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1. Juni 2022
Das sind die IVFP-Reformvorschläge zur privaten Altersvorsorge

Das sind die IVFP-Reformvorschläge zur privaten Altersvorsorge

Der Geschäftsführer der Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH, Prof. Michael Hauer, hat jüngst in Berlin die Ideen des IVFP rund um Riester und Co. präsentiert und gibt einen Einblick, was die Politik in Sachen Vorsorge bewegt.

Herr Prof. Hauer, Sie sind von der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Fraktion nach Berlin eingeladen worden, um die Reformvorschläge bei der privaten Altersvorsorge des IVFP vorzustellen. Welche Punkte kamen zur Sprache?

Zunächst muss man sagen, dass es wirklich „nur“ um die private Altersvorsorge ging, nicht um die gesetzliche Rente oder die betriebliche Altersversorgung. Die Fragestellungen der jungen Bundestagsabgeordneten drehten sich also um die Riester-Rente, die Basisrente und um mögliche Standardprodukte für die Altersvorsorge.

Was treibt unsere Volksvertreter in puncto privater Altersvorsorge um?

Ob man nun die Koalitionsvereinbarungen zum Thema private Altersvorsorge für gelungen hält oder nicht, spielt keine Rolle. Klar ist, dass die dort angesprochenen Punkte logischerweise sowohl für die Koalition als auch für die Opposition die Kriterien sind, über die man sprechen muss. Daher habe ich meine Vorschläge als jeweilige Antwort auf die Ankündigungen des Koalitionsvertrages aufgebaut. Dort findet man z. B. die Aussage „Daneben werden wir die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen.“ Diese Prüfung kann sich die Regierung meines Erachtens sparen, da es bereits private Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester gibt – dabei handelt es sich um die Basisrente, die aufgrund der üppigen staatlichen Förderung und der absoluten Freiheit der Anlagestrategie (eine Beitragsgarantie gibt es nicht) definitiv ein höheres Renditepotenzial hat als die Riester-Rente.

Stichwort Riester-Rente: Was sind die Lösungsvorschläge des IVFP bezüglich der Riester-Rente?

Die Riester-Rente ist leider total „verbrannt“! Das ist jammerschade, denn die Leidtragenden sind die Geringverdiener, die sozial Schwachen und Familien mit mehreren Kindern. Eigentlich gehört dieser Personenkreis auch zur potenziellen Wählergruppe von SPD und Grünen, aber beim Thema Altersvorsorge scheint es nicht so zu sein. Von Rot-Grün im Jahr 2002 eingeführt wird nun 20 Jahre später die Riester-Rente von Rot-Grün wieder abgeschafft. Und – obwohl im Koalitionsvertrag der Bestandsschutz deutlich gemacht wurde – tut sich in der Regierung diesbezüglich nichts. Man hat den Eindruck, dass sich das Zaudern und Zögern in den Reihen der SPD von oben bis unten durchzieht. Einzig die FDP und die Grünen packen die Themen an – kommen jedoch alleine auch nicht weiter. Aber die Menschen benötigen die klare Botschaft, dass der Bestand geschützt wird – es geht hier immerhin um über 16 Millionen Verträge. Ansonsten kann es zu einem massiven Vertrauensverlust gegenüber der Politik kommen. Darüber hinaus steckt in diesen 16 Millionen Verträgen ein enormes Kapital, das für die Altersvorsorge vorgesehen ist – ein Drama, wenn die Menschen das Vertrauen verlieren und diese Verträge nicht nur beitragsfrei stellen, sondern sogar kündigen.

Wie lautet der konkrete Reformvorschlag vom IVFP die Riester-Rente betreffend?

Für uns gilt das Motto „Das Beste aus zwei Welten“, soll heißen: Wir möchten die einzigartige Zulagensystematik erhalten und in die erste Schicht integrieren. Damit hätte man die private Basisrente wie sie jetzt schon vorhanden ist inklusive der Zulagensystematik aus der Riester-Rente. Da die Basisrente für alle gilt, würde auch die Zulagensystematik für jeden gelten, d. h. die Unterscheidung unmittelbar und mittelbar förderfähig würde es gar nicht mehr geben – eine enorme bürokratische Vereinfachung.

Und wir würden die Grund- und Kinderzulagen an jede und jeden mit einem Bruttoeinkommen unter 35.000 Euro ohne eigenen Beitrag zahlen, d. h. auch die Überprüfung der 4% vom Vorjahreseinkommen würde entfallen – nochmals eine Vereinfachung. Und für alle, die trotzdem einen Eigenbeitrag in ihren Altersvorsorgevertrag leisten, kommen noch 50 Cent pro eingezahltem Euro drauf. Und noch etwas: wir schlagen weiterhin vor, dass die Rentenleistung, die aus der Zulage resultiert, im Alter steuerfrei ausgezahlt wird. Und weil es die Beitragsgarantie in der ersten Schicht nicht gibt, wäre diese Einschränkung ebenfalls endlich weg.

