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11. Februar 2021
Bundeskabinett bringt Reisesicherungsfonds auf den Weg

Bundeskabinett bringt Reisesicherungsfonds auf den Weg

Die Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht soll künftig durch einen Reisesicherungsfonds erfolgen, an dem sich nahezu alle Reiseveranstalter beteiligen müssen. Kleinstunternehmen können sich weiter wie bisher absichern. Der Fonds soll noch 2021 starten und bis Ende 2026 mit 750 Mio. Euro gefüllt sein.

Die Insolvenz des Touristikkonzerns Thomas Cook im September 2019 machte auf einen Missstand in der Absicherung von Pauschalreisen aufmerksam. Nach aktuell gültigem Recht müssen Pauschalreisende zwar bereits gegen das Risiko der Insolvenz ihres Reiseveranstalters abgesichert werden, doch die Haftungssumme der Bank oder des Versicherers, der die Insolvenzabsicherung anbietet, konnte auf einen Höchstbetrag von 110 Mio. Euro pro Geschäftsjahr begrenzt werden.

Bund begleicht Differenzbetrag

Die deutsche Tochtergesellschaft von Thomas Cook verfügte lediglich über einen Kundengeldabsicherer: die Zurich Gruppe Deutschland. Da die Gesamtbelastung für den Versicherer jedoch deutlich über 110 Mio. Euro lag, sprang der Bund ein und sicherte den Pauschalreisenden zu, die Differenz zwischen den von ihnen geleisteten Vorauszahlungen und den Ersatzleistungen des Versicherers zu begleichen.

Reisesicherungsfonds als Absicherungsinstrument

Ein derartiger Fall soll sich jedoch nach dem Willen der Bundesregierung nicht wiederholen. Bereits kurz nach der Insolvenz des Reiseveranstalters hatte die Bundesministerin für Verbraucherschutz und Justiz, Christine Lambrecht, in Aussicht gestellt, dass eine grundlegend neue Insolvenzsicherung im Reiserecht auf den Weg gebracht werden müsse. Nun hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Einrichtung eines Reisesicherungsfonds vorsieht.

Kleinstunternehmen können sich anderweitig absichern

Der Reisesicherungsfonds soll das bisherige Absicherungssystem größtenteils ersetzen. Lediglich für Kleinstunternehmen, die einen jährlichen Pauschalreiseumsatz von weniger als 3 Mio. Euro auf sich vereinen, kommt weiterhin eine Absicherung außerhalb des Fonds in Betracht.

750 Mio. Euro Volumen für den Fonds

Die Reiseveranstalter sollen in der Aufbauphase des Fonds jährlich mindestens 1% ihres Jahresumsatzes in den Fonds einzahlen. Ziel ist es, den Fonds bis Ende 2026 mit einem Volumen von 750 Mio. Euro auszustatten. Der Staat wiederum sichert den Sicherungsfonds während der Aufbauphase durch eine Bürgschaft oder eine Garantie für den Schadenfall ab. Das Fondsvolumen wurde auf 750 Mio. Euro festgelegt, um die Kunden des umsatzstärksten Reiseanbieters sowie eines weiteren mittelgroßen Unternehmens gegen eine Insolvenz abzusichern. Gleichzeitig sollen stets mindestens 15% des Gesamtmarkts abgedeckt sein.

Sicherheitsleistungen der Reiseveranstalter

Der Reisesicherungsfonds kann als Voraussetzung für den Abschluss eines Absicherungsvertrags mit den Reiseveranstaltern Sicherheitsleistungen verlangen. Während der Aufbauphase handelt es sich dabei um pauschal mindestens 7% des Jahresumsatzes. Nach der Aufbauphase können die Sicherheitsleistungen vom Fonds festgelegt werden.

Fonds geht voraussichtlich noch 2021 an den Start

Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Fonds bereits ab 01.11.2021 zum alleinigen Absicherer für Reiseveranstalter werden und vorerst unter der Aufsicht des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz stehen. Die Möglichkeit, die eigene Haftung auf 110 Mio. Euro zu begrenzen, soll gestrichen werden. Stattdessen wird künftig eine Haftungsbegrenzung auf 22% des Jahresumsatzes ermöglicht.

Verbraucherschützer hätten sich mehr vorstellen können

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) begrüßt das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung weitgehend. Lediglich drei Punkte bemängelt der vzbv: Zum einen erachten die Verbraucherschützer die angepeilte Absicherung des Gesamtmarktes in Höhe von 15% als zu gering. Gerade unter Berücksichtigung der Corona-Krise, die den Reiseveranstaltern aktuell wirtschaftlich stark zusetzt. Außerdem hätte sich der vzbv verstärkte Sanktionen im Falle eines Verstoßes gegen die Insolvenzabsicherungspflicht gewünscht. Des Weiteren sei die eingeräumte Übergangszeit zu großzügig bemessen. Eine Umstellung auf den Reisesicherungsfonds noch während der Corona-Pandemie wäre nach Ansicht des vzbv sinnvoll gewesen.

Der komplette Gesetzentwurf ist hier auf der Seite des Bundesministeriums zu finden. (tku)

Bild: © Alena Ozerova – stock.adobe.com