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Steuern & Recht
4. März 2022
BU: Vorsicht bei dem „Kleingedruckten“

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BU: Vorsicht bei dem „Kleingedruckten“

„Eine BU ist eine BU, egal von welchem Versicherer“, so ein verbreiteter Irrglaube. Doch es gibt für Laien schwer erkennbare Unterschiede zwischen den Produkten. Hier ist Expertenrat von Maklern gefragt. Welche Folgen kleine Abweichungen in einem BU-Vertrag haben können, zeigt Rechtsanwältin Kathrin Pagel.

Vertragsklausel vs. Gesetzestext

Die Klausel des Versicherers weicht damit deutlich von der gesetzlichen Regelung ab, denn die Prognose der Dauerhaftigkeit wird hier durch einen klar begrenzten Zeitraum ersetzt („voraussichtlich 6 Monate“). Von einer solchen Möglichkeit darf der Versicherer Gebrauch machen, denn üblicherweise wird dem Versicherungsnehmer damit der Nachweis des Eintritts der Berufsunfähigkeit, die Prognose, erleichtert. Da in dieser Klausel jedoch – anders als in Bedingungswerken anderer Versicherer – weder von Fortdauer noch von Beginn die Rede ist, ergeben sich ganz unterschiedliche Zeitpunkte, die als Eintritt des Versicherungsfalles und damit als Leistungsbeginn betrachtet werden können: einmal zu Beginn des Sechsmonatszeitraumes, einmal erst mit dessen Beendigung.

Arbeits- oder berufsunfähig?

Daraus hatte der Kläger nun abgeleitet, dass er zunächst nur arbeitsunfähig war und erst später, nämlich nach Ausübung der Erhöhungsoption, berufsunfähig im Sinne der Bedingungen geworden sei. Dementsprechend habe er Anspruch auf die 1.000 Euro monatliche Berufsunfähigkeitsrente und nicht nur auf die vom Versicherer zugesagten 500 Euro.

Das Kammergericht sah die Klausel als widersprüchlich an und kam nun im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis, der Versicherungsnehmer würde nicht auf den Gedanken kommen, dass in der Klausel zwei verschiedene Beginndaten für den Versicherungsfall jeweils abhängig vom Beurteilungszeitraum möglich seien. Einen solchen Fall sah das Kammergericht hier nicht, die Klausel sei nicht überraschend und auch nicht unwirksam. Der Versicherungsnehmer werde durch die Klausel ausschließlich begünstigt, denn nach dem Kammergericht sei die Klausel so zu verstehen, dass in beiden Alternativen bei Beginn der Sechsmonatsfrist die Leistungspflicht beginnen würde.

Das BGH-Urteil

Das hat der BGH in der Revisionsentscheidung jedoch anders gesehen. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei klar, so der BGH, dass die Klausel die zwei genannten Alternativen unterscheide: eine Prognose für die nächsten sechs Monate oder eine Rückschau auf den vergangenen Zeitraum. Damit komme auch ein Versicherungsfall in Betracht, der erst in den Zeitraum nach der Ausübung der Erhöhungsoption fällt. Das sei auch nicht für den Versicherer unbillig, da dieser es in der Hand hat, seinen Vertrag und die Versicherungsbedingungen so zu gestalten, wie er es wünscht, und gegebenenfalls andere Voraussetzungen für die Ausübung einer Erhöhungsoption zu schaffen. Vorliegend war klar, dass auch solche Fälle wie der des Klägers erfasst werden sollten.

Es erfolgte die Zurückverweisung der Sache zur weiteren Verhandlung, da der Sachverhalt vor abschließender Entscheidung noch in einigen Details aufzuklären war.

 
Ein Artikel von
Kathrin Pagel

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Markus Lörch (… am 08. März 2022 - 10:58

Ich beglückwünsche sie zu diesem gut recherchierten und gut aufbereiteten Urteil

des BGH. Ich würde mir wünschen, wenn auch die Kunden   im Lichte des

Leistungsgedankens Ihre BU abschließen würden. Ich versuche das immer in den Fokus zu rücken!!!