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16. November 2020
Das Ausschließlichkeitsgebot auf die leichte Schulter nehmen ...?

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Das Ausschließlichkeitsgebot auf die leichte Schulter nehmen ...?

Versicherungsvermittler, die einem Ausschließlichkeitsgebot unterliegen, sollten sich nicht sicher sein, mit Verstößen davonzukommen. Vertragsstrafen und Schadensersatz sind keine Seltenheit. Rechtsanwalt Jens Reichow, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB, erklärt Vermittlern, auf was sie achten müssen und wie der Weg aus der Ausschließlichkeit rechtssicher gelingt.

In der anwaltlichen Praxis kommt es immer wieder vor, dass Versicherungsvermittler die Einhaltung eines Ausschließlichkeitsgebotes auf „die leichte Schulter“ nehmen. Diese Einstellung kann sowohl bei gebundenen Versicherungsvertretern bzw. Ausschließlichkeitsvertretern als auch bei Handelsvertretern von Versicherungsmaklern oder Vertriebsunternehmen beobachtet werden. Vielen ist dabei durchaus das Bestehen eines Ausschließlichkeitsgebotes beispielsweise aufgrund expliziter Regelungen im Handelsvertretervertrag bekannt. Der rechtlichen Folgen eines Verstoßes sind sich viele jedoch nicht bewusst.

Die Motive, weshalb Versicherungsvermittler gegen ein Ausschließlichkeitsgebot verstoßen, sind unterschiedlich. Oftmals kann aber eine gewisse Frustration in der Zusammenarbeit mit „ihrem“ Vertriebsunternehmen/Versicherer festgestellt werden. Von den Vermittlern empfundene Benachteiligungen oder nicht vertragskonformes Verhalten des Vertriebsunternehmens/Versicherers dient teilweise als innere Rechtfertigung, sich nun auch selbst nicht mehr an die Regelungen des Handelsvertretervertrages halten zu müssen. Unter Umständen setzen Vermittler einen Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsgebot auch als Mittel ein, um in ihren Augen festgefahrene Konstellationen aufzubrechen. Gemein ist diesen Fällen oftmals das Vertrauen der Vermittler darin, am Ende mit dem Vertriebsunternehmen/Versicherer auf jeden Fall noch zu einer gütlichen Einigung gelangen zu können – beispielsweise in Form eines Aufhebungsvertrages.

Wie gefährlich eine solche Einstellung des Vermittlers sein kann, zeigt allerdings eine nähere Betrachtung der Rechtsprechung. Immer wieder beschäftigen Gerichte Fälle, deren Ausgangspunkt ein (angeblicher) Verstoß des Versicherungsvermittlers gegen ein Ausschließlichkeitsgebot ist. Gestritten wird dabei oftmals über die Wirksamkeit von Kündigungen und die sich daraus ergebenden Folgeansprüche (z. B. Ausgleichsanspruch) oder über Schadensersatzansprüche des Vertriebsunternehmens/Versicherers.

Beendigung der Zusammenarbeit

Welche Ansprüche die Parteien nach Beendigung der Zusammenarbeit haben (z. B. Ausgleichsansprüche), hängt regelmäßig davon ab, wie das Handelsvertreterverhältnis beendet wurde. Entscheidend ist also unter anderem, wer den Handelsvertretervertrag aus welchem Grund gekündigt hat. Kommt es zu Verstößen des Vermittlers gegen das Ausschließlichkeitsgebot, so sind Vertriebsunternehmen und Versicherer oftmals geneigt, diese Verstöße als Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung zu nutzen. Zwar kann in einem Verstoß des Vermittlers gegen das Ausschließlichkeitsgebot oftmals durchaus ein erheblicher Vertrauensbruch zu sehen sein, allerdings sollte nicht verkannt werden, dass stets auch die Besonderheiten des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen sind.

2010 bewertete der BGH (Az.: VIII ZR 327/09) beispielsweise in einem von ihm zu entscheidenden Fall die Verstöße des Vermittlers gegen das Ausschließlichkeitsgebot als geringfügig. Berücksichtigt wurde dabei die lange Tätigkeitsdauer des Vermittlers von 37 Jahren und der Umstand, dass nur zehn Kfz-Versicherungen anderweitig vermittelt wurden, nachdem der Versicherer selbst die bisher bei ihm bestandenen Verträge gekündigt hatte. Auch sollte stets bedacht werden, inwieweit nicht durch eine Abmahnung das Vertrauensverhältnis zwischen Vermittler und Vertriebsunternehmen/Versicherer hätte wiederhergestellt werden können.

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