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14. August 2020
Automatisierung im Maklerbüro durch moderne MVP-Systeme

Automatisierung im Maklerbüro durch moderne MVP-Systeme

Automatisierung ist das unternehmerische Ziel der Digitalisierung von Maklerprozessen. Der Schlüssel dazu sind Maklerverwaltungssysteme. Warum Maklerunternehmer und -betreuer gefordert sind, sich mit den Verfahren und Methoden zu beschäftigen, erklärt Henning Plagemann.

Die Pandemie hat viele Makler mithilfe von neuen technischen Werkzeugen zu digitalen Experten der Online-Kommunikation gemacht. Digitaler ist das Maklerbüro dadurch aber nicht geworden, denn der Maßstab einer zukunftsorientierten Büroorganisation ist die Automatisierung in den Verwaltungsprozessen. Die Vermittlerpost im pdf-Format ist zwar digital, aber wenn weiterhin ein Mensch das Schriftstück der Kundenakte zuordnet, dann ist das keine Kosten­senkung. Der Markt der MVP-Systeme ist massiv in Bewegung, sowohl Aufkäufe und Fusionen als auch Kooperationen sind praktisch an der Tagesordnung. Warum automatisierte Verwaltungsprozesse für die Zukunft des Maklerunternehmers entscheidend sind und welche Aufgaben daraus für Vermittler und Maklerbetreuer entstehen, wird im Folgenden skizziert.

Die ersten Maklerverwaltungsprogramme (MVP) wurden von computeraffinen Maklern erstellt. Daraus wurden professionelle Unternehmen, die heute MVP-Systeme mit langjähriger Vergangenheit und hoher fachlicher Ausprägung vorweisen können. Dann kam das Internet in der Branche an, der elektronische Austausch zwischen Versicherer und Makler nahm zu und weckte neben der Bestandsübertragung in Form von GDV-Datensätzen den Wunsch nach elektronischer Vermittlerpost.

Wie zukunftsfähig ist das jeweilige MVP?

Das war die Geburtsstunde der BiPRO und die Entwicklung von Prozessnormen. Für die MVP-Hersteller bedeutete das zusätzliche Entwicklungskosten, die nur schwer auf die Lizenzkosten umgelegt werden konnten. In der jährlichen dvb-Maklerbefragung werden bis zu 60 unterschiedliche Systeme genannt. Von den nutzenden Maklern sind 100.000 Personen über 55 Jahre alt und kurz vor dem Ruhestand, das bedeutet Kündigung vieler Lizenz- und Wartungsverträge. Die Branche zweifelt nicht daran, dass viele MVP-Hersteller ihre Systeme entweder auslaufen lassen oder ganz aufgeben werden. Aus dieser Situation leitet sich die erste Aufgabe ab: Jeder Makler muss sich mit der Zukunftsfähigkeit seines Systems beschäftigen. Maklerbetreuer sollten in der Lage sein, als fachliche Ansprechpartner bei der Bewertung zu unterstützen.

Prozess der schöpferischen Zerstörung

Ein häufiges Argument lautet: Warum ist Automatisierung im MVP-System überhaupt erforderlich? Sorgfältige manuelle Tätigkeiten im Umgang mit Kundendaten sind doch ein Garant für hohe Qualität. Hier kommt der unternehmerische Aspekt zu kurz. Der Ver­sicherungsmarkt ist wegen geringerer Wachstumsraten aufgrund abschwächender Konjunktur von einem moderaten Prämienwachstum gekennzeichnet. Der Makler muss somit für den gleichen Umsatz mehr Leistung erbringen, auch führen neue Versicherungsprodukte häufig zu einer Kannibalisierung bereits bestehenden Geschäfts.

Beratung und Verwaltung müssen jedoch in jedem Fall erbracht werden, zudem gewinnt das beratungsintensive Geschäft an Bedeutung für das Maklersegment. Daraus folgt mehr Umsatz bei geschmälerten Ertragschancen für konventionell arbeitende Makler.

Deutlich wird das im Massengeschäft Kraftfahrt. Ohne Einsatz von Technologie verursacht die Abwicklung viel Arbeit bei geringem Ertrag. Die Lösung ist der Prozess der schöpferischen Zerstörung, aus dem Wachstum durch technischen Fortschritt hervorgeht.

