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26. März 2022
Es grünt so grün: Die EU-Taxonomie im Fokus

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EU-Taxonomie

Es grünt so grün: Die EU-Taxonomie im Fokus

Hell-, mittel- und dunkelgrüne Aktivitäten

Allerdings ist sich die EU-Kommission des Problems bewusst, dass sich nicht alle relevanten Wirtschaftssektoren rasch an die Definitionskriterien der EU-Taxonomie anpassen lassen oder werden. Daher unterscheidet das Regelwerk drei unterschiedliche Stufen von klima- und umweltfreundlichen Wirtschaftsaktivitäten: Die höchste Stufe – per se nachhaltig – erreichen klassisch nachhaltige Aktivitäten wie das Betreiben einer Windkraftanlage. Eine Stufe darunter definiert die Taxonomie sogenannte ermöglichende Aktivitäten, die die Aktivitäten der höchsten Stufe unterstützen. Dazu zählt zum Beispiel ein Hersteller von Rotoren für eine Windkraftturbine. Die niedrigste Stufe ist reserviert für sogenannte Übergangsaktivitäten. Diese Technologien werden zwar auf dem Weg zu einer klima- und umweltfreundlichen Wirtschaft benötigt, aber nach Erreichung der Klimaneutralität in der EU eben nicht mehr. Hierzu zählen neuerdings beispielsweise Atom- und Gaskraftwerke.

Was ist die Taxonomie nicht?

Die EU-Taxonomie wirkt wie ein universelles Investitionsregelwerk. Allerdings trifft dieses Merkmal nicht zu. Die EU-Taxonomie bewertet nicht in „gute“ und in „schlechte“ Unternehmen. Die EU-Taxonomie ist außerdem keine verpflichtende Investitionsliste. Nach wie vor kann in jede gesetzlich erlaubte Wirtschaftsaktivität investiert werden. Die EU-Taxonomie definiert nur, ob es sich dabei nach EU-Maßstäben um eine umwelt- und klimafreundliche – Taxonomie-konforme – Investition handelt oder nicht. Abschließend leistet die EU-Taxonomie auch keine Beurteilung über die finanzielle Vorteilhaftigkeit einer nachhaltigen Investition.

Auswirkungen auf die Finanz- und Versicherungswirtschaft

Versicherer oder Vermögensverwalter, die zu einem nicht-finanziellen Reporting verpflichtet sind, müssen gemäß der EU-Taxonomie ab 2022 erstmalig angeben, wie und in welchem Umfang ihre Tätigkeiten mit als nachhaltig einzustufenden Wirtschaftsaktivitäten verbunden sind. 2022 erstreckt sich diese Offenlegung nur auf die beiden ersten EU-Umweltziele „Klimaschutz“ und „Klimaanpassung“, ab dem 01.01.2023 auch auf die weiteren vier EU-Umweltziele. Diese von den Unternehmen veröffentlichten Informationen sind relevant, um Transparenz dahingehend zu schaffen, inwieweit ihre Produkte wie Geldanlagen mit als nachhaltig einzustufenden – Taxonomie-konformen – Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind. Umgekehrt können Versicherer oder Fondsgesellschaften mittels Integration dieser EU-Nachhaltigkeitskriterien „grüne“ Produktlinien entwickeln. Aber auch für Vermittlerinnen und Vermittler stellt die Offenlegung von Taxonomiekonformität eine wichtige Orientierungshilfe bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit von Kapitalanlagen und Versicherungslösungen dar; zumal ab August 2022 voraussichtlich eine verpflichtende Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen im Beratungsgespräch zu erfolgen hat.

Zusammensetzung der Wirtschaftsaktivitäten

Um Klimaneutralität innerhalb der EU zu erreichen, müssen viele Wirtschaftssektoren neu ausgerichtet werden. Die Umstellung trifft daher insbesondere CO2-intensive Wirtschaftszweige. Infolgedessen sind nur folgende Aktivitäten berechtigt, im Rahmen des Regelwerks auf Nachhaltigkeit geprüft zu werden: Landwirtschaft, Industrie, Verkehr, Energie­wirtschaft, Bau, Wasserwirtschaft, Informations- und Kommunikationstechnologie. Insgesamt stehen diese Taxonomie-berechtigten Wirtschaftsaktivitäten nach Angaben der EU-­Kommission für mehr als 80% aller EU-Treibhausgasemissionen. Weniger CO2-intensive Geschäftsmodelle wie viele Dienstleistungstätigkeiten unterliegen keiner Nachhaltigkeitsprüfung durch die EU-Taxonomie.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2022, S. 42 f., und in unserem ePaper.

Bild: © hkama – stock.adobe.com

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