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7. Dezember 2021
D&O-Versicherung im Mittelstand: „Wir zeichnen weiter“

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DandO. Directors and officers liability Insurance concept. Director's office with a large table and skyscrapers outside the window. 3d illustration

D&O-Versicherung im Mittelstand: „Wir zeichnen weiter“

Auch im Mittelstand verhärtet sich der Markt in der D&O-Versicherung. Zur Entwicklung, zu den Unterschieden von Unternehmens- und persönlicher D&O, zu den Wirecard-Folgen und den Links zum Cyberschutz, hat AssCompact bei Mario Hartmann, D&O-Experte bei Hiscox Deutschland, nachgefragt.

Ein Interview mit Mario Hartmann, D&O-Experte bei Hiscox Deutschland
Herr Hartmann, gibt es heute eigentlich noch einen großen Unterschied zwischen Unternehmens-D&O und personenbezogener D&O?

Das Spezielle an der sogenannten Unternehmens-D&O ist, dass Versicherungsnehmer und Begünstigte auseinanderfallen. Für Geschäftsführer und Vorstände hat sie den Vorteil, dass nicht die Person selbst, sondern das Unternehmen die Prämie zahlt. Es gibt aber auch Nachteile: Man teilt die Versicherungssumme gegebenenfalls mit anderen. Die Frage ist zudem: Habe ich Einfluss auf die Versicherung? Wurde sie verändert? Was passiert bei und nach dem Verlassen des Unternehmens? Heutzutage wird allerdings schon viel in den Anstellungsverträgen geklärt, mehr als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Und trotzdem ist die Nachfrage nach der persönlichen D&O über die Jahre gestiegen.

Aber ja, es stellt für jeden Versicherer, der bereits viele Unternehmens-D&O-Versicherungen in seinem Bestand hat und jetzt die Persönliche D&O anbieten will, eine Frage des Kapazitätenmanagements, des sogenannten Kumuls. Es kann also sein, dass ich sowohl die Unternehmens-D&O in den Büchern habe als auch die Persönliche D&O. Schwierig festzustellen ist das zum Beispiel bei Tochterunternehmen. Wir reden insgesamt aber nur von einer Handvoll Versicherer, die nach meinem Kenntnisstand aktuell die Persönliche D&O anbieten. Wir von Hiscox bieten beides an. Wenn jemand für sich abschließen will – fein, wenn einer das ganze Unternehmen versichern will – auch fein.

Gibt es auch Dopplungen?

Ja. Stellen Sie sich vor, Sie sind Geschäftsführerin in einem Tochterunternehmen eines französischen Konzerns. Da kann es sein, dass Sie über die französische Mutter versichert sind. Sie wollen aber lieber ein deutsches Bedingungswerk. Oder Ihnen ist die Versicherungssumme zu niedrig und Sie wollen selbst mehr versichern.

Generell muss man aber auch differenzieren, ob wir von großen Unternehmen oder vom Mittelstand, wo für uns als Hiscox der Schwerpunkt unseres Risiko-Appetits liegt, reden. Gehen wir mal von einem familiengeführten Unternehmen mit einem einzigen, fremd angestellten Geschäftsführer aus. Dieses Unternehmen erzielt einen Umsatz von, sagen wir mal, 25 Mio. Euro. Hier wäre für beide Varianten eine Risikoprüfung fast identisch. Wenn das Unternehmen insolvent gehen sollte, dann würde der Insolvenzverwalter den Geschäftsführer in Anspruch nehmen – unabhängig davon, ob dieser überhaupt eine D&O, ob er eine Unternehmens-D&O oder ob er eine Persönliche D&O hat. Das eventuelle Mehr in der Unternehmens-D&O, weil da vielleicht noch die leitenden Angestellten enthalten sind, spielt da nur eine untergeordnete Rolle.

Wenn ich aber zu dem Fall Wirecard komme oder zu Volkswagen, dann macht es vielleicht schon einen Unterschied, ob ich nur einen Vorstand oder alle Vorstände versichert habe. Es gibt in der Unternehmens-D&O eine gesamtschuldnerische Haftung, also kein Vorstand kann sagen: Ich hafte nur für mein Ressort. Da macht es vielleicht noch mal einen Unterschied, auch in der Risikobewertung und in der Prämienfindung, ob ich die Persönliche D&O oder die der Unternehmens-D&O anbiete.

Sie sind wie gesagt im Mittelstand aktiv. Wie entwickelt sich denn die Nachfrage?

Die Nachfrage nach der D&O insgesamt wächst deutlich. Nach der Unternehmens-D&O wächst sie noch stärker als nach der noch recht jungen Variante der persönlichen D&O, da könnte die Nachfrage höher sein.

Wir hören immer, die Nachfrage ist da, aber die Versicherer halten sich zurück?

Also, wir halten uns nicht zurück. Wir zeichnen weiter.

Wie sieht es auf der Schadenseite aus? Und welche Rolle spielt dabei die Pandemie?

Die Frequenz an Schäden hat etwas zugenommen und auch die Höhe. Ob das jetzt einen direkten Link zur Pandemie hat, vermag ich nicht zu sagen. Da geht es meist um die Frage, ob es eine Insolvenzwelle geben wird oder nicht. Im Augenblick gibt es diese nicht. Richtig ist aber, dass die Mehrheit der Schäden mit einer Insolvenz zu tun hat. Aber die allgemeine Entwicklung mit Blick auf den harten Markt gab es schon vorher.

 
Ein Interview mit
Mario Hartmann