Das klingt alles erst einmal teuer und ziemlich weit her geholt. Ist es aber nicht, das können Sie mir glauben. Denn jeder eigene Euro, den die Bürgerinnen und Bürger in ihre Altersvorsorge stecken, ist ein Euro, den sich der Staat bei der gesetzlichen Rente spart. Unser Plädoyer ist also, dass wir durch Nudging eine höhere Durchdringung bei der Altersvorsorge schaffen, d. h. durch Anreize, bei denen man nicht mehr Nein sagen kann. Alle Details, die wir dazu ausgearbeitet haben, hier zu erklären, würde aber den Rahmen sprengen.

Bei allen Parteien gibt es noch die Idee eines Staatsfonds, Bürgerfonds oder eines staatlichen Standardprodukts. War dies auch ein Thema in Berlin?

Ja, das war natürlich auch ein Thema, denn im Koalitionsvertrag steht dazu: „Wir werden für die private Altersvorsorge das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen.“ Es geht in der Koalition also wirklich darum, dass man einen öffentlichen Fonds in der privaten Altersvorsorge anbieten möchte – damit ist nicht unbedingt die Aktienrente gemeint, die im Rahmen der gesetzlichen Rente geschaffen werden soll. Hierzu gibt es von unserer Seite eine klare Positionierung: Der Staat sollte sich bei der privaten Altersvorsorge nicht als Wettbewerber auf dem Markt tummeln. Bei der gesetzlichen Rente ist es hingegen etwas anderes – hier sollte der Staat das Umlageverfahren durch eine Kapitaldeckung z. B. in Form der vorgeschlagenen Aktienrente ergänzen. Langfristig ist dies eine gute Lösung. Die Probleme der gesetzlichen Rente, die durch die Babyboomer-Generation entstehen (also diejenigen, die im Zeitraum von 2025 bis 2035 in Rente gehen) werden durch die Aktienrente nicht gelöst – dazu kommt sie jetzt zu spät.

Wie Sie gerade erwähnten, steht im Koalitionsvertrag auch, dass ein Angebot mit einer Abwahlmöglichkeit geschaffen werden soll, d. h. also ein Opt-out-Modell. Was ist die Antwort des IVFP darauf?

Einen Zwang für eine Altersvorsorge mit der Möglichkeit der Abwahl, also ein Opt-out, kann man eigentlich nur über die betriebliche Altersversorgung organisieren. Das ist z. B. in Großbritannien so. Unabhängig davon, dass Zwang grundsätzlich kein guter Ratgeber ist, glaube ich, dass in Deutschland die Arbeitgeber bereits heute schon mehr als genug mit regulatorischen Verwaltungsaufwänden zu tun haben und daher nicht auch noch die Organisation eines Opt-out-Angebots durchführen möchten. Unser Vorschlag ist daher, dass man zunächst abwartet, wie die vorhin geschilderte private Altersvorsorge mit hohem Anreizsystem sich entwickelt und dann in zwei oder drei Jahren nochmals überprüft, ob nicht doch ein gewisser Zwang nötig ist. Sollte dies so sein, wäre aus unserer Sicht immer noch die Erhöhung des Beitragssatzes bei der gesetzlichen Rentenversicherung mit Investition von jener in die Aktienrente der bessere Weg als eine zwanghafte betriebliche Altersversorgung.

Bild: Prof. Michael Hauer in Berlin; © Lena Weber, Deutscher Bundestag

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 09. Juni 2022 - 10:30

Es ist so einfach!

Bei Riester, wo mit hoher Sicherheit fast alle Verträge länger als 15 Jahre bestehen ist mit der Annulierung der Garantieabsicherung-bei Riester besonders Schwachsinnig ab dem 1. Jahr und mit ETF/Fonds fast alles perfekt und sozial gerecht.

Einige teure und erklärungsbedürftige Regeln verändern, das pefekte Produkt gerade für Einkommenschwache ist schon geboren.

Der Staat bei den Pensionsrückstellungen hoffnungslos im Minus, sollte da nicht auch noch Einfluss nehmen.

Mit meiner Jahrhundertidee ist die perfekte Lösung für alle Bereiche gegeben.

Geeignet, auch international, viele Sozialsysteme zu retten