Automatisierungspotenzial identifizieren

Wenn Versicherer die Vermittlerpost digital zur Verfügung stellen, soll das System wie ein Sachbearbeiter stempeln, lochen und das Ablegen in der Kundenakte beherrschen. Jeder Mitarbeiter im Maklerbüro wird spontan Arbeitsschritte nennen können, die regelmäßig wiederkehren und automatisiert werden sollten. Daraus entsteht eine weitere Aufgabe für Makler: „Identifizieren Sie das Automatisierungspotenzial in Ihrem Maklerbetrieb und prüfen Sie die technischen Möglichkeiten Ihres MVP-Systems. Besprechen Sie mit dem Maklerbetreuer die BiPRO-Prozessliste; sein Wissen um die vom Versicherer unterstützten Geschäftsvorfälle macht ihn zum fachlichen Sparringspartner in der Digitalisierung.“

Die Bedeutung von Daten und Datenübertragung

Versicherungen als immaterielle Güter haben einen Rohstoff: Daten. Aktuelle und richtige Daten sind eine zwingende Voraussetzung für die Automatisierung. Datenkonvergenz. Die Harmonisierung verschiedener Datenquellen (BiPRO-Dokumente, GDV-Daten) zu einer ganzheitlichen Sicht (digitale Kundenakte) ist das Bestreben jedes einzelnen MVP-Anbieters.

MVP-Systeme werden von verschiedenen Softwareanbietern bereitgestellt: Anbieter wie acturis und Smart InsurTech oder Pools wie blau direkt, Fonds Finanz und vfm. Jetzt kommt neben der technischen Herausforderung auch noch der juristische Aspekt im Umgang mit den Daten ins Spiel: Der Pool kann direkt mit Kunden- und Vertrags­daten operieren, der Softwareanbieter darf das nicht.

Wenn es also in dem Zusammenführen der Daten Probleme gibt, weil zum Beispiel die Schreibweise der Vertragsnummern in den Systemen eines Versicherers unterschiedlich ist, muss darauf reagiert werden. Mensch oder Maschine, einer muss ran und der Makler macht das ungerne. Dadurch können die Pools mit einem Fullservice-Angebot auftreten, der Anwender erhält sozusagen Anwendung und menschliche Sachbearbeitung. Die konventionellen MVP-Hersteller wollten die Datensouveränität keinesfalls aufgeben und investieren Millionen in das Datenclearing – ein weiteres Argument für bevorstehende Konsolidierungsprozesse in diesem Markt.

Mit dem System meinMVP ist jüngst ein Verein von Maklerversicherern angetreten, auch kleineren Maklern die Nutzung automatisierter Prozesse zu ermöglichen – vollständig von den Versicherern subventioniert. Jetzt lautet die Aufgabe für den Makler: Wie kommen Kunden- und Vertragsdaten heute in ihr System, an welchen Stellen ist noch ein manueller Eingriff erforderlich? Der Maklerbetreuer unterstützt in der Rolle des Digitalisierungsberaters, der die grundlegenden Ver­fahren und Methoden kennt.

Fazit

Viele Makler sind durch die Außendiensttätigkeit echte Autoexperten und können Vor- und Nachteile einzelner Kfz-­Hersteller aufzählen. Der Marktüberblick über die MVP-Systeme und Ansätze zur Automatisierung war bestenfalls ein Randthema. Aber die Organisation und Optimierung der Verwaltungsprozesse wird entscheidend für den unternehmerischen Erfolg sein. Die Verbraucher sind nicht zuletzt wegen des Online-Wettbewerbs kostensensibler geworden und ebenso wie der Maklernachwuchs anspruchsvoll hinsichtlich digitaler Services.

Um den Makler und Maklerbetreuer in Auswahl und Bewertung von möglichen Lösungen zu unterstützen, hat die deutsche-versicherungsboerse.de in Zusammenarbeit mit zwei Maklerversicherern und einigen Maklern eine bisher einmalige Marktübersicht mit über 1.200 Kriterien erarbeitet, die wichtige Entscheidungskriterien für die Auswahl eines geeigneten MVP-Systems auf einen Blick bereitstellt.

Bild: © Alexander Limbach – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Henning Plagemann