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2. März 2020
Das sagen Anlageexperten zum Corona-Schock

Das sagen Anlageexperten zum Corona-Schock

Das Coronavirus hat die Aktienmärkte in der vergangenen Woche auf Talfahrt geschickt. War das Virus lange nur an den asiatischen Märkten von Bedeutung, schockiert es nun auch die westliche Anlagewelt. Wie sollten sich Anleger nun verhalten? AssCompact fasst einige Expertenstimmen zusammen.

Das Coronavirus hat mittlerweile auch die westlichen Aktienmärkte im Griff. Innerhalb einer Woche sackte etwa der Dax von 13.500 auf unter 12.000 Punkte. Dow Jones, S&P 500 oder Euro Stoxx 50 gerieten ähnlich stark unter Druck. Der gute Auftakt in das Aktienjahr 2020 ist damit dahin. Statt Rekordjagd herrscht Verunsicherung allerorten. Auch zahlreiche Investmentexperten haben sich daher mittlerweile zu Wort gemeldet.

Die Folgen für die Weltwirtschaft

Grund für die Panik an den Märkten ist unter anderem die Sorge, dass sich die Schutzmaßnahmen auf das globale Wirtschaftswachstum auswirken. Pascal Blanqué und Vincent Mortier von Amundi haben sich daher die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wachstumsaussichten 2020 angesehen. „Unser zentrales Szenario ist eine vorübergehende Verschlechterung der Weltwirtschaftslage im ersten Quartal dieses Jahres, mit einem möglichen Übergreifen auf das zweite Quartal, da das nun schwächere Wachstum der Weltwirtschaft letztlich die Industrieproduktion und die Produktionstätigkeit beeinträchtigen sowie einige Auswirkungen auf die Binnennachfrage haben wird“, so die Anlageexperten von Amundi. Im weiteren Verlauf des Jahres rechnen sie aber mit einer Erholung. Die erwartete zyklische Erholung werde sich mit einigen Monaten Verzögerung vollziehen.

Schock dürfte verfliegen

Sébastien Galy, Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management, sieht den Corona-Schock zwiegespalten. „Wir vermuten zwar, dass der Corona-Schock wie auch andere eingeordnet und in wenigen Tagen verfliegen wird. Die Aktienmärkte dürften aber das Ende ihrer großen Oktober-Rallye erreicht haben“, so Galy. In die zuvor überschwänglichen Aktienmärkte sickere nun etwas Realismus. Laut Galy werden die Märkte in den kommenden Wochen wieder zu einer auf China zentrierten wirtschaftlichen Erholung zurückkehren – „ähnlich wie bei SARS, nur mit größerer Verzögerung“. Bis dahin sei mit einer etwas volatileren Phase zu rechnen.

Eine typische Korrektur

Grüner Fisher Investments sieht in dem Kurssturz der Vorwoche eine typische Korrekturbewegung. Zwar fielen die im Jahresverlauf 2020 bisher erzielten Zuwächse dem rapiden Marktrückgang in nur wenigen Tagen zum Opfer. Der laufende Bullenmarkt habe seit dem Jahr 2009 aber zahlreiche Korrekturen dieser Art absorbiert, teilweise auch mit deutlich kräftigeren Rücksetzern. Geduldige Anleger wurden langfristig immer wieder belohnt. Auch jetzt sei es nicht an der Zeit, sämtliche Tugenden über Bord zu werfen, die über Jahre hinweg den Anlageerfolg ermöglicht haben.

Coronavirus bisher unterschätzt

Christian Wieschnewski, Portfoliomanager beim Bankhaus Bauer, verweist vor allem auf den Faktor Unsicherheit. „Wenn Kapitalmärkte eines nicht leiden können, ist es Unsicherheit, gespeist vor allem aus dem Fehlen verlässlicher Informationen. Genau dieser Zustand liegt aber jetzt beim Coronavirus vor“, so Wieschnewski. Wohl kaum jemand könne das Ausmaß und die Dimensionen des Virus tatsächlich abschätzen. Dieses Gefühl der Unsicherheit werde noch verstärkt durch die Tatsache, dass der eine oder andere Marktteilnehmer die Bedeutung des Themas bisher offenbar unterschätzt habe. Entsprechend gebe es nun ein „böses Erwachen“. Worst Case sei eine weitere Kurskorrektur von etwa 10% in den europäischen und US-amerikanischen Leitindizes.

Verlässliche Daten statt Spekulationen analysieren

Didier Saint-Georges von Carmignac erkennt in der Coronavirus-Krise ein Beispiel für einen Schwarzen Schwan. Für einen solchen gebe es keine Fälle und Statistiken aus der Vergangenheit. Das mache eine klassische Risikoanalyse nutzlos. Die Krise müsse anhand zuverlässiger und verfügbarer Daten analysiert werden und nicht anhand von Spekulationen über zukünftige Entwicklungen, die heute niemand akkurat vorhersagen könne. Diesbezüglich ist das Coronavirus laut Didier Saint-Georges von der gleichen Natur wie der 11. September 2001, das SARS-Virus 2003 oder Fukushima 2011.

Noch nicht viel passiert ...

Für Ivan Mlinaric, Geschäftsführer der Quant.Capital Management GmbH, steht dagegen auch nach dem Kursrutsch der vergangenen Woche das Risikomanagement im Fokus. „Was viele vergessen: Noch immer liegen die Kurse im S&P 500 höher als im gesamten Jahr 2018“, gibt der Experte zu bedenken. Wer die aktuelle Marktentwicklung im längerfristigen Kontext betrachte und sich statt auf Emotionen auf reine Zahlen und Fakten konzentriere, stelle fest, dass eigentlich gar nicht viel passiert sei. Auf Sicht von zwölf Monaten liege der S&P 500 schließlich noch immer gut 5% im Plus und seine Bewertung nach wie vor deutlich über dem langfristigen Mittelwert. Ähnliches gelte für den Dax.

... das kann aber noch kommen

Zwar sei eigentlich noch gar nicht so viel passiert, das könne aber durchaus noch kommen. Schließlich seien die Bewertungen im historischen Vergleich immer noch sehr hoch. Zudem schwächelte die Weltkonjunktur bereits vor der Covid-19-Krise und deren eigentliche Folgen dürften sich erst in den kommenden Wochen offenbaren. Während die wichtigsten Zinsmärkte bereits im Krisenmodus sind, haben die Aktienmärkte laut Mlinaric eine mögliche Rezession noch nicht eingepreist. Entsprechend wichtig sei eine Absicherung. „Die Absicherung von Portfolios ist wie eine Versicherung: Wenn nichts passiert, ärgert man sich über den Aufwand. Passiert aber etwas, ist man mehr als froh, die wirtschaftlichen Folgen abschwächen zu können“, sagt Mlinaric. (mh)

Bild: © Kurhan – stock.adobe.com