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24. August 2023
Bis zu 69% der Büroimmobilien drohen zu veralten

Bis zu 69% der Büroimmobilien drohen zu veralten

In den Metropolen hierzulande besteht für zwei von drei Büroimmobilien die Gefahr einer Veralterung. Dies geht aus einer Analyse von Colliers hervor. Demnach befindet sich der bedrohte Bestand überwiegend in Rand- und Nebenlagen. Mit Investitionen lässt sich der Entwicklung aber entgegenwirken.

Gut 95 Mio. Quadratmeter Bürofläche gibt es in den sieben größten Städten Deutschlands. Wie kaum eine Asset-Klasse sind Büroimmobilien einem Wandel unterworfen. New Work und Home-Office prägen die Arbeitswelten, zudem hat sich der Druck infolge der ESG-Kriterien stark erhöht. Vor diesem Hintergrund hat die Immobilienberatung Colliers eine Untersuchung der Obsoleszenzrisiken als Herausforderung für den Büroimmobilienmarkt durchgeführt und eine Bestandsaufnahme erstellt. Demnach drohen in den Top-Sieben-Standorten – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – bis zu 69% der Büros zu veralten.

ESG im Fokus

Der Bericht beleuchtet insbesondere die Auswirkungen des „E“ für Environmental in ESG. Neben dem Klimawandel, der von Immobilien zukünftig eine stärkere Resilienz erfordern wird, sind auch gesellschaftliche Herausforderungen von großer Bedeutung. Laut Colliers stellt die Dekarbonisierung der Wirtschaft beispielsweise auch die Immobilienbranche vor Herausforderungen.

„ESG ist eine essenzielle Voraussetzung für Immobilieninvestitionen und wird nicht mehr mit Preisaufschlägen versehen werden. Stattdessen wird es zu erheblichen Wertverlusten von Immobilien kommen, wenn entsprechende Anpassungsmaßnahmen nicht vorgenommen werden“, erklärt Matthias Leube, CEO & Head of Capital Markets bei Colliers in Deutschland.

Vor allem Gebäude in den Baujahresklassen bis 2009 betroffen

Colliers hat die Büroimmobilien in die Baujahreskategorien vor 1995, von 1995 bis 2009 und seit 2010 unterteilt. Basis der Berechnung sind drei verschiedene Investitionsszenarien, in denen ermittelt wird, ab welchem Investitionsbedarf welcher Teil des Gebäudebestands unwirtschaftlich zu werden droht. Jedem Szenario liegt ein unterschiedliches Investitionsvolumen pro Gebäude zu Grunde, da laut Colliers variabel ist, wie viel „CapEX“ ( Capital expenditures) für Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen erforderlich sind.

Tendenziell sind insbesondere Gebäude in den Baujahresklassen bis 2009 gefährdet, auf die in den Top-Sieben-Standorten ein Anteil von insgesamt 81% am Büroflächenbestand entfällt. Je nach Höhe der notwendigen Investitionsausgaben von 3, 5 oder 7 Euro pro Quadratmeter und Monat sind laut Colliers in den drei Szenarien bis zu 8, 44 oder 69% des Gesamtbestandes von Veralterung gefährdet. Stuttgart und Köln haben einen älteren Flächenbestand als etwa Berlin, wo die Büros im Vergleich am jüngsten sind.

Lage wesentlicher Faktor für Veralterungsrisiko

Wie die Experten von Colliers unterstreichen, stellt die Lage einer Büroimmobilie einen wesentlichen Faktor für das Risiko zu veralten dar. So ist im weitreichendsten Szenario selbst die Hälfte des Bestandes in den CBD-Lagen von Überalterung betroffen. 83% der Bürogebäude in Neben- und Außenlagen hätten bei Mietpreiserhöhungen wenig Spielraum und könnten umfangreiche Sanierungen wirtschaftlich kaum rechtfertigen, wie es in dem Bericht heißt.

Bestandshalter älterer Immobilien in Bedrängnis

„Unter Druck geraten vor allem Bestandshalter älterer Immobilien. Zur wirtschaftlichen Einordnung: Im Falle des zweiten Szenarios, also einem gefährdeten Büroflächenbestand von bis zu 41,7 Mio. m2, wären Büroimmobilien im Gesamtwert von bis zu rund 173 Mrd. Euro betroffen“, erklärt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers in Deutschland. Bestandshalter mit nachhaltigeren Immobilien könnten hingegen perspektivisch stark profitieren. Denn die Mietpreise in ihren Objekten würden steigen, sobald der Flächenabgang veralteter und somit nicht mehr marktfähiger Gebäude zu einer Angebotsknappheit an vermietbaren Büroflächen führe. „Einschränkend gilt, dass ein Obsoleszenzrisiko resultierend aus der Unwirtschaftlichkeit eines Refurbishments nicht zwingend bedeutet, dass die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen nicht trotzdem sinnvoll ist, um den Wertverlust der Immobilie zu minimieren“, so Trumpp weiter.

Chancen für Investoren und Städte

Colliers zufolge eröffnen sich durch die drohende Überalterung von Büroimmobilien auch Chancen. So könnten risikoaffinere Value-Add-Investoren und Projektentwickler Objekte zu attraktiven Preisen erwerben und mit Spezialwissen zu sanieren. Solche „Manage-to-Green“-Ansätze seien schon heute immer häufiger am Markt zu beobachten.

Auch für Städte könnten sich durch den Wandel des Büroimmobilienmarktes Perspektiven ergeben, indem alte monostrukturelle Stadtteile und Gebäudekomplexe durch Wohnungen, soziale Infrastruktur oder Mischnutzung für die Gesellschaft aufgewertet werden, wie die Experten ausführen.

Drei Optionen für Büros, die zu veralten drohen

„Im Wesentlichen stehen für von der Veralterung bedrohte Bürogebäude drei Handlungsoptionen zur Verfügung: Eine Aufwertung durch Modernisierung, eine Revitalisierung durch umfangreiche Sanierung oder eine Umnutzung der Flächen. Als letzter Ausweg dienen Abriss und Neubau. Diese Option wird jedoch zunehmend unpopulär, weil die CO2-Bilanz solcher Vorhaben sehr negativ ist. Selbst beim Neubau eines Netto-Null-Gebäudes kann es Jahrzehnte dauern, bis positive Effekte bei der CO2-Bilanz verzeichnet werden“, erläutert Matthias Leube. (tk)

Den Report zum Download gibt es hier.

Bild: © Christian Müller – stock.adobe.com