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7. Juni 2019
„Robo-Advisor sind eine Gefahr für den Kunden“

„Robo-Advisor sind eine Gefahr für den Kunden“

Aktive Fonds stehen vermehrt unter Druck. Immer mehr Anleger entscheiden sich aus Kostengründen für passive Investments, auf die auch viele Robo Advisor setzen. Eckhard Sauren, Vorstandsvorsitzender der Sauren Fonds-Service AG, sieht hingegen nach wie vor Platz für aktive Fonds und warnt vor ETFs und digitalen Vermögensverwaltungen.

Herr Sauren, Sie feiern in diesem Jahr 20 Jahre Sauren Global Growth. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz aus?

Auf 20 Jahre konnten wir sowohl absolut als auch relativ zum Vanguard Stock Index Fonds eine überzeugende Wertentwicklung hinlegen und über 100% besser abschneiden als vergleichbare passive Investments. Darin sehen wir eine Bestätigung, dass aktives Management und insbesondere ein Dachfondskonzept, das über die Managerselektion Mehrwerte generieren will, auf lange Sicht nach Gebühren deutlich bessere Ergebnisse erzielen kann als ein passives Investment.

Dennoch überzeugen günstige Kosten immer mehr Kunden …

Die entscheidende Frage ist, ob man nach Kosten Mehrwerte generieren kann. Das haben wir in den letzten 20 Jahren eindeutig geschafft. Das ist ein statistisch signifikanter Zeitraum. Wenn man in diesem Zeitraum nach Kosten über 100% besser als ein passiver Indexfonds war, ist das ein schlagendes Argument für unser Dachfondskonzept.

80% der Fondsmanager schlagen ihren Index aber nicht …

Das Argument ist durchaus richtig. Die entscheidende Frage ist aber, ob man die restlichen 20% mit einem vernünftigen Prozess finden kann. Wenn man 1.000 Fonds zur Auswahl hat, bleiben immer noch 200 attraktive Fonds übrig. Wenn man daraus dann auch noch die 20 erfolgversprechendsten herausfiltert, kann man auch nach Kosten ein besseres Ergebnis als der Markt erzielen und zugleich noch eine bessere Diversifikation als ein ETF-Portfolio erreichen. Unsere Philosophie, auf den Fondsmanager zu setzen und dessen Philosophie genau verstehen zu wollen, versetzt uns in die Lage, genügend aktive Manager zu finden, die besser sind als die passive Fondsindustrie.

Kann auch ein Privatanleger die richtigen Fonds finden?

Für den Privatanleger ist das schwierig. Er müsste im Grunde auch wie eine Vermögensverwaltung denken. Er kauft schließlich selten einen ETF und ist dann mit seinem Depot fertig. Er muss also überlegen, wann er welchen Fonds in sein Depot kauft. Bei dieser Aufgabe kann man eine Menge richtig oder falsch machen. Ein Dachfonds kann ihm das alles in einem Produkt bieten. Wie eine Vermögensverwaltung nimmt er dem Kunden die komplette Fondsselektion und Portfoliostrukturierung ab.

Kommen dabei aber zu den Kosten für aktive Fonds nicht noch die Kosten für den Dachfonds obendrauf?

Im Markt werden die Kosten von Dachfonds überinterpretiert. Im Vergleich zu einem ETF oder Aktienfonds ist der Dachfonds natürlich teurer. Das aber ist ein Vergleich von Äpfeln und Birnen. Ein Dachfonds hat nicht nur zwei Kosten-, sondern auch zwei Leistungsebenen und kann deshalb auch auf zwei Ebenen Mehrwerte generieren. Einen Dachfonds müsste man eigentlich mit einer Fondsvermögensverwaltung vergleichen – und dann ist er in aller Regel günstiger und effizienter.

Gerade auf der Rentenseite sind die Renditemöglichkeiten aber deutlich gefallen. Inwiefern spielt das bei der Kostenfrage eine Rolle?

Wenn man die Rentenseite über die passive Industrie abdeckt, hat man klassischerweise einen ETF auf Staatsanleihen. Diese werden in Deutschland negativ und europaweit mit unter 1% verzinst. Oder man hat einen Unternehmensanleihen-ETF, bei dem man im Falle von Investment Grade eine Verzinsung von ungefähr 1% erhält – vor Kosten. Bei einem Renten-ETF liegt die Ertragserwartung somit in einem sehr günstigen Fall bei 1% pro Jahr. Sollten die Zinsen auch nur leicht steigen, liegt sie bei null oder im negativen Bereich. Das Ertrag-Risiko-Verhältnis bei An­leihe-ETFs ist somit verheerend. Viele ausgewogene Depots, die ETF-Strategien nutzen, haben aber genau diese ETFs im Portfolio, weil sie in der Vergangenheit sehr gut gelaufen sind, weil die Zinsen immer weiter gesunken sind. Gerade Robo-Advisor setzen stark auf diesen Ansatz.

