In Ausübung seiner Tätigkeit hat ein Flussfischer im März 2009 Netze und Reusen auf der Dahme kontrolliert, den Fischfang mit an Bord genommen und die Netze von Ästen und Laub gereinigt. Dabei trug er Gummistiefel und watete durch das vier bis fünf Grad kühle Wasser. Am Abend bemerkte er an seinem rechten Fuß eine Blase, öffnete sie und klebte zur Wundversorgung ein Pflaster auf. In den folgenden Wochen entzündete sich die Stelle am Fuß so stark, dass der Mann in ein Krankenhaus eingewiesen werden musste. Dort wurde eine Diabetes-Erkrankung diagnostiziert, die sich bis dahin noch nicht gezeigt hatte. In der Folge weiteten sich die Entzündungen am Fuß aus, und der Mann entwickelte das Vollbild eines sogenannten Charcot-Fußes – einer besonders schweren Form des diabetischen Fußes. Ein Teil des Fußes musste schließlich amputiert werden.
Berufsgenossenschaft erkennt Arbeitsunfall zunächst an
Die Berufsgenossenschaft erkannte den Vorfall mit all seinen Folgen zunächst als Arbeitsunfall an und gewährte dem Fischer eine Verletztenrente. Nachdem der Mann einige Jahre später allerdings vorgetragen hatte, die Folgen des Unfalls hätten sich verschlimmert und seine Rente sei zu erhöhen, ließ die Berufsgenossenschaft ihn erneut ärztlich untersuchen. Der medizinische Gutachter vertrat dann die Auffassung, die Blase am Fuß sei lediglich der (austauschbare) Auslöser der schwerwiegenden Folgen gewesen. Eine ähnliche, alltäglich vorkommende Verletzung am Fuß hätte in Anbetracht der Diabetes-Erkrankung zu einem vergleichbaren Verlauf geführt.
Daraufhin entzog die Berufsgenossenschaft dem Mann die gewährte Verletztenrente, da ihrer jetzigen Ansicht nach Unfallfolgen, die zum Bezug einer Verletztenrente berechtigen könnten, nicht vorlägen. Die hiergegen gerichtete Klage des Fischers vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) blieb ohne Erfolg.
Gutachtermeinungen: Diabetes ist Ursache für Teilamputation
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat diese Entscheidung nun bestätigt. Zwar habe die auf Antrag des Klägers als Sachverständige gehörte, ihn behandelnde Ärztin die Auffassung vertreten, die Diabetes-Erkrankung sei zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht weit fortgeschritten gewesen, sodass sie nicht wesentliche Ursache der schwerwiegenden Entzündungen und der weiteren Folgen habe sein können. Nach den Feststellungen der beiden weiteren gehörten Sachverständigen führe eine Blase für sich genommen aber nicht zu einer schwerwiegenden Weichteilinfektion. Ursächlich hierfür und für die weitere Folge des Charcot-Fußes sei vielmehr die Diabetes-Erkrankung, auch wenn diese sich zum Zeitpunkt des Unfalls noch nicht klinisch manifestiert gehabt habe. Eine Blase komme mit großer Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung vor und heile in fast 100% der Fälle innerhalb kurzer Zeit folgenlos ab. Komme es infolge einer Blase zu ernsten Komplikationen, liege die wesentliche Ursache hierfür in einer anderen Schadenanlage, hier der Diabetes-Erkrankung.
Zum Hintergrund
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entscheidet sich, ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, danach, ob das Unfallereignis selbst für den Eintritt des Gesundheitsschadens wesentlich war und nicht ausschließlich eine andere, unfallunabhängige Ursache. (ad)
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2022 – Az.: L 3 U 58/20
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