Die Ratingagentur MORGEN & MORGEN (M&M) hat erneut das Angebot an Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) am Markt unter die Lupe genommen. Anhand der Ergebnisse des aktuellen Jahrgangs des M&M Rating Berufsunfähigkeit (BU) sehen die Analysten die Produktlandschaft weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Bewertet wurden sowohl die Tarifbedingungen als auch der Versicherer an sich im Hinblick auf seine BU-Kompetenz sowie die Fähigkeit, seine Beiträge stabil zu halten und die Beantragung verbraucherfreundlich zu gestalten. Das Rating besteht aus vier Teilratings mit unterschiedlicher Gewichtung: Bedingungen (40%), Kompetenz (30%), Beitragsstabilität (20%) und Antragsfragen (10%).
Die Geschäftsberichte der 61 Versicherer zeigen ein Neugeschäftswachstum von rund 10% im aktuellen Betrachtungszeitraum – nach einem merklichen Rückgang im Vorjahr. Der Bestand präsentiert sich mit etwa 14,3 Millionen BU-Verträgen stabil.
Größeres Angebot an Berufsunfähigkeitsversicherungen
Die Anzahl der bewerteten BU-Tarife hat sich von 612 auf 639 erhöht. Laut MORGEN & MORGEN ist dieser Anstieg insbesondere auf die zunehmende Differenzierung einzelner Tarifbausteine zurückzuführen. Diese würden neue, hochwertige Tarifkombinationen ermöglichen, vor allem im Fünf-Sterne-Segment. Den Bedingungen bescheinigen die Analysten ein unverändert hohes Niveau, somit sei der Spielraum für substanzielle Verbesserungen aber weitgehend ausgeschöpft.
Viele Tarife inzwischen mit Krebsklausel
Wichtige Leistungsmerkmale wie die Krebsklausel sind mittlerweile in vielen Bedingungswerken enthalten. Bei der Krebsklausel gibt es im Falle einer Krebserkrankung für einen Zeitraum von meist 15 oder 18 Monaten Leistungen gegen einen vereinfachten Nachweis. Die Krebsklausel ist MORGEN & MORGEN zufolge deshalb von besonderer Bedeutung, da fast 17% aller Leistungsfälle auf eine Krebserkrankung zurückzuführen sind.
Kundenfreundliche Nachversicherungsmöglichkeiten
Auch Nachversicherungsmöglichkeiten würden zunehmend verbraucherfreundlich ausgestaltet, wie es von den Analysten weiter heißt. Beispiele sind verlängerte Beantragungsfristen von sechs auf zwölf Monate nach einem bestimmten Ereignis, das zur Erhöhung der BU-Rente führen kann, oder auch die Überschreitung der bisher üblichen jährlichen Obergrenze der BU-Rente von 30.000 Euro.
Immer mehr Tarife mit „Karrieregarantie“
Bei der sogenannten „Karrieregarantie“ handelt es sich um ein neues Merkmal, das immer mehr Gesellschaften anbieten. Damit lässt sich unter bestimmten Bedingungen eine Anpassung des Versicherungsschutzes an den beruflichen Aufstieg vornehmen ohne eine erneute Gesundheitsprüfung.
Pricing wird individueller
Zugleich wird das Pricing immer individueller: So werden Merkmale wie das Rauchverhalten oder differenzierte Berufsgruppeneinteilungen stärker in der Kalkulation berücksichtigt. Zusätzliche Impulse gibt die Beitragsüberprüfung bei Berufswechsel: Dadurch kann der Beitrag verringert werden, ohne dass eine erneute Gesundheits- oder Risikoprüfung erforderlich ist, sofern bestimmte Fristen oder Ereignisse vorliegen.
Verzicht auf konkrete Verweisung
Kritisch sehen die Analysten die Tatsache, dass einzelne Versicherer auf die konkrete Verweisung oder die Umorganisationsprüfung verzichten. Zwar profitiert der einzelne Versicherte, langfristig könnten diese Maßnahme aber zu Lasten des Kollektivs gehen. „Da der Markt diesen Aspekten derzeit nicht folgt, besteht aktuell keine Veranlassung, sie im Rating zu berücksichtigen. Sollte sich daraus ein relevanter Trend entwickeln, wird MORGEN & MORGEN entsprechende Bewertungskriterien in das Rating integrieren“, heißt es vom Analysehaus dazu.
Des Weiteren zeigt sich, dass Schüler, Azubis und Berufseinsteiger verstärkt ins Blickfeld der Versicherer rücken. Vor diesem Hintergrund würden flexible Nachversicherungsoptionen weiter an Relevanz zulegen, vor allem bei Vertragsabschlüssen in jungen Jahren.
„Die meisten BU-Tarife decken heute alle wesentlichen Leistungsmerkmale ab – teils besser, teils schwächer. Der Wettbewerb konzentriert sich daher vermehrt auf zusätzliche Leistungen, die zwar interessant, aber nicht zwingend notwendig sind. Teilweise gehen sie sogar zulasten des Versichertenkollektivs und treiben die Preise in die Höhe oder verschlechtern die Zugänglichkeit für bestimmte Berufsgruppen“, erläutert Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating bei MORGEN & MORGEN. Das Rating würde sich daher gezielt auf „Must-haves“ konzentrieren, um einen Wettbewerb um „Nice-to-haves“ nicht zu befeuern, der die BU verteuere und den Zugang erschwere.
Starke Zunahme der Fünf-Sterne-Bewertungen
Einen Anstieg konstatieren die Analysten insbesondere in der Riege der Top-Tarife. Erhielten im Vorjahresrating 492 Tarifkombinationen die Bestnote, können dieses Jahr 537 Produkte fünf Sterne einheimsen – also 45 mehr. Die Gründe seien bei bestehenden Tarifen individuell. Kleinste Änderungen könnten zu einer neuen Bewertung führen. Zudem gebe es einige neue Tarifbausteine auf dem Markt, die das Angebot an Tarifkombinationen erweitern. Laut MORGEN & MORGEN kann über die Hälfte der Versicherer das hohe Niveau von fünf Sternen bereits seit zehn Jahren für mindestens einen ihrer Tarife durchgängig halten.
Das Lager der Tarife der Vier-Sterne-Kategorie hat sich von insgesamt 33 auf 24 Tarife verkleinert. 71 Tarife und damit zwei mehr als im Vorjahr haben eine Drei-Sterne-Bewertung erhalten. Kein Tarif findet sich mehr in der Zwei-Sterne-Kategorie – im Vorjahr waren es elf. Dazu erläutern die Analysten, dass diese Verbesserung vor allem aus umgesetzten Standardregelungen oder Vereinheitlichungen resultieren würden, die keine Kosten verursachen, aber bei den schlechten Tarifen zu einer deutlichen Verbesserung führen. Sieben Tarife kommen weiterhin nicht über einen Stern hinaus.
Informationen zur Methodik und detaillierte Ratingergebnisse gibt es hier. (tik)
Dem Thema Berufsunfähigkeit widmet sich außerdem eine regelmäßig erscheinende BU-Kolumne auf asscompact.de.
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