Welche Gefahr sind digitale Vermögensverwaltungen für einen Dachfondsmanager?

Robo-Advisor und ETF-Vermögensverwaltungen versuchen die Vergangenheitsrenditen auf die Zukunft zu übertragen. Das ist kompletter Nonsens, weil die Zinsen nicht noch einmal von 5 auf 0% sinken können. Robo-Advisor sind eine Gefahr für den Kunden und nicht für den Dachfondsmanager. Sie sind ein „disaster waiting to happen“. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Katastrophe passiert. Das vierte Quartal 2018 hat bereits gezeigt, dass Unternehmensanleihen und Aktien gleichzeitig fallen, wenn es an den Börsen volatil wird. Mit Aktien und Anleihen hat man keine vernünftige Diversifikation mehr. Deshalb sind viele Robo-Advisor, ETF- und Smart-Beta-Vermögensverwaltungen keine sinnvolle Anlage.

Welche alternativen Lösungen gibt es?

Ein aktiver Dachfondsmanager kann moderne Multi-Asset-Fonds nutzen und so viel breiter investieren. Gerade im defensiven Bereich ergeben sich damit deutlich interessantere Ertrag-­Risiko-Verhältnisse als mit den nur noch scheinbar defensiven Anleihen.

Was befindet sich in solchen Fonds?

Aktuell sind es überwiegend Absolute-Return-Strategien. Das können zum Beispiel Long-Short-Aktienstrategien sein, die sowohl auf steigende als auch auf fallende Kurse setzen. Das Gleiche gibt es auch für die Kreditmärkte. Andere Fonds setzen auf Makrotrends oder Übernahmekandidaten, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Es gibt genügend Auswahl an attraktiven Absolute-Return-Strategien, die kein großes Zins- und Aktienmarktrisiko haben und zugleich eine breite Streuung des Anlagevermögens ermöglichen.

Kommt es in diesen Bereichen ganz besonders auf den Fondsmanager an?

Das ist richtig. Wenn ein Absolute-Return-Fondsmanager kein Alpha generiert, dann macht er auch keinen Ertrag. Er kann schließlich nicht mit einem Markt mitschwimmen. Er muss rein durch die gezielte Auswahl einzelner Titel Alpha generieren. Das ist die besonders hohe Schule der Fonds­manager. Ein Aktienfondsmanager kann sich noch eher durchwursteln. Im Absolute-Return-Bereich überleben nur die wirklich Guten. Oft wagen sich daher auch nur die wirklich guten Fondsmanager überhaupt in diesen Bereich. Von diesen sortieren wir dann noch die erfolgversprechendsten heraus.

Ist es schwieriger geworden, gute Fondsmanager zu finden?

Im Vergleich zu vor 20 Jahren ist es eher etwas leichter geworden, da damals das Angebot dünner als heute war. Ansonsten gibt es immer noch genügend attraktive Fondsmanager und es ist auch immer noch so, dass es eine Menge guter Fondsmanager gibt, die im Markt noch nicht bekannt sind. Unsere besondere Spezialität ist es, Fondsmanager zu finden, die noch keine allzu großen Volumen haben.

Warum der Fokus auf kleinere Fonds?

Es ist schon interessant, wie sehr sich die Zuflüsse auf sehr wenige Fonds konzentrieren. Das ist kein neues Phänomen. Allein in den letzten 20 Jahren wurden einige Fonds stark gehypt. Von den meisten dieser Hypes ist heute nichts mehr übrig. Fondsboutiquen, die nicht jeder Anleger kennt, bieten meist die besten Möglichkeiten, einen Investmentansatz konsequent und flexibel umzusetzen. Bei der Selektion der Fondsmanager helfen uns natürlich die mittlerweile mehr als 6.000 Gespräche, die wir mit Fondsmanagern geführt haben. Viele Fondsmanager kennen wir mittlerweile schon sehr gut persönlich. Das ist eine nicht kopierbare Erkenntnisbasis. Dennoch ist die Auswahl eine genauso intensive und detaillierte Arbeit wie vor 20 Jahren. Diese Mühe lohnt sich, denn in 20 Jahren war die Anzahl der größeren Fehlgriffe bei der Auswahl der Fonds­manager extrem niedrig. Das ist das, was auf Sicht von 20 Jahren zählt und eine hohe langfristige Outperformance ermöglicht. Und daran dürfte sich auch in den nächsten 20 Jahren nichts ändern. (mh)

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2019, Seite 66 f. oder in unserem E-Paper.

Bild: © denisismagilov – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Eckhard Sauren