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2. August 2021
Altersvorsorge: Deshalb wird die Bürgerversicherung nicht kommen

Altersvorsorge: Deshalb wird die Bürgerversicherung nicht kommen

Mehrere Parteien fordern im Wahlkampf, auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Rentenexperte Bert Rürup hält dagegen. Weder könne durch diese Maßnahme die Rentenkasse stabilisiert werden noch ergäben sich daraus Erleichterungen für den Steuerzahler.

Die Linkspartei, die Grünen und die SPD wollen eine Bürgerversicherung in der Rentenversicherung. Dafür wollen die Parteien aus dem linken Parteienspektrum alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen. Im SPD-Wahlprogramm für die Bundestagswahl heißt es diesbezüglich beispielsweise: „Solidarität in der Alterssicherung bedeutet für uns zudem, dass auch die Selbstständigen, Beamt*innen, freien Berufe und Mandatsträger*innen der gesetzlichen Rentenversicherung angehören. Es ist an der Zeit […] die Sondersysteme auf lange Sicht zu überwinden.“ Gleichzeitig soll das Rentenniveau der betroffenen Beamten dadurch jedoch nicht sinken (AssCompact berichtete).

Bundesarbeitsminister plädiert für Bürgerversicherung

Hubertus Heil hat gegenüber der Funke-Mediengruppe nun die Forderung nach einer Erwerbstätigenrente untermauert. Im Interview sagte der Bundesarbeitsminister und SPD-Politiker: „Generell finde ich es richtig, darüber nachzudenken, im Laufe der Zeit alle in einer Erwerbstätigenversicherung zu vereinen.“

Bürgerversicherung soll Rentenkasse stabilisieren

Von der Einbeziehung der gut abgesicherten Beamten und der generellen Abkehr von Sondersystemen in der Alterssicherung versprechen sich die Anhänger einer Bürgerversicherung eine Abmilderung der demografischen Unwucht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gerade mit dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in die Rentenbezugsphase wird die gesetzliche Altersvorsorge vor eine Belastungsprobe gestellt.

Alles nur Wahlkampfrhetorik?

Der Rentenexperte und Chefökonom des Handelsblatts, Prof. Dr. Bert Rürup, hält die Pläne der SPD für reine Wahlkampfrhetorik. Seiner Ansicht nach würde die Integration der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung allein schon an den hohen Kosten scheitern, und Hubertus Heil – als ausgewiesener Sozialexperte – wisse das auch.

Integration der Beamten wäre teuer

In einem für das Handelsblatt verfassten Kommentar geht der Rentenexperte auf die Gründe ein, weshalb die Integration der Beamten in die gesetzliche Altersvorsorge zu teuer werden würde. Seine Argumentation gründet Rürup hauptsächlich auf die hohen gesetzlichen Hürden beim Umstieg und auf die durchschnittliche Lebenserwartung der betroffenen Staatsdiener.

Beamtenstatus für Beschäftigte mit hoheitlichen Aufgaben

Zunächst plädiert Rürup dafür, hoheitliche Aufgaben weiterhin von Beamten verrichten zu lassen. Demnach sollten Polizisten, Soldaten, Staatsanwälte und Richter weiterhin im Beamtenstatus verbleiben. Dementsprechend reduziere sich das Potenzial an Stellen, die in ein Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst überführt werden könnten, auf rund eine Million.

Grundgesetz schützt Versorgungsansprüche

Eine Überführung von bestehenden Beamten- in Angestelltenverhältnisse erachtet der Rentenexperte jedoch als nahezu unmöglich. Immerhin seien die bisherigen Ansprüche von Beamten durch das Grundgesetz geschützt. Realpolitisch hält Rürup deshalb einzig die Besetzung frei werdender Positionen mit Angestellten für möglich. Durch diese Maßnahme könne der Staat jedoch keine Steuergelder einsparen.

Kosten würden zunächst steigen

Die Personalkosten für die öffentlichen Arbeitgeber würden im Gegenteil bei der Neubesetzung mit Angestellten zunächst steigen. Immerhin müssten die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sowie die Beiträge zur Zusatzversorgung von den Dienstherren übernommen werden. Im Gegenzug entfielen zwar auch die Beihilfeleistungen im Krankheitsfall und die künftigen Pensionen. Diese würden sich jedoch erst viele Jahrzehnte später maßgeblich auswirken.

Höhere Lebenserwartung

Das zweite Argument von Rürup zielt auf die durchschnittliche Lebenserwartung der Beamten ab. Die sei nämlich höher als die der Gesamtbevölkerung, was unter anderem mit dem höheren Bildungs- und Qualifikationsniveau der Beschäftigten im öffentlichen Dienst zusammenhänge. Die daraus resultierende längere Bezugsphase im Alter stelle für die gesetzliche Rentenversicherung eine zusätzliche Belastung dar.

Forderung stellt lediglich Wahlkampfrhetorik dar

Langfristig würde eine derartige Ausweitung des Versichertenkreises die umlagefinanzierte Rentenversicherung also sogar noch weiter belasten, konstatiert der Rentenexperte. Die Forderung von Hubertus Heil sei deshalb lediglich als Wahlkampfrhetorik zu verstehen und kein fundierter Beitrag, um die Finanzen der gesetzlichen Alterssicherung auf eine solidere Basis zu stellen. (tku)

Die kompletten Ausführungen von Prof. Dr. Rürup können hier auf der Seite des Handelsblatts nachgelesen werden.

Bild: © HNFOTO – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 07. August 2021 - 16:57

Man muss erst gar nicht auf Details eingehen, vielleicht nur eines, weshalb soll es teurer sein, wenn jetzt, ohne Beitrag und 3 Billionen Euro Beamten/Politiker/Richterpensionsrückstellungsdefizit sichtlich der Staat überfordert ist. 

Meine Begründung ist aber ganz einfach. Dieses prähistorische Relikt (Bismarck) wurde in fast allen Staaten längst abgeschafft. Weshalb SCHAFFEN das Staaten wie A, CH und NL, bei ungefähr doppelter Versorgung für die Mehrheit der Bürger und überlassen nicht, wie in D deswegen diese exorbitanten SCHULDEN (angebliche Schuldenfreiheit!) ohne Skrupel der Jugend zur BEZAHLUNG. Diese dürften mit den Umweltproblemen, der maroden, oder RÜCKSTÄNDIGEN Infrastruktur-DIGITAL, STRASSE, BAHN, dem gesamtem sozialen Dilemma-Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rente, genug Probleme zu lösen haben, die locker ausgesessen wurden. Beim Ausbau des Mindestlohnes auf 30% und 50% der Neurenten unter € 800,00 war man ja schnell unterwegs. Bedeutet wegen Aufstockung durch Sozialleistungen selbst erzeugten Kollaps. Die Rente von heute ist deswegen selbst bei einem Rentenbeginn ab dem 70.LJ. NICHT finanzierbar. Da braucht man kein Physikstudium, das kann jeder Grundschüler locker berechnen. Wer sich dauernd selbst belügt, macht es immer schwieriger. Wie beim Elektroauto, das hat man noch kleingeredet, als der Börsenwert schon höher als bei VW war. Hier agiert man nicht, sondern reagiert nur nach Tsunamis etc.. Lockkarten- und Faxland, benötigt mehr Personal und Wochen wofür man in USA und Asien nur Minuten benötigt und immer alle Daten für alle präsent hat. Zurück zur Steinzeit. Von anderen erfolgreiches abzuschauen ist für geniale Deutsche unvorstellbar....

Da redet man dann von hohen Umstellungskosten, wo das Schlamassel schon HEUTE unvorstellbar groß ist