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7. Januar 2022
BaFin: In 33% der anonymen Testkäufe schwere Beanstandungen

BaFin: In 33% der anonymen Testkäufe schwere Beanstandungen

Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität erlaubt der BaFin seit Juli 2021 anonyme Testkäufe, um die Beratungsqualität bei Banken zu prüfen. Ein Pilotprojekt hat nun aufgedeckt, dass in immerhin einem Drittel aller Beratungsgespräche schwerwiegende Beanstandungen auftraten.

Das Gesetz zur Finanzmarktintegrität (FISG) erlaubt seit Inkrafttreten im Juli 2021 der BaFin anonyme Testkäufe (das sogenannte „Mystery Shopping“) bei Banken, um die Beratungsqualität im Privatkundengeschäft zu prüfen, wie AssCompact bereits berichtete. Direkt nach Inkrafttreten des FISG hat die BaFin vier Mystery-Shopping-Agenturen für eine erste Pilotaktion beauftragt. Dazu hat die Finanzaufsicht drei Testkundenprofile aus unterschiedlichen Altersgruppen vorgegeben: Jugendliche, Erwachsene sowie Seniorinnen und Senioren. Die von der Aufsicht beauftragten Agenturen prüften insgesamt zwölf Banken (je vier Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken) im gesamten Bundesgebiet – und zwar jeweils mit allen drei Testkundenprofilen. Insgesamt gab es damit 36 Testkäufe, zwölf in jedem Testkundenprofil, sodass zwar keine Repräsentativität im statistischen Sinne, aber doch ein qualifizierter Einblick in die Marktrealität gewonnen werden konnte.

33% der anonymen Testkäufe mit schweren Beanstandungen

Mit ihren anonymen Testkäufen hat die BaFin nun in knapp einem Drittel aller Fälle schwerwiegende Beanstandungen aufgedeckt. „Die Fehlerquote war auf den ersten Blick auffällig: In zwölf von 36 Beratungsgesprächen wurden wichtige Informationsdokumente nicht übergeben“, resümiert Christian Bock, Leiter der Abteilung Verbraucherschutz und zugleich Verbraucherschutzbeauftragter der BaFin. In fünf Fällen habe die Geeignetheitserklärung gefehlt, in vier Fällen seien keine Kosteninformationen ausgehändigt worden. Bei weiteren drei Testkäufen hätten sogar beide Dokumente gefehlt, und das, obwohl beide gesetzlich vorgeschrieben seien.

Testkundenprofil „Seniorinnen und Senioren“ besonders betroffen

Mängel traten bei fast allen getesteten Banken und allen vorgegebenen Kundenprofilen auf. Auffällig sind die Testergebnisse aber gerade beim Testkundenprofil „Seniorinnen und Senioren“. Hier gab es in der Hälfte aller Anlageberatungen Beanstandungen, in den beiden Profilen „Jugendliche“ und „Berufstätige“ dagegen nur in jeweils einem Viertel der Beratungen. „In den höheren Altersgruppen kommen verschiedene Einzelrisiken zusammen, das macht Ältere zu einer besonders verwundbaren Kundengruppe. Eine Häufung von Auffälligkeiten war also zu befürchten – und die Daten bestätigen das“, erklärt Bock. Daneben gab es weitere Defizite: Unter anderem wurden Kundenangaben nicht immer zutreffend aufgenommen, möglichweise um eine bestimmte Empfehlung aussprechen zu können, die zu den Angaben nicht gepasst hätte, so die Vermutung der BaFin. Christian Bock resümiert: „Die Daten erlauben zwar keine Rückschlüsse auf den Gesamtmarkt, sind für mich aber ein klares Zeichen dafür, dass wir künftig bei der Anlageberatung noch genauer hinsehen müssen.“ Die im Pilotprojekt auffällig gewordenen Institute spricht die BaFin direkt an und konfrontiert sie mit den Feststellungen.

„Mystery Shopping“ soll 2022 weiter intensiviert werden

Während im Pilotprojekt nur die Anlageberatung geprüft wurde, wird die BaFin ihren Fokus künftig deutlich ausweiten. Bock hat die wichtigsten Verbrauchermärkte im Blick: „Wir planen jährlich mehrere Hundert Testkäufe in allen Aufsichtsbereichen. Von Versicherungen über Bankprodukte wie Konto und Kredit bis hin zu Wertpapieren und Zertifikaten – bei all diesen Angeboten stellen sich Fragen, denen wir unter anderem mit ‚Mystery Shopping‘ nachgehen wollen.“ Im Fokus sollen dann auch vermehrt Restschuldversicherungen stehen. Aber auch andere Fragen – beispielsweise zu den Themenkomplexen Digitalisierung und Nachhaltigkeit – sollen nach BaFin-Angaben mit anonymen Testkäufen untersucht werden. (as)

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