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30. April 2021
Die Offenlegungsverordnung wird die Finanzwelt positiv formen

Die Offenlegungsverordnung wird die Finanzwelt positiv formen

Die Offenlegungsverordnung der EU soll die Transparenz der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten verbessern. Ihre Umsetzung wird jedoch Folgen für die gesamte Finanzdienstleistungsbranche haben. Die europäische Vertriebslandschaft wird sich mit der Zeit hin zu nachhaltigkeitsorientierten Produkten verschieben.

Von Martin Stenger, Sales Director, Business Development Insurance & Retirement Solutions Germany der Franklin Templeton Investment Services GmbH.

Investoren sehen seit März wichtige Änderungen in der Art und Weise, wie Vermögensverwalter nachhaltigkeitsbezogene Informatio­nen über ihre Produkte zur Verfügung stellen. Dies ist das Ergebnis einer Vielzahl von regulatorischen Anforderungen, die sich aus der Sus­tainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) – auf Deutsch: Offenlegungsverordnung – der Europäischen Union ableiten lassen. Die neue Regulatorik betrifft nicht nur Vermögensverwalter, sondern auch Versicherer, Pensionskassen und eine ganze Reihe weiterer Finanzmarktteilnehmer.

Mehr als Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Bei der Verordnung geht es um mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit für den Kunden. Greenwashing, also das Vortäuschen von Nachhaltigkeit, wo keine Nachhaltigkeit existiert, soll damit unterbunden werden.

Die Umsetzung der SFDR wird weitreichende Folgen für die gesamte Finanzdienstleistungsbranche haben. Die Verordnung wird Vermögensver­walter in die Lage versetzen, sich stärker mit Kunden in unserer gemein­samen Verpflichtung zu verbünden, Kapital nachhaltig zu allokieren, um letztlich bessere, im doppelten Sinne nachhaltige Er­gebnisse für alle zu erzielen. Kapitalströme werden also nun seit März – von EU-politischer Instanz so gewollt – in nachhaltige Anlagen umgeleitet. Und die Wirkung dürfte die bisherigen Anstrengungen, un­sere Gesellschaft nachhaltiger zu gestalten, im positiven Sinne bei Weitem übertreffen.

Was bedeutet das für Europas Vertriebslandschaft?

Laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) werden 77% der institutionellen Anleger in den kommenden 24 Monaten den Kauf von nicht mit den ESG-Prinzipien zu vereinbarenden Produkten einstellen, und bis 2025 werden 7,6 Mrd. Euro in ESG-Produkten angelegt sein. Das ist ein Anstieg von heute 15 auf 57% des Marktanteils europäischer Vermögenswerte. Die Anbieter müssen Informationen auf Ebene des Unternehmens, also ihre eigene Nachhaltigkeitspolitik, offenlegen. Zusätzlich müssen sie aber auch Informationen auf Ebene des Produkts, also zu ihren Finanzprodukten, offen­legen. In beiden Fällen muss die Erwägung wesentlicher nachteiliger Auswirkungen von Anlageentscheidungen auf die Nachhaltigkeitsfaktoren offengelegt werden.

Covid-19 als Beschleuniger

Neben dem regulatorischen Vorstoß trägt auch die globale Covid-19-Pandemie dazu bei, die Welt in Richtung eines nachhaltigen Anlegens zu katapultieren und diesen Prozess zu beschleunigen. Sowohl das Interesse institutioneller Anleger als auch das von Privatanlegern an den ESG-Grundsätzen steigt schnell und hat sich, wohl in unmittelbarem Zusammenhang mit der aktuellen Covid-19-Krise, erheblich beschleunigt. Es wird erwartet, dass der Wettbewerb um Anlegerkapital deutlich Fahrt aufnehmen wird. Daher können es sich Verwalter nicht leisten, Kundenwünsche nach mehr Transparenz im Hinblick darauf, wie ESG-Faktoren berücksichtigt werden, zu ignorieren.

