeCorp-Bereich immer einen stärkeren Fokus auf die großen nationalen, internationalen und globalen Broker hatte, bewegt sich der MidCorp-Teil mehr im nationalen Rahmen und setzt auch auf den Maklerbetrieb. Bei beiden Gesellschaften sprechen wir jedenfalls von langjährigen und sehr vertrauten Beziehungen in die Maklerschaft.

Die strategische Zusammenarbeit ist dabei unverändert geblieben, da die Konsolidierung noch nicht abgeschlossen ist und die Makler sich weiter damit beschäftigen, die Früchte aus den bereits erfolgten Zusammenschlüssen zu ernten. Wir erwarten jedoch eine verstärkte Zusammenarbeit auf Basis von technologischen Plattformen, um die Synergien der konsolidierten Kundenbestände besser nutzen zu können. Als Allianz Commercial sind wir darauf vorbereitet.

Wo machen sich die Veränderungen im Maklermarkt für Allianz Commercial im Industriegeschäft am meisten bemerkbar?

Dort, wo die Konsolidierung bereits fortgeschritten ist, sehen wir das Bestreben der Makler, sich ihrer neuen Marktstärke entsprechend zu positionieren.

In dieser Entwicklung sehen wir allerdings auch Vorteile: Das effizientere Management größerer Kundenbestände auf Basis digitaler Plattformen ist für uns ein Ansporn, unsere Angebote und technischen Tools kontinuierlich zu verbessern, um wachsende und komplexere Datenmengen strukturiert auszutauschen. Gemeinsames Ziel muss in meinen Augen sein, dass Betreuung und Produkte für unsere gemeinsamen Kunden sich ebenfalls weiterentwickeln.

Gerade bei mittelständischen Industriekunden spielen persönliche Beziehungen und lokale Nähe eine große Rolle. Lässt sich das mit den Strukturen großer Maklergruppen vereinbaren?

Sie fragten nach den Veränderungen im Markt – hier gibt es sicherlich keine: Trotz der Strukturen großer Maklergruppen bleibt die persönliche Beziehung zu unseren Kunden von zentraler Bedeutung. Wir gehen davon aus, dass wir durch maßgeschneiderte Lösungen und individuelle Betreuung auch in einem konsolidierten Markt erfolgreich sein können. Die Herausforderung besteht darin, diese persönliche Nähe aufrechtzuerhalten, während wir gleichzeitig mit den großen Plattformen kooperieren.

Hier sehe ich uns als Allianz Commercial im Vorteil: Wir erleben eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit zwischen Firmen- und Industriegeschäft, was etwa die Zahl der Ansprechpartner für Kunden und Makler senkt. Ein Beispiel sind auch vereinte Teams von Key-Account-Managern im Vertrieb, die größere Maklerhäuser gesellschaftsübergreifend betreuen.

Insofern sind wir gut aufgestellt, wenn es um persönliche Beziehungen und lokale Nähe geht.

Inwiefern wirkt sich der Wandel negativ auf die Kundensituation aus?

Der Wandel im Maklermarkt stellt, insbesondere während der Konsolidierung, die Herausforderung an die Maklerschaft selbst, Leistungs- und Betreuungslevel für unsere gemeinsamen Kunden hoch zu halten. Die Anforderungen sind mannigfaltig: Etablierung einheitlicher IT-Plattformen in den Maklerhäusern, Zusammenführung und Neuausrichtung der Kundensegmente sowie die Aufgabe, gute Mitarbeitende zu halten, insbesondere auf Experten- und Kundenbetreuungsebene.

In anderen Märkten, beispielsweise den USA oder Großbritannien, ist die Marktkonzentration im Maklermarkt bereits wesentlich weiter fortgeschritten als hierzulande. Ist das Ihrer Ansicht nach eine Blaupause auch für den deutschen Markt?

Spätestens mit dem Eintreten ausländischer Investoren in den deutschen Maklermarkt werden an­gloamerikanische Konsolidierungsstrategien hierher transferiert. Insoweit verfolgen wir die Entwicklungen im Ausland, um Trends in Deutschland besser antizipieren zu können. Eine Eins-zuEins-Übertragung wird jedoch nicht möglich sein, da die deutsche Maklerschaft stärker mittelständisch und inhabergeprägt ist.

Welche Erkenntnisse zieht Allianz Commercial aus diesen beiden Beispielen für den deutschen Markt? Wo sind die Stellschrauben?

Mit der Konsolidierung entstehen maklerseits stärkere Bemühungen, das Geschäft bis in den Bereich von mittleren und größeren Unternehmen stärker zu standardisieren. Die Bedeutung der technologischen Integration und der Anpassung unserer Dienstleistungen an die Bedürfnisse der Makler steigt damit. Als Versicherer sind wir an der Stelle also ebenfalls gefragt: Wir müssen sicherstellen, dass unsere technischen Tools den Anforderungen der großen Maklergruppen gerecht werden und gleichzeitig unseren gemeinsamen Kunden Mehrwerte bieten.

Mit unserer Plattform myAllianzCommercial.com sind wir für Unternehmen mit internationalen Programmen in dieser Hinsicht bereits sehr gut aufgestellt und konnten in der Region Deutschland-Schweiz den Großteil von ihnen onboarden. Eine Schnittstelle zu Kunden- und Maklerplattformen ist der nächste Schritt.

Wo sehen Sie die Zukunft des Maklermarkts in der Industrieversicherung? Werden sich die Kräfteverhältnisse zwischen Versicherern, Maklerhäusern und Kunden weiter verschieben?

Eine Konsolidierung geht immer mit einer Machtkonzentrierung einher. Ich bin bei der Allianz im Heimatmarkt optimistisch, da wir auf allen Ebenen sehr gute Beziehungen in die Maklerschaft unterhalten und dies auch die Konsolidierungswelle überdauern wird. Wir erwarten jedoch, dass der Wettbewerb unter den Maklern weitergehen wird und wir von einer Art Makler-Oligopol weit entfernt sind.

Noch etwas anderes: Klimawandelrisiken und digitale Bedrohungen nehmen auch in der Absicherung von Industrierisiken eine immer größere Rolle ein. Erwarten Sie, dass es in Zukunft Risiken gibt, die nicht versicherbar sind?

Der Klimawandel ist das zentrale Risiko der nächsten Jahrzehnte. Denken Sie etwa an die Auswirkungen von Naturkatastrophen im Sachbereich, von Schäden an Anlagen bis zur Betriebsunterbrechung. Wir erwarten jedoch deutlich weitergehende Entwicklungen. Die Unbewohnbarkeit von Gebieten wird weiter zunehmen, und das bei einer zunehmend steigenden Weltbevölkerung.

Damit es gar nicht erst zu einem Szenario der Unversicherbarkeit kommt, müssen wir Versicherer unser Underwriting und das Portfolio-Management auf die neue Risikolandschaft einstellen. Zugleich sind Kunden und Broker gefragt: Gute Risikomanagementstrategien bis hin zur genauen Auswahl des Risikoortes beim (Wieder-)Aufbau, präzise Exposure-Informationen und auch die Frage nach einem angemessenen Eigenanteil am Risiko sind gefragt.

Bei der Prävention sollten wir wiederum Hand in Hand arbeiten, um die Risiken weitmöglichst zu minimieren – dafür stehen wir als Allianz Commercial immer bereit.

Lesen Sie auch: Quo vadis, Maklerkonsolidierung?

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Interview mit
Gordan Stanojevic