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22. August 2023
Auftragsmangel im Wohnungsbau, Projektentwickler in Bedrängnis

Auftragsmangel im Wohnungsbau, Projektentwickler in Bedrängnis

Der Wohnungsbau befindet sich im Krisenmodus: Laut einer Umfrage des ifo Instituts litten 40% der Unternehmen im Juli unter Auftragsmangel. Die Lage am Immobilienmarkt bringt zunehmend auch die Projektentwickler in Bedrängnis. Bei ersten Unternehmen sind die Liquiditätsreserven aufgebraucht.

Der Immobilienmarkt befindet sich in einer Krise. Die gestiegenen Rohstoffpreise und die hohen Bauzinsen hinterlassen Spuren. Betroffen ist vor allem auch der Wohnungsbau. Das ifo Institut spricht von einem sich fortsetzenden Absturz im Wohnungsbau. Wie eine Umfrage zeigt, klagten im Juli vier von zehn Unternehmen über Auftragsmangel. Im Juni waren es 34,5%, vor einem Jahr betrug der Anteil noch 10,8%. „Es braut sich ein Sturm zusammen. Nach einem langjährigen Boom würgen die höheren Zinsen und die drastisch gestiegenen Baukosten das Neugeschäft förmlich ab“, erklärt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. Seit dem Frühjahr 2022 seien auffällig viele Auftragsstornierungen im Wohnungsbau zu beobachten. Derzeit berichten 18,9% der Betriebe über abgesagte Projekte, nach 19,2% im Vormonat. Im langfristigen Mittel lag der Anteil bei lediglich 3,1%. „Der Wohnungsbau steht unter starkem Druck. Auf der einen Seite werden kontinuierlich bestehende Aufträge storniert, auf der anderen Seite kommen immer weniger Neuaufträge rein”, sagt Wohlrabe.

Auftragspolster allmählich aufgebraucht

Viele Unternehmen würden noch von Auftragspolstern zehren, die sie in besseren Zeiten aufbauen konnten. Doch für einige Firmen wird die Lage bereits ernst. In der Umfrage berichteten 10,5% der Wohnungsbauunternehmen von Finanzierungsschwierigkeiten. Im Vorjahr waren es laut Ifo Institut nur halb so viele. „Viele Projekte sind unter den neuen Rahmenbedingungen für Investoren nicht mehr rentabel, und auch private Bauleute haben zunehmenden Probleme, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen“, erläutert Wohlrabe. Für die kommenden Monate erwartet eine Mehrheit der Unternehmen keine Besserung.

Projektentwickler in Bedrängnis

Auch bei den Projektentwicklern wächst die Sorge, da die Krise am Immobilienmarkt länger anhält als erwartet. Einigen Unternehmen ist bereits die Puste ausgegangen. So meldeten in den vergangenen Wochen etwa die Development Partner aus Düsseldorf und die Euroboden GmbH aus München Insolvenz an. Wie das vor allem auf dem Büromarkt aktive Unternehmen Development Partner mitteilte, seien aufgrund der langen wie auch andauernden kritischen Marktentwicklung die Liquiditätsreserven aufgebraucht. Das Unternehmen will sich neu aufstellen und hat Restrukturierungsmaßnahmen in die Wege geleitet.

Für Beunruhigung sorgte dann auch vor einigen Tagen die Nachricht, dass die Nürnberger PROJECT Immobilien Gruppe für einige ihrer Gesellschaften Insolvenz beantragt hat (AssCompact berichtete). Denn damit hat es nun auch einen größeren Player am Markt getroffen.

Sorge bei Anlegern

Die PROJECT Immobilien Gruppe betreut aktuell 118 Projekte im Bereich Wohnen, Gewerbe, Grundstücksverkauf und Bestandsobjekte. Wie die vorläufigen Insolvenzverwalter mitteilten, seien derzeit 1.852 Wohnungen im Bau, einige stünden bereits vor der Fertigstellung. Die Käufer der Wohnungen seien zu rund 90% Privatanleger, die sich nun Sorgen machen. Der vorläufige Insolvenzverwalter bat die betroffenen Wohnungskäufer um Geduld (AssCompact berichtete). Wie dynamisch die Entwicklung derzeit ist, zeigt eine aktuelle Meldung vom Handelsblatt. Demnach habe der Projektentwickler gewinnunabhängige Ausschüttungen aus den PROJECT-Fonds vorerst gestoppt. Offizielle Angaben des Unternehmens liegen zum jetzigen Zeitpunkt hierzu aber nicht vor. 

Experten erwarten Konsolidierung bei Projektentwicklern

Einem Bericht im Handelsblatt zufolge sind selbst Experten von der Dynamik überrascht, mit der die Krise am Immobilienmarkt die Projektentwickler in ernsthafte Schieflage bringt. Wie das Handelsblatt weiter berichtet, sehen Fachleute den Beginn einer Konsolidierung – wie sie auch in anderen Branchen bis hin zum Versicherungsmaklermarkt zu beobachten ist.

Destatis: 135.000 Wohnungen im ersten Halbjahr 2023 genehmigt

Schlechte Nachrichten auch vonseiten des Statistischen Bundesamts (Destatis): Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist im ersten Halbjahr 2023 um 27,2% oder 50.600 Baugenehmigungen gesunken. Demnach wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres nur 135.200 Wohnungen genehmigt.

Geywitz gegen Verschärfung der Energie-Standards bei Neubauten

Bereits im Jahr 2022 hat die Bundesregierung ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich deutlich verfehlt. Nun äußerte sich Bundesbauministerin Klara Geywitz in den Medien, mit steuerlichen Anreizen den Wohnungsbau ankurbeln zu wollen. Geywitz stellte auch die von der Regierung geplante Verschärfung der Energiestandards für Neubauten infrage. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass der Standard EH-40 für Neubauten ab 2025 verpflichtend ist. Für September hat die Bundesbauministerin angekündigt, ein Hilfspaket für die Baubranche zu präsentieren. (tk)

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