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2. Juni 2022
Chat mit dem Versicherer – Fakten zu Verbreitung und Nutzung
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Chat mit dem Versicherer – Fakten zu Verbreitung und Nutzung

Wie verbreitet sind Chatkanäle in der Kommunikation zwischen Versicherern und Kunden? Und wie werden die Möglichkeiten von Live-Chat & Co. von Kunden angenommen? Diesen Fragen ist das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern in einer Studie nachgegangen.

Immer mehr Versicherer bieten ihren Kunden neben den herkömmlichen Wegen der Kontaktaufnahme wie Telefon oder E-Mail auch die Möglichkeit via Chat. Im Rahmen der „IFZ Conversational Insurance Studie 2022“ beleuchtet das Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern das derzeitige Nutzungsverhalten von Chatkanälen und künftige Trends. Hierfür wurden Versicherungskunden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Der Schweizer Softwarehersteller BSI hat gemeinsam mit den Unternehmen Adnovum, Enterprise Bot, Spitch und Swisscom die Studie als Partner unterstützt. 

Live-Chat, Chatbots & Co.

Die Kommunikation via Chat kann zum einen mit einem Versicherungsmitarbeiter oder aber automatisiert mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) erfolgen. Bei einem textbasierten Chat, der als Live-Chat bezeichnet wird, tauscht sich der Kunde in Textform mit einer realen Person aus – entweder über ein Chat-Fenster auf der Webseite, in der App des Versicherers oder über einen externen Messenger. Im Gegensatz dazu schreiben Kunden über einen Chatbot mit einem digitalen Assistenten bzw. Roboter. Wie bei Chatbots antworten auch bei einem Voicebot keine realen Personen, sondern digitale Assistenten, nur eben mündlich.

Überhaupt schon mal mit dem Versicherer gechattet?

Wie die Studie zeigt, hat rund ein Drittel der Umfrageteilnehmer aus Deutschland angegeben, schon einmal bzw. mehrfach mit dem Versicherer gechattet zu haben. Noch nicht im Austausch mit dem Versicherer via Chat waren 35% der deutschen Kunden. Ein weiteres Ergebnis der Erhebung: Je jünger die befragte Person, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Vergangenheit bereits mindestens einmal mit einem Versicherer per Chat im Austausch stand.

Chat via Versicherer-Website, App oder Messenger-Dienst?

Beim Chat lässt sich weiter unterscheiden, ob der zugrunde liegende Kanal vom Versicherer zur Verfügung gestellt wird, etwa über die Website oder App, oder aber von externen Drittanbietern. Diese sogenannten versicherungsfremden Kanäle beziehen sich auf bekannte Messenger wie etwa WhatsApp oder Facebook. Der Studie zufolge geben vor allem die Befragten aus der Schweiz (58%) und aus Deutschland (59%) den versicherungseigenen Kanälen den Vorzug.

Haben Kunden schon Chatbot-Erfahrung gesammelt?

Sowohl für Österreich wie auch für die Schweiz zeigt die Umfrage, dass der Großteil der befragten Personen (60% bzw. 66%) noch nicht via Chatbot mit einem Versicherer kommuniziert hat. Für Deutschland ergibt sich ein etwas anderes Bild: Demnach haben knapp 54% der Befragten bereits einen Chatbot im Versicherungskontext genutzt – knapp jeder Vierte sogar mehrfach. Auch in puncto Voicebots haben die Kunden in Deutschland etwas mehr Erfahrung. Rund 38% der Umfrageteilnehmenden haben bereits mindestens einmal via Voicebot eine Versicherungsangelegenheit geklärt. Der Anteil ist fast doppelt so hoch wie in der Schweiz bzw. Österreich.

