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30. Mai 2025
BU-Versicherung: Nur Wortlaut gilt bei Gesundheitsfragen
 BU-Versicherung: Nur Wortlaut gilt bei Gesundheitsfragen

BU-Versicherung: Nur Wortlaut gilt bei Gesundheitsfragen

Gesundheitsfragen in einer BU-Versicherung müssen wortlautgetreu beantwortet werden – nicht mehr. So urteilte kürzlich das OLG Hamm zugunsten eines Versicherten. Rücktritt und Anfechtung sind zudem nur wirksam, wenn sie klar begründet und fristgerecht erklärt werden.

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) sendet ein deutliches Signal: Die Anforderungen an Gesundheitsfragen und die formelle Ausgestaltung von Rücktritt und Anfechtung durch den Versicherer sind enger, als manche Gesellschaft vermuten mag. „Das Urteil ist ein starkes Signal für Versicherungsnehmer“, kommentiert Rechtsanwalt Tobias Strübing von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte, der auf das Urteil hinweist: „Wer Gesundheitsfragen klar und im Wortlaut korrekt beantwortet, muss keine spätere nachträgliche Interpretation durch den Versicherer befürchten.“

Im konkreten Fall wurde ein Versicherer dazu verurteilt, über 60.000 Euro Berufsunfähigkeitsrente rückwirkend zu zahlen – inklusive Beitragsbefreiung. Hintergrund war der Vorwurf, der Kläger habe im Antrag relevante Gesundheitsangaben verschwiegen. Doch das OLG sah das anders.

Wortlaut entscheidet – nicht Interpretation

Zwei Fragen aus dem Antragsformular standen bei dem Fall im Fokus:

  • „Sind Sie in den letzten 5 Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden hinsichtlich: Atmungsorgane (z. B. wiederholte oder chronische Bronchitis, Asthma)?“
  • „… Wirbelsäule, Sehnen, Bänder, Muskeln, Knochen oder Gelenke (z. B. Rückenerkrankungen, Arthrose, Rheuma)?“

Der Kläger hatte beide Fragen mit „nein“ beantwortet. Der Versicherer argumentierte mit einer zurückliegenden Bronchitis sowie einer Skoliose, die in einem Röntgenbefund aus 2006 erwähnt war. Doch das Gericht urteilte: Eine einmalige, akute Bronchitis ist laut Fragewortlaut nicht anzugeben – der Zusatz „wiederholte oder chronische“ sei wörtlich zu nehmen. Auch die Skoliose lag außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums – zudem hatte keine Behandlung oder Beratung stattgefunden.

Fristen müssen eingehalten werden

Ein weiterer Punkt, der relevant ist: Der Kläger hatte frühere BU-Anträge bei anderen Versicherern nicht vollständig angegeben. Doch selbst das blieb für ihn folgenlos – denn der Versicherer hatte sich erst im Prozess auf diesen Punkt berufen, also außerhalb der einjährigen Frist zur Anfechtung gemäß § 124 BGB.

Das OLG betonte: Anfechtungsgründe müssen klar und fristgerecht benannt werden. Ein allgemeiner Verweis auf alte Arztberichte oder eine „nachgeschobene“ Begründung im Verfahren reicht schlichtweg nicht aus.

OLG Hamm, Urteil vom 04.04.2025 – Az: 20 U 33/21