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27. Mai 2020
Das doppelte Testament – Aufhebung durch Zerreißen möglich?

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Das doppelte Testament – Aufhebung durch Zerreißen möglich?

Streit um wirksames Testament

Als die Frau starb, wurde dem Nachlassgericht ein Testament überstellt, das die Haushälterin als Alleinerbin begünstigte. Hierbei handelte es sich um die zweite Ausfertigung des Nachlassdokuments. Der Urenkel der Verstorbenen behauptete daraufhin, dass seine Urgroßmutter dieses Testament widerrufen habe und damit wieder das ursprüngliche Dokument gelte, welches ihn als Erben vorsehe.

Nachlassgericht bevorzugt Urenkel

Das Nachlassgericht vernahm im Zuge des Klärungsverfahrens mehrere Zeugen, um Aufzudecken, wer Anspruch auf das Erbe der Frau habe. Dabei sagte der Rechtsanwalt der Erblasserin aus, seine Mandantin habe ihre Ausfertigung des Originals vor seinen Augen zerrissen. Daraufhin erteilte das Nachlassgericht dem Urenkel den Erbschein und ließ die ehemalige Haushälterin leer ausgehen. Doch diese legte Beschwerde gegen die Entscheidung ein.

Aufhebungswille muss deutlich erkennbar sein

Das OLG Köln wies die Beschwerde jedoch zurück. Ein Erblasser könne sein Testament auch durch die Vernichtung von lediglich einer Ausführung des Dokuments widerrufen. Hierfür sei lediglich zusätzlich nötig, dass kein Zweifel am Aufhebungswillen des Erblassers bestünde. Da der Anwalt der Verstorbenen, der kein erkennbares, persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, dies bestätigen konnte, sei die Aufhebung des Testaments mit dem Zerreißen des Dokuments erfolgt.

Weitere Indizien sprechen für Aufhebungswillen

Das Gericht ging in seiner Urteilsbegründung davon aus, die Erblasserin habe die andere Ausfertigung des Dokuments schlichtweg vergessen. Nach dem Vertrauensbruch habe auch kein Kontakt mehr zwischen den Frauen bestanden und mit dem Bestreben nach Rückabwicklung des Grundstücksverkaufs gebe es ein weiteres Indiz für die Absichten der Erblasserin. Das Urteil des Nachlassgerichts hat damit Bestand. Der Urenkel hat Anrecht auf das Erbe der Frau. (tku)

OLG Köln, Beschluss vom 22.04.2020, Az.: 2 Wx 84/20

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