Chatbots vor allem im Schadenbereich im Einsatz

Aktuell sind bei den Versicherern in der DACH-Region Chatbots vor allem für die Aufnahme bzw. die Bearbeitung von Schadenmeldungen eingesetzt. Ein großer Vorteil besteht darin, dass ein Chatbot oder auch ein Voicebot Schadenmeldungen rund um die Uhr aufnehmen und intern zur Bearbeitung weiterleiten kann. Kunden haben die Gewissheit, dass ein Schaden korrekt aufgenommen und weitergeleitet wurde. Dagegen zeigen die Analysen des IFZ, dass Chatbots eher selten für allgemeine Kundenanfragen genutzt werden. Während der Bereich der Schadenmeldungen relativ gut vorhersehbar ist und sich Roboter bzw. Computersysteme inform von Chatbots und Voicebots gut einsetzen lassen, ist dies bei unerwarteten Kundenfragen etwas anders.

Namen ja oder nein?

„Hi, ich bin David. Kann ich dir weiterhelfen?“. Im Rahmen der Studie wurden die Kunden auch befragt, ob sie sich Bots mit Namen wünschen. Vor allem die jüngeren Altersgruppen scheinen einen Bot mit Namen zu bevorzugen. Die Generation 50plus scheint dagegen keinen Wert auf einen Namen zu legen.

Chat-Kanal oft nicht prominent genug platziert

Wie sich anhand der Studienergebnisse ablesen lässt, ist der Anteil der Kunden, die heute schon auf Chat zur Kommunikation mit ihrem Versicherer setzen, noch eher gering. Dies lasse sich aber nicht in allen Fällen auf mangelnde Akzeptanz zurückzuführen. Den Studienautoren zufolge liege es vielmehr daran, dass der Chat-Kanal häufig nicht prominent genug angeboten wird und viele Kunden nichts von dieser Kontaktmöglichkeit wissen.

Noch liebäugeln Kunden eher mit persönlichem Kontakt

Chatten mit einem Menschen oder einer Maschine? Derzeit erhalten menschliche Ansprechpartner in den meisten Fällen den Vorzug, insbesondere bei älteren Kundengruppen. Jüngere Menschen akzeptieren den künstlichen Gesprächspartner laut Studie hingegen am ehesten. Die Analysen würden aber auch zeigen, dass die Akzeptanz von Chatbots und Voicebots stark von dem zugrundeliegenden Use Case bzw. vom jeweiligen Kundenanliegen abhängt.

Relevanz von Chats wird zunehmen

Bernhard Egger, Retail Community Manager bei BSI, der die Studie seitens BSI begleitet hat, rechnet damit, dass Chats künftig an Bedeutung gewinnen: „BSI unterstützt die Studie, weil wir von der zunehmenden Wichtigkeit von Live Chat, Chatbots und hybriden Chatlösungen für den Kundenservice der Zukunft überzeugt sind. In unseren Projekten spüren wir deutlich, wie das Interesse an gelungenen Lösungen in diesem Bereich steigt, einerseits weil Service Automation Effizienzgewinne verspricht, andererseits weil sich die Kundenerwartungen und -gewohnheiten ändern.“ Die Kundenkommunikation verlagere sich zunehmend von E-Mail hin zum Chat – eine Entwicklung, die in den USA und Asien heute schon klar erkennbar sei, so Egger weiter.

Potenzial zur Erweiterung der Kundenkommunikation nutzen

Auch die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass der Chatkanal bei Versicherungskunden zunehmend angenommen wird. Für alle Versicherer empfehle es sich daher, diese Option zur Erweiterung oder Verbesserung der Kundenkommunikation in Betracht zu ziehen.

Aus Kundensicht ist der Chatkanal derzeit aber noch kein entscheidendes Kriterium im Versicherungskontext, so die Studienautoren weiter. Wer als Versicherer noch keinen Chat anbietet, läuft der Konkurrenz also nicht hinterher. Es sei aber nicht auszuschließen, dass der Chatkanal künftig zu einem wichtigen Erfolgsfaktor werden könnte, insbesondere im Hinblick auf die jüngeren Zielgruppen und diejenigen Kunden, bei denen Schnelligkeit und die einfache Nutzung von Versicherungsprodukten im Vordergrund stehen. (tk)

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