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3. Mai 2022
Erwerbsunfähigkeit: Diese Versicherer übertreffen die Marktstandards

Erwerbsunfähigkeit: Diese Versicherer übertreffen die Marktstandards

Nachdem die Tarife der Erwerbsunfähigkeitsversicherung bereits im April von MORGEN & MORGEN unter die Lupe genommen worden sind, hat nun infinma seine Marktstandards für diese Sparte auf den neuesten Stand gebracht. Nicht zuletzt der Anbieterrückgang hat zu Veränderungen der analysierten Qualitätskriterien geführt.

Anfang April hat das Analysehaus MORGEN & MORGEN den relativ überschaubaren Markt der Erwerbsunfähigkeitsversicherungen (EU) im Rahmen eines aktuellen Ratings genauer unter die Lupe genommen und den Tarifen eine gute Bedingungsqualität bescheinigt (AssCompact berichtete). Nun hat die Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH (infinma) ihre diesbezüglichen Marktstandards für das Jahr 2022 aktualisiert und im Rahmen der Untersuchung „Marktstandards in der EU – Stand 04/2022“ 43 Tarife von 16 Gesellschaften anhand von insgesamt 17 Qualitätskriterien verglichen. Berücksichtigt wurden Produkte, die in Deutschland und Österreich angeboten werden.

Branchendurchschnittswerte werden ermittelt

Bei den infinma-Marktstandards handelt es sich im Vergleich zu anderen Bewertungsverfahren nicht um ein Rating. Die Analyse basiert auf der Erhebung aller zu einem Qualitätskriterium am Markt tatsächlich vorhandenen konkreten Ausprägungen in den Bedingungswerken. Diejenige Ausprägung, die von den Anbietern in ihren Produkten am häufigsten verwendet wird, definiert den jeweiligen Marktstandard im Sinne eines Branchendurchschnittswertes. An die Versicherer und Tarife, die in allen getesteten Kriterien diesen Marktstandard aus Kundensicht mindestens erfüllen oder sogar übertreffen, verleiht infinma dann entsprechende Zertifikate.

21 Tarife von neun Gesellschaften erhalten Auszeichnung

Aktuell erhalten insgesamt 21 Tarife von neun Gesellschaften – Continentale mit sechs Tarifen, Dialog mit vier Tarifen, VOLKSWOHL BUND mit drei Tarifen, MetallRente und Zurich mit jeweils zwei Tarifen sowie Credit Life, EUROPA, Generali und Hannoversche mit jeweils einem Tarif – eine solche Auszeichnung.

Damit haben sich sowohl die Zahl der zertifizierten Tarife als auch diejenige der Anbieter gegenüber dem Vorjahr verringert. Da die Grundfähigkeitsversicherung immer beliebter werde und sich zunehmend verbreite, erhöhe sich nun auch aus dieser Richtung der Qualitätsdruck auf die Erwerbsunfähigkeitsversicherung, kommentiert infinma-Geschäftsführer Marc Glissmann.

Anpassung des Qualitätskriterienkatalogs

Vor diesem Hintergrund haben sich die infinma-Analysten dafür entschieden, im insgesamt 17 Qualitätskriterien umfassenden Katalog zwei Stück auszutauschen: Die Meldepflicht bei Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit sowie der Leistungszeitpunkt sind in den aktuellen Markstandards nicht mehr vorhanden. Neu in den Kriterienkatalog aufgenommen wurden dafür die Verlängerungsoption und die Leistung einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente als Leistungsauslöser in der EU.

Verlängerungsoption und gesetzliche Erwerbsminderungsrente als EU-Auslöser noch nicht weit verbreitet

Bezüglich des neu aufgenommenen Kriteriums der Verlängerungsoption geben die Analysten Folgendes zu bedenken: In den meisten Fällen kann der EU-Vertrag bis zu einem Endalter von 67 Jahren vereinbart werden, das sich an der Regelaltersrente der gesetzlichen Rentenversicherung orientiert. Da diese Grenze in den letzten Jahren von ursprünglich 65 Jahren auf 67 Jahre angehoben wurde und die Menschen immer älter würden, wäre es nicht verwunderlich, wenn die nächste Erhöhung des Rentenalters bald stattfinde. Aufgrund dieser Annahme böten mittlerweile einige Versicherer ihren Kunden eine Option, dass sie ihren Vertag im Rahmen der Erhöhung der Rentenversicherung anpassen können. So soll verhindert werden, dass zum Ende des Berufslebens eine Lücke im Versicherungsschutz entsteht. Marktstandard ist die Verlängerungsoption laut infinma allerdings noch nicht: Nur zehn von 43 untersuchten Versicherern bieten sie derzeit an.

Zum neu aufgenommenen Kriterium der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente als EU-Auslöser stellen die Analysten im Rahmen der „Marktstandards in der EU – Stand 04/2022“ fest, dass erst vier Versicherer die Erwerbsunfähigkeit auch als gegeben betrachten, wenn ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung oder ein berufsständisches Versorgungswerk in der Bundesrepublik Deutschland, dem die versicherte Person als Pflichtmitglied angehört, eine unbefristete volle Erwerbsminderungsrente aus medizinischen Gründen gewährt. Fünf Versicherer gewähren diese Anerkennung zeitlich eingeschränkt, also beispielsweise ab einem bestimmten Alter oder innerhalb einer entsprechenden Restlaufzeit. Für 34 untersuchte Versicherer ist die gesetzliche Erwerbsminderung bisher noch keine EU-Ursache. Daher gilt auch dieses neu aufgenommene Qualitätskriterium derzeit nicht als Marktstandard.

„Auf der einen Seite ist es verständlich, wenn Versicherer sich bei der Definition des Leistungsfalls nur ungern an gesetzliche Regelungen anlehnen, die sie selber nicht beeinflussen können. Auf der anderen Seite ist es für Vermittler und Kunden unverständlich, wenn die ohnehin sehr hohen Hürden der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente nicht für einen positiven Leistungsentscheid des privaten Versicherers ausreichen sollen“, sieht infinma-Geschäftsführer Dr. Jörg Schulz noch Verbesserungspotenzial bei zahlreichen Anbietern. (ad)

Weitere Informationen zu den Marktstandards in der EU gibt es hier.

Bild: © Coloures-Pic – stock.adobe.com