Franklin Templeton erfüllt die meisten dieser Vorgaben bereits seit vielen Jahren und setzt dabei den Schwerpunkt auf Transparenz und Authentizität. Wir sind überzeugt davon, dass sich die europäische Vertriebslandschaft mit der Zeit klar hin zu nachhaltigkeitsorientierten Produkten verschieben wird, die dann den Standard bilden werden.

Dies wird auch durch die Ergänzungen des delegierten Rechtsakts der Finanzmarktrichtlinie MiFID II verstärkt, die aktuell noch in der Entwurfsphase ist, in der aber steht, dass Kunden, die angeben, Nachhaltigkeit zu bevorzugen, Produkte im Zusammenhang mit „nachhal­tiger Anlage“ angeboten werden sollten, also Produkte nach Artikel 8 oder Artikel 9.

Was bedeutet das für Anleger?

Die Realwirtschaft verschiebt sich. Verbraucher suchen nach nachhaltigeren Entscheidungsmöglichkeiten. Nehmen wir etwa den Energiesektor. Erneuerbare Energien waren früher nicht verfügbar. Heute sind sie eine akzeptierte Option. Eine Studie von Franklin Templeton zeigt, wie wichtig jüngeren Beitragszahlern zu Betriebsrentenim Vereinigten Königreich verantwortungsbewusste Anlagen sind. Bis zu 78% sind der Auffassung, dass ihre aktuelle Altersvorsorge nicht im Einklang mit ihren Werten steht, oder sie wissen nicht, ob sie ihren Werten entspricht. 45% würden ihre Beiträge steigern, wenn ihre Alterssicherung Werte für verantwortungsbewusste Anlagen einbeziehen würde.

Da nun der Öffentlichkeit mehr nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen zugänglich gemacht werden, sollten Anleger überprüfbare Vorgaben für Nachhaltigkeitsansprüche erhalten. Franklin Templeton setzt seinen Schwerpunkt auf die Einhaltung des Primärrechts. Das hat viel Arbeit und Zusammenarbeit hinter den Kulissen erfordert. Diese Arbeit endet selbstverständlich nicht im März 2021. In Einklang mit dem klaren Bekenntnis von Franklin Templeton zu ESG-Prinzipien und Nachhaltigkeit prüfen wir Anlagelösungen weiter dahingehend, dass eine immer größere Anzahl von ihnen nachhaltigkeitsorientierter wird.

Vielzahl komplett unabhängiger Strategien

Dank der jüngsten Eingliederung einiger hochgradig spezialisierter Anlageverwalter in die Franklin-Templeton-Familie sind wir in der glücklichen Lage, eine Vielzahl von ESG-Ansätzen von beispielsweise Brandywine Global, ClearBridge Investments und Martin Currie auf der aktiven Seite wie auch Paris-­Aligned ETF auf der passiven Seite anbieten zu können – und nicht zu vergessen auch einen aktiv gemanagten Green Bond ETF. Jede dieser Strategien ist komplett unabhängig und verfolgt bei der Erfüllung der Offenlegungsvorgaben ihren ganz eigenen Ansatz. Als globaler Anlageverwalter mit einer mehr als 70-jährigen Geschichte als Treuhänder hat sich Franklin Templeton Investments dazu verpflichtet, die Beachtung von ESG-Chancen und -Risiken auf seiner gesamten Plattform zu fördern und zu verstärken.

Zusammenfassung

Die Verordnung stellt einen Umbruch dar und verändert das Spielfeld für die Finanzbranche von Grund auf, da für unsere Kunden mehr Transparenz und Authentizität möglich werden und Anleger nachhaltigere Anlageentscheidungen treffen können. Franklin Templeton will der Verordnung nicht nur entsprechen, sondern vielmehr eine Führungsrolle einnehmen und dabei Integrität unter Beweis stellen. Ja, es ist noch viel zu tun. Die Arbeit, die erforderlich ist, um sich vollumfänglich an den Zielen der EU auszurichten, wird mehrere Jahre dauern. Wir werden uns weiter in diese Richtung entwickeln, da wir überzeugt sind, dass unsere Kunden das verdienen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2021, Seite 50 f., und in unserem ePaper.

Bild: © BillionPhotos.com – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Martin Stenger