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20. Juni 2022
Female Finance: „Um eine Sonderbehandlung geht es nicht“

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Businesswoman holding a lightbulb with coins stack on table, saving energy and money concept

Female Finance: „Um eine Sonderbehandlung geht es nicht“

Gibt es in Zeiten von Krisen, wie wir sie gerade erleben, überhaupt noch viele Geldanlagen, die guten Gewissens vermittelt werden können? Würden Sie als Certified ETF-Specialist (DBG) jetzt besonders auf ETFs setzen?

In Bezug auf Geldanlagen wie Investmentfonds, Aktien, Anleihen oder andere liquide Anlageklassen hängt das gute Gewissen aus meiner Sicht nicht an der Geldanlage selbst. Auch wir haben leider keinen Einfluss auf die Notenbank- oder gar Geopolitik und somit auf die Marktentwicklung.

Aus meiner Sicht geht es vielmehr um die Herleitung einer Anlagestrategie, die für die Mandantin nachvollziehbar und verständlich ist und selbstverständlich grundlegende Aspekte wie Risikobereitschaft, Anlagehorizont, Zielrendite etc. berücksichtigt. Und nicht zu vergessen: ein gutes Erwartungsmanagement. Deutlich aufzuzeigen, wie hoch ein möglicher Verlust mit der gewählten Anlagestrategie ausfallen kann, ist wichtig. Noch wichtiger ist, dass die Mandantin auf Basis der eigenen Finanzplanung verstanden hat, warum sie überhaupt aus der Komfortzone Konto raus und in die Kapitalmärkte rein soll. Denn das hilft dabei, auch in schwierigen Börsenzeiten Ruhe zu bewahren.

Für ETFs muss man nach den Börsenzeiten der letzten Jahre, glaube ich, keine Werbung mehr machen. Wir setzen ETFs natürlich gerne ein, da sie eine breite Streuung bei geringen Kosten und im Rahmen der Vermögensverwaltung eine hohe Transparenz für die Portfoliokonstruktion bieten. Allerdings wird aktuell der „alte Hut“ Risikomanagement seit langer Zeit mal wieder interessant und ich bin gespannt, wie sich das „Einfach ETFs kaufen, die sind günstig und man kann nichts falsch machen“-Mantra in den nächsten Monaten entwickeln wird.

Welchen Wert legen Ihre Kundinnen denn aktuell auf nachhaltige Produkte?

Gerade bei Frauen ist das Thema nachhaltige Kapitalanlage deutlich stärker im Fokus. Nicht alle Mandantinnen sprechen das Thema aktiv an, aber es kommt häufig vor und wir diskutieren diesen Punkt im Rahmen der Herleitung der Anlagestrategie auch aktiv mit unseren Mandantinnen. Hierbei geht es darum, erst einmal die Begriffe zu klären und zu definieren, was Nachhaltigkeit für die jeweilige Mandantin bedeutet. Als Beraterin ist es meine Aufgabe, die Vorteile, aber auch die Schwachstellen der aktuellen Standards und Lösungen aufzuzeigen. Nachhaltigkeit spielt in der Umsetzung der Anlagestrategie durchaus eine Rolle, und diese wird sicher auch an Bedeutung gewinnen, aktuell findet sich jedoch häufig ihre Grenze dort, wo sie die Port­foliokonstruktion zu sehr einschränkt.

Sie sind Gründerin, Geschäftsführerin, halten Vorträge und Workshops und sind Teil eines großen Branchennetzwerks. Darüber hinaus gehören Sie zum Vorstand des FPSB. Was ist Ihre Motivation für dieses starke Engagement?

„Veränderung schaffen“, das ist sicherlich nicht nur ein für mich zentraler Wert, sondern auch der Ursprung meines Engagements. Female Finance und alles, was dazu­gehört, hat in den letzten Jahren mehr und mehr Aufmerksamkeit erhalten. Trotzdem gibt es noch viel zu tun und wir müssen uns auch fragen, welche neuen Ansätze es braucht, um noch mehr Frauen zu erreichen, aber auch Männer von der Bedeutung dieses Themas zu überzeugen – hierzu zählt auch die unangenehme Frage, wie wir eine männlich dominierte Finanzbranche so gestalten, dass sie überhaupt in der Lage ist, der „neuen“ Zielgruppe Frau in allen Gesichtspunkten gerecht zu werden.

Und was ist Ihnen persönlich besonders wichtig an Ihrer Arbeit?

Innerhalb unseres Teams genauso wie gegenüber unseren Mandantinnen ist für mich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit besonders wichtig. Ein offener und fairer Umgang ist für mich der Schlüssel langfristiger Beziehungen und somit auch unternehmerischen Erfolges.

Sehr persönliche Einblicke und auch emotionale Gespräche, die mir Mandantinnen gewähren, sind für mich eines der schönsten Komplimente an unsere Arbeit, denn sie zeigen, wie groß das Vertrauen ist, das uns entgegengebracht wird.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2022, S. 86 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © Farknot Architect

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Ein Interview mit
Lisa Hassenzahl