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22. Februar 2021
Betriebsschließung: Wie man es als Versicherer nicht macht

Betriebsschließung: Wie man es als Versicherer nicht macht

Müssen Versicherer für Corona-bedingte Betriebsschließungen leisten oder nicht? Nachdem das LG Düsseldorf erst vor Kurzem zugunsten eines Versicherers entschieden hatte, weist ein weiteres aktuelles Urteil desselben Gerichts in eine andere Richtung. Wo liegen die Unterschiede?

Erst vor Kurzem hatte das Landgericht (LG) Düsseldorf entschieden, dass ein Betriebsschließungsversicherer nicht leisten muss, weil er in seinen AVB einen sogenannten statischen Verweis bzw. eine statische Verweisung verwendete. Das bedeutete in dem konkreten Fall, dass der Versicherte (ein Restaurantbesitzer) ausschließlich gegen Betriebsschließungen aufgrund von Krankheitserregern im Sinne des Infektionsschutzgesetzes mit Stand vom 20.07.2000 abgesichert war (AssCompact berichtete).

Statischer Verweis allein nicht immer ausreichend

Nun zeigt eine weitere Klage gegen einen Betriebsschließungsversicherer jedoch, dass ein statischer Verweis allein nicht in jedem Fall ausreichend ist, um nicht für Corona-bedingte Betriebsschließungen einstehen zu müssen. Und auch dieses Urteil wurde vom LG Düsseldorf gesprochen.

Gastronomen verlangen Entschädigung

Konkret ging es um zwei Betreiber von drei bekannten Bars in der Düsseldorfer Altstadt. Sie hatten 2017 und 2018 Betriebsschließungspolicen bei einem Versicherer abgeschlossen. Der vereinbarte Versicherungszeitraum umfasste 30 Tage und als Versicherungsleistung sollten pro Tag 75% des Vorjahrestagesumsatzes gezahlt werden. Im ersten Corona-Lockdown mussten die beiden Barbetreiber aufgrund einer Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Düsseldorf ihre Gastronomiebetriebe schließen. Die beiden verlangten vom Versicherer daraufhin die vereinbarte Leistung, aber der weigerte sich. Sein Argument: Im Falle des Covid-Erregers SARS-CoV-2 bestehe überhaupt kein Versicherungsschutz. Dagegen klagten die Gastronomen.

Verweis auf Gesetz + Erregerliste

Der Versicherer hatte in seinen Versicherungsbedingungen jedoch einige Einschränkungen vorgenommen. Nicht nur hatte er spezifiziert, dass eine Entschädigung lediglich dann geleistet würde, wenn der Betrieb aufgrund der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern im Sinne des Infektionsschutzgesetzes von den Behörden geschlossen wird. Er hatte auch noch eine Liste der Krankheiten und Erreger angefügt, die zum damaligen Zeitpunkt im Infektionsschutzgesetz aufgeführt wurden und gegen die somit Versicherungsschutz bestehen sollte. SARS-CoV2 befand sich damals verständlicherweise noch nicht unter den aufgezählten Erregern.

Klausel ist unwirksam

Das LG Düsseldorf entschied aber dennoch zugunsten der Barbetreiber. Die Klausel in den Versicherungsbedingungen sei unangemessen benachteiligend für den Versicherungsnehmer und dementsprechend nach § 307 BGB unwirksam. Der Versicherer habe nicht klar genug herausgestellt, dass der Versicherungsschutz für neu entstehende Krankheiten ausgeschlossen sei. Das Gericht verurteilte den Versicherer zu einer Entschädigungszahlung von insgesamt 764.000 Euro an die beiden Gastronomen.

Statische Verweisung mit klaren Aussagen

Doch worin lag nun der Unterschied zwischen den beiden Fällen vor dem LG Düsseldorf? In beiden Fällen liegt zwar eine statische Verweisung vor, aber im Falle des Restaurantbesitzers wurde das auch deutlich gemacht. Sein Versicherer hatte in den weiteren Vertragsbedingungen unter „Weitere Ausschlüsse“ präzisiert, dass der Versicherer nicht für Schäden durch Erreger haftet, die nicht namentlich im Infektionsschutzgesetz vom 20.07.2000 genannt sind. Damit sei die Klausel ausreichend verständlich gewesen, hatte das Gericht daraufhin entschieden.

Doppelte Verweisung hält nicht besser

Im Falle der Barbesitzer sah die Sache anders aus. Hier bezog sich der Versicherer zuerst auf die meldepflichtigen Erreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes, schob dann aber noch eine Liste der Erreger und Krankheiten nach. Gewissermaßen eine Kombination aus dynamischer Verweisung (alles im Infektionsschutzgesetz zählt) und einer statischen Verweisung (nur die angehängte Liste zählt). Welche der beiden Aussagen jedoch Vorrang hat und wie mit neu entstandenen und in das Infektionsschutzgesetz aufgenommenen Krankheiten und Erregern verfahren werden soll, bleibt auf diese Weise jedoch unklar und benachteiligt den Versicherungsnehmer dementsprechend unangemessen. (tku)

LG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2021 – 40 O 53/20

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