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Steuern & Recht
13. August 2020
Elektronische Wertpapiere: Bundesregierung bringt Gesetzesentwurf auf den Weg

Elektronische Wertpapiere: Bundesregierung bringt Gesetzesentwurf auf den Weg

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vorgelegt. Das Vorhaben beschränkt sich vorerst lediglich auf Anleihen. Die Schuldverschreibungen können zukünftig nicht mehr nur per Urkunde verbrieft werden, sondern auch elektronisch in einem Zentralregister abgelegt oder in einem dezentralen Register auf Basis der Blockchain-Technologie verwahrt werden.

Das Bundesjustizministerium hat gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium einen Gesetzesentwurf für die Einführung von elektronischen Wertpapieren vorgelegt. Mit dem Entwurf reagiert die Bundesregierung auf Pläne innerhalb der EU, elektronische Wertpapiere gleichberechtigt neben papiergebundenen zu etablieren.

Keine Urkundenpflicht mehr

Nach deutschem Recht ist aktuell die Papierform (urkundliche Verkörperung) von Wertpapieren vorgeschrieben. Das soll sich jedoch nach dem Willen der Bundesregierung ändern. In einem ersten Schritt wollen die zuständigen Ministerien elektronische Schuldverschreibungen ermöglichen. Die elektronische Aktie hingegen solle aufgrund des damit verbundenen Regelungsaufwands mit dem Gesetzesentwurf noch nicht angegangen werden – wenngleich auf virtuelle Aktien bereits Bezug genommen wird.

Virtuelle Anleihen gleichberechtigt neben papiergebundenen

Der Entwurf sieht eine rechtliche Gleichstellung von Anleihen in Papierform und elektronischen Wertpapieren vor. Geplant ist, elektronische Wertpapiere zukünftig rechtlich als Sachen zu behandeln, wodurch Anleger denselben Eigentümerschutz beanspruchen könnten, wie bisher. Herkömmliche Wertpapiere könnten jederzeit in ein elektronisches Wertpapierregister eingetragen und dadurch ersetzt werden. Die Urkundenpflicht fiele damit weg.

Sonderform: Die virtuelle Anleihe im Kryptoregister

Etwas anders verhält es sich bei den sogenannten Kryptowertpapieren. Dabei handelt es sich um elektronische Wertpapiere, die nicht in einem Zentralregister eingetragen werden, sondern auf Basis der Blockchain-Technologie dezentral gespeichert werden. Bestehende Anleihen sollen hier nur nach Zustimmung durch die Berechtigten in ein Kryptoregister übertragen werden können. Das Kryptoregister kann von einer Verwahrstelle verwaltet werden, aber auch eine Registerführung durch den Emittenten selbst ist möglich, sofern eine Erlaubnis durch die BaFin vorliegt. Die Überwachung der Ausgabe von elektronischen Wertpapieren soll grundsätzlich bei der BaFin liegen.

Bundesregierung schätzt Blockchain als manipulationssicher ein

Weshalb sollte die Blockchain-Technologie jedoch für ein Wertpapierregister genutzt werden? Darauf hatte die Bundesregierung bereits letztes Jahr im Rahmen einer Kleinen Anfrage der Oppositionspartei FDP geantwortet. Aus der Antwort geht hervor, dass die Regierung die Blockchain-Technologie hauptsächlich aufgrund ihrer Manipulationssicherheit ausgewählt hat.

Funktionsweise der Blockchain

Die Sicherheit ergibt sich dadurch, dass die Blockchain tatsächlich einer Kette gleicht. Informationen werden in Form von Datenblöcken aneinandergereiht und miteinander verkettet. Eine Änderung von alten Daten (früheren Gliedern der Kette) ist nicht ohne Weiteres möglich, denn die Blockchain wird dezentral gespeichert. Es ist also nicht möglich, nachträglich Glieder zu entfernen oder auszutauschen, schließlich ist die Blockchain (mindestens in Bruchstücken) ebenfalls auf den Computern von allen anderen Marktteilnehmern abgespeichert. Das bedeutet, die Kette mit den Informationen über den Besitz einer Anleihe liegt nicht nur auf dem Computer des Verwahrers bzw. dem des Emittenten ab, sondern auch auf den Computern aller anderen Marktteilnehmer – wenngleich natürlich verschlüsselt. Wenn nun ein Teil der Kette verändert wird, um eine Kopie des Registers zu manipulieren, zeigen unzählige Versionen die richtigen Werte an und nur eine Version die manipulierten.

BAI lobt den Gesetzesentwurf

Der Bundesverband Alternative Investments e. V. (BAI) begrüßte den Gesetzesentwurf. Der Interessensverband sieht in dem Vorhaben einen wichtigen Schritt hin zur Stärkung des Finanz- und Wirtschaftsstandorts Deutschland. Besonders positiv erachtet der BAI, dass die Emittenten der Anleihen das Register selbst führen können werden – zumindest vorbehaltlich einer entsprechenden Erlaubnis durch die BaFin.

Clearstream bekommt Konkurrenz

Das ist ein großer Schritt für das deutsche Finanzsystem, da aktuell ausschließlich ein Zentralverwahrer für deutsche (und luxemburgische) Wertpapiere existiert. Dabei handelt es sich um die Verwahrgesellschaft Clearstream, die eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Börse AG ist und ihren Sitz in Luxemburg hat. Deren Monopolstellung würde mit dem Gesetzesentwurf aufgebrochen.

Blockchain Forscher stellt Revolution in Aussicht

Auch der Leiter des Blockchain Center der Frankfurt School of Finance, Prof. Dr. Phillipp Sandner, zeigte sich dem Handelsblatt gegenüber voll des Lobes. Seiner Ansicht nach könnte eine Umsetzung des Gesetzesvorhabens zu einer Revolution am deutschen Kapitalmarkt führen. Er hält es für einen großen Fortschritt, dass die Register zukünftig auch ohne zwischengeschaltete Mittler ausgelesen werden können.

Kritik von Oppositionspartei FDP

Doch nicht von allen Seiten hagelt es Lob. Frank Schäffler, der Finanzexperte der FDP, sparte nicht mit Kritik. Ebenfalls gegenüber dem Handelsblatt monierte er, dass der Gesetzesentwurf nur zwischen zwei SPD-geführten Ministerien ausgehandelt wurde und noch nicht mit dem Koalitionspartner abgestimmt sei. Des Weiteren kritisierte er die Begrenzung auf Anleihen, die der Gesetzesentwurf vorsieht. Der liberale Politiker ist der Meinung, dass es an der Zeit für eine grundlegende Reform des Wertpapierrechts sei, die sich auch auf den Aktienbereich erstrecken solle. (tku)

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