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13. April 2021
Fondsstandortgesetz: Herbe Kritik im Finanzausschuss

Fondsstandortgesetz: Herbe Kritik im Finanzausschuss

In einer öffentlichen Anhörung hat sich der Finanzausschuss des Bundestags mit dem Entwurf zum Fondsstandortgesetz beschäftigt. Die darin enthaltene Umsetzung der EU-Richtlinien zur Taxonomie- sowie Offenlegungs- verordnung wird als unproblematisch beurteilt. Andere Inhalte sehen die Sachverständigen kritischer.

Am 12.04.2021 hat sich der Finanzausschuss des Bundestags im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit dem Gesetzentwurf zum Fondsstandortgesetz beschäftigt. Im vergangenen Jahr hatten Interessenverbände schon bei Vorlage des Referentenentwurfs Position bezogen (AssCompact berichtete). Für Vermittler ist das Gesetz hauptsächlich deshalb von Relevanz, weil es als Vehikel genutzt wird, um die EU-Richtlinien zur Offenlegungsverordnung sowie zur Taxonomieverordnung in nationales Recht zu überführen. Darüber hinaus beinhaltet das Gesetz jedoch auch Maßnahmen, die der Emission von Fonds in Deutschland zuträglich sein sollen. Ein weiteres Ziel ist es, die Versorgung deutscher Start-ups mit Wagniskapital zu verbessern. Dazu sollen steuerliche und aufsichtsrechtliche Maßnahmen gebündelt werden.

Bürokratie abbauen und Digitalisierung stärken

Eine Änderung am Kapitalanlagegesetzbuch soll laut Gesetzentwurf weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung der Aufsicht ermöglichen. So werden zahlreiche Schriftformerfordernisse abgeschafft, wodurch Anlegern Kosten erspart würden. Des Weiteren soll die Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltungsleistung von Investmentfonds auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds ausgedehnt werden.

BVI erkennt Nachbesserungsbedarf

Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) beurteilte den Nutzen der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen für den Fondsstandort Deutschland als „überschaubar“. Zwar sei in dem Entwurf „vieles richtig“, konstatierte Thomas Richter vom BVI und verwies unter anderem auf die neu vorgesehene Möglichkeit der elektronischen Kommunikation mit der BaFin. Die Verbesserungen seien aber punktuell und grundlegende Probleme des Standorts blieben bestehen. Die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 über den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb sieht der BVI jedoch unkritisch. Hier würden die EU-Vorgaben passgenau in das deutsche Recht übernommen, ohne über sie hinauszugehen. Dasselbe gelte laut Stellungnahme des Verbands im Bereich der Nachhaltigkeitsregulierung für die geplanten Anpassungen an die EU-Offenlegungsverordnung (EU) 2019/2088 und die Taxonomieverordnung (EU) 2020/852.

Venture-Capital-Fonds unzureichend definiert

Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft kritisierte an dem Gesetzentwurf, dass Verwaltungskosten von Wagniskapitalfonds umsatzsteuerfrei werden sollen. Abgesehen davon, dass die Definition von Wagniskapitalfonds unklar sei und sich auch im Gesetz keine Klärung finde, bestehe die Gefahr von Fehlanreizen und Fehlallokationen.

„Made in Germany“ soll Qualitätskriterium für Fonds werden

Stefan Loipfinger von der Bürgerbewegung Finanzwende vertrat die Ansicht, dass es „mit diesem Gesetz nicht gelingen wird, den Standort Deutschland auch nur im Ansatz zu stärken“. Deutschland habe keine Chance, eine Steueroase wie Luxemburg zu übertreffen. Der viel bessere Ansatz sei in seinen Augen, den „Produktstandort made in Germany“ zu stärken. Der Fondsstandort Deutschland müsse ein Qualitätskriterium sein, an dem sich Anleger orientieren.

Mitarbeiterbeteiligung bei Start-ups stärken

Um es Start-ups zu ermöglichen, hoch qualifizierte Mitarbeiter an sich zu binden, sieht der Gesetzentwurf außerdem vor, die Mitarbeiterkapitalbeteiligungen attraktiver zu gestalten. Ab Juli 2021 soll der steuerfreie Höchstbetrag für Vermögensbeteiligungen von 360 Euro auf 720 Euro pro Jahr angehoben werden. Für Arbeitnehmer von Start-ups ist geplant, Einkünfte aus der Übertragung von Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers zunächst nicht zu besteuern. Die Besteuerung soll künftig erst bei einem Verkauf der Anteile, einem Ausscheiden aus dem Unternehmen oder nach zehn Jahren fällig werden.

Mitarbeiterbeteiligungen weiterhin unpraktikabel

Insbesondere dieser Teil wurde in der Anhörung sehr kontrovers bewertet. Die Mitarbeiterbeteiligung als Möglichkeit zur Teilhabe an künftigen Gewinnen sei für Start-ups zwar wesentlich, um gute Mitarbeiter zu gewinnen, betonte Christian Miele vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. In der vorliegenden Form werde das Gesetz seiner Meinung nach aber wirkungslos bleiben. Die Steuervergünstigungen sollten schließlich nur für direkte Unternehmensbeteiligungen gelten, was bei einer GmbH bedeuten würde, dass man bei jeder Veränderung in der Belegschaft zum Notar gehen und die Gesellschafterstruktur ändern müsste. Das sei ein Aufwand, den kein Start-up betreiben würde. Aber auch, dass Mitarbeiter die zunächst gestundete Einkommensteuer auf die Beteiligung nach Ausscheiden aus dem Betrieb oder spätestens nach zehn Jahren zahlen müssten, mache die Regelung unattraktiv. So müssten Mitarbeiter befürchten, bei einem Scheitern des Start-ups neben dem Arbeitsplatzverlust auch noch mit einer hohen Steuerzahlung konfrontiert zu sein.

Alternativvorschlag von LegalTech PXR

Peter Möllmann von der PXR Legal Rechtsanwaltsgesellschaft plädierte dafür, auch andere Optionen als die direkte Unternehmensbeteiligung zu fördern. So müsse es ermöglicht werden, sich über eine vermögensverwaltende Beteiligungs-KG an einer GmbH zu beteiligen. Dann erübrige sich auch der Gang zum Notar bei jeder Personalveränderung. Möllmann schlug außerdem eine Lösung vor, wie auf die Befristung der aufgeschobenen Steuerfälligkeit verzichtet werden kann. Man müsse dafür nur eine Unternehmenshaftung für die Steuerzahlung einrichten, die so lange gelte, bis ein Anteil verkauft und damit für den betroffenen Mitarbeiter zu echtem Geld wird. (tku)

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