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8. August 2022
Erbschaftsteuer: Wann Eigenheimnutzung unzumutbar ist
Shot of a senior woman looking at a photograph with her daughter while packing boxes on moving day.

Erbschaftsteuer: Wann Eigenheimnutzung unzumutbar ist

Zieht der überlebende Ehepartner aus dem geerbten Familienheim aus, weil ihm dessen weitere Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, entfällt die ihm beim Erwerb des Hauses gewährte Erbschaftsteuerbefreiung laut BFH-Urteil nicht rückwirkend.

Eine Frau, die mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus bewohnt hatte, wurde nach dessen Tod aufgrund des Testaments Alleineigentümerin des Hauses. Nach knapp zwei Jahren veräußerte sie das Haus jedoch und zog in eine Eigentumswohnung. Sie berief sich gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht (FG) erfolglos darauf, dass sie wegen einer depressiven Erkrankung, die sich nach dem Tod ihres Ehemannes gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe, das Haus auf ärztlichen Rat verlassen habe. Das FG war der Ansicht, es habe keine zwingenden Gründe für den Auszug gegeben, da der Witwe nicht die Führung eines Haushalts schlechthin unmöglich gewesen sei.

BFH: Erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustands muss berücksichtigt werden

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen: Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG zwar voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt – es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Diese könne auch gegeben sein, wenn der Erbe durch den Verbleib im Familienheim eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu verkraften habe. Das FG hat deshalb im zweiten Rechtsgang, ggf. mit Hilfe ärztlicher Begutachtung, die geltend gemachte Erkrankung einschließlich deren Schwere und Verlauf zu prüfen.

Gleiches gilt im Übrigen für die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG, die erbende Kinder begünstigt (siehe BFH-Urteil vom 01.12.2021 – II R 18/20, AssCompact berichtete). (ad)

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