Ein Artikel von Martin Stenger, Director Sales, Business Development Insurance – Germany, Austria & Switzerland bei Franklin Templeton
Als Sozialminister Walter Riester im Jahr 2000 die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Weg gebracht hatte, lag der Leitzins bei 4,5% und der Höchstrechnungszins der Lebensversicherung bei 4%. Seitdem wurde über 20 Jahre lang nichts mehr am Rentenkonzept geändert, und das, obwohl die Zinsen seitdem auf eine beispiellose Talfahrt geschickt worden waren. Auch die aktuelle inflationsgegensteuernde Zinspolitik der Zentralbanken wird am Niedrigzinsszenario auf lange Sicht nichts ändern, das in Teilen auch mit der demografischen Grundstruktur begründet wird: Die Babyboomer gehen in Rente, das umlagefinanzierte System wird auch durch verstärkte Zuwanderung nicht aufrechterhalten werden können. Eine Alterung der Gesellschaft geht fast immer mit deflationären Tendenzen einher.
Keine Garantien mehr
Das deutsche Rentensystem liegt am Boden: Nach Angaben der OECD beträgt das Deckungskapital von betrieblicher und privater Altersvorsorge nur 8% des deutschen Sozialprodukts und liegt damit weit unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Die Anzahl der Riester-Verträge ist seit 2018 sogar rückläufig. Vorsorgesparer haben aktuell nicht nur das Problem, dass ihre Ersparnisse zu geringe Zinserträge abwerfen, um im Alter den Lebensstandard zu halten: Es geht auch zu viel durch Kostenbelastung verloren, wie sie etwa durch die Renten- und die Beitragsgarantie erzeugt wird.
Die Abschaffung dieser beiden Garantien, die sich positiv auf die Rendite auswirken wird, kann daher als größte Leistung der Riester-Reform bezeichnet werden, wie sie durch den Abschlussbericht der Fokusgruppe Mitte Juli an das Kabinett übergeben worden ist. So heißt es in der Begründung der Fokusgruppe: „Gerade bei einem langen Vorsorgezeitraum bergen Garantien den Nachteil, dass sie Anbieter vorrangig zu einer sicherheitsorientierten Anlage verpflichten und dadurch geringere Renditechancen bieten.“ Künftig werden Vorsorgesparer vor Beginn der Auszahlungsphase innerhalb eines Spielraums flexibel über ihr Vorsorgevermögen entscheiden können. Das Langlebigkeitsrisiko soll dann nicht mehr über eine verpflichtende Leibrente, sondern etwa über die Möglichkeit von separaten Versicherungslösungen abgedeckt werden können. Dies liefert dem Verbraucher eine höhere Flexibilität, z. B. bei der Finanzierung von Heilbehandlungsmethoden, dem Erwerb von Immobilien oder der Finanzierung von altersgerechten Umbaumaßnahmen. Den unterschiedlichen Lebensverläufen wird so künftig besser Rechnung getragen.
Seite 1 Das Fondsspardepot im Mittelpunkt der Riester-Reform
Seite 2 Größter Reformerfolg seit Riester
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