AssCompact suche
Home
Assekuranz
2. Juli 2021
Comeback der Zuversicht: So blicken Versicherer in die Zukunft

2 / 2

Comeback der Zuversicht: So blicken Versicherer in die Zukunft

Versicherer erkaufen sich Zeit

Einen massiven Kostenblock bilden die IT-Systeme der Versicherer. Die Ablösung der sogenannten Mainframe-Rechner durch moderne Cloud-Computing-IT gilt als Dauerthema in der Branche. Echte Fortschritte bleiben die Ausnahme. Allerdings steigt der Druck zum Handeln: Den Versicherern gehen die Entwickler mit Expertise in den veralteten Systemen und Programmiersprachen aus. „Die Unternehmen stehen hier vor einem echten soziodemografischen Problem. Einige Häuser fragen bereits bei Entwicklern im Ruhestand nach Unterstützung“, sagt Kai-Uwe Reiter von Sopra Steria.

Kaum Budget für echte Innovationen

Darüber hinaus bremst die Alt-IT dringend benötigte Innnovationen und digitale Geschäftsfelder aus. Die Finanzindustrie gibt fast ein Drittel des jährlichen IT-Budgets für die Behebung technischer Schäden aus. Ein weiteres Drittel wird für den Betrieb benötigt. „Daraus ergibt sich, dass lediglich ein Drittel für echte Innovation übrig bleibt. Das ist viel zu wenig, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Reiter. 61% der Versicherer arbeiten derzeit an einem Umstieg auf Cloud-Computing-Lösungen – aus den genannten Kostengründen und um IT-Sicherheitspflichten sowie die Umsetzung regulatorischer Vorschriften an die Cloud-Betreiber auszulagern, so der Branchenkompass Insurance.

Zwischenschritt statt Neustart

Ein kompletter IT-Neustart ist Sopria Sterie zufolge in der Fläche nicht zu erwarten. Viele Versicherer ziehen einen Zwischenschritt vor, indem sie ihre Alt-Software, so wie sie ist, in eine Cloud-Umgebung umziehen. „Mit diesen Mainframe-to-Cloud-Initiativen erkaufen sich die Versicherer Zeit. Sie erreichen schnell erste Kostenvorteile der Cloud-Infrastruktur, ohne allerdings das ganze Einsparpotenzial im IT-Betrieb sowie die strategischen Möglichkeiten auszuschöpfen“, so Reiter. Ein unterschätzter Effizienzhebel sei, dass Versicherer weniger Geschäftsprozesse in ihre eigenen IT-Systeme integrieren, statt sie von Plattformen einzukaufen.

Keine tragende Rolle als Klimaretter

Anders als Digitalisierung und Kosten schafft es das Thema Nachhaltigkeit derzeit auf kaum eine Strategieagenda der Versicherer. Laut der Studie halten 20% der befragten Entscheider die Integration von Nachhaltigkeitskriterien für eine Aufgabe mit Vorrang – obwohl die Versicherer als Finanzmarktteilnehmer mittlerweile offenlegen müssen, wie nachhaltig ihre Anlageprodukte sind. Mit der Erweiterung der nichtfinanziellen Erklärung im Lagebericht müssen Versicherer zudem Angaben zu CO2– und Wasserverbrauch bei Versicherungstätigkeiten und Vermittlung machen. Außerdem müssen sie den Kunden mitteilen, ob sie eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen oder nicht. Dennoch sind nur 16% der Auffassung, dass Versicherer künftig wesentlich dazu beitragen werden, den Klimawandel zu stoppen. (mh)

Über die Studie

Für den „Branchenkompass Insurance 2021“ wurden im April 2021 insgesamt 108 Führungskräfte aus der Versicherungsbranche befragt. Die Online-Befragung führte das Marktforschungsinstitut mo’web research im Auftrag von Sopra Steria und F.A.Z.-Institut durch. Zusätzlich wurden gezielte Telefoninterviews mit drei Entscheidern aus der Versicherungsbranche geführt. (mh)

Bild: © oatawa – stock.adobe.com