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28. Juli 2022
Garantiezinsfalle und Kreativität in der Lebensversicherung
Compare Money Wage Gap And Tax Pay

Garantiezinsfalle und Kreativität in der Lebensversicherung

Die Absenkung des Rechnungszinses in der Lebensversicherung auf 0,25% hatte vielfältige Auswirkungen – weit mehr, als oft bewusst ist. Vermittlerinnen und Vermittler sollten die neu entstandenen Angebote ganz genau vergleichen, denn der Teufel steckt im Detail, kritisiert Standard Life.

Ein Artikel von Steffen Liebig, Business Development Manager bei der Standard Life Versicherung

An kontinuierlich sinkende Garantiezinsen und Überschussbeteiligungen hatte man sich in den vergangenen Jahren in der Lebensversicherung bereits gewöhnt. Die niedrigen Zinsen hatten in den letzten Jahren bereits dafür gesorgt, dass klassische Produkte stark an Attraktivität verloren haben.

Die neuerliche Absenkung der Garantie hat diesen Trend noch einmal deutlich verstärkt und könnte dazu führen, dass klassische Tarife komplett vom Markt verschwinden werden. Eine Garantie von 0,25% dürfte für Kundinnen und Kunden kein überzeugendes Argument mehr sein. Übrigens war dies nach Ansicht des Autors bei einer Garantie von 0,9% auch schon der Fall. Umso erstaunlicher mutet es an, dass Ende vergangenen Jahres Vertriebe als Zinsretter unterwegs waren und Kunden dazu geraten haben, eine Garantie zu sichern.

Gerade bei langen Ansparprozessen ist eine Garantie, die deutlich unter der langfristigen Inflation liegt, nicht sinnvoll. Das Problem, dass Garantiekonzepte im aktuellen Kapitalmarktumfeld in ihrer Performance stark begrenzt sind, stellt ein beträchtliches Risiko für die Anleger dar. Wie sich alternative Garantiekonzepte nach der Absenkung entwickeln, bleibt ebenfalls abzuwarten. Denn auch Neue Klassik & Co. hängen von der Entwicklung des Garantiezinses ab und hatten zuletzt schon stark unter den niedrigen Zinsen zu leiden. Auch hier wird die weitere Entwicklung sehr spannend bleiben. Dass reine Fondspolicen aber weiter an Bedeutung gewinnen werden, steht für Standard Life außer Frage.

Steigende BU-Prämien

Aber noch einmal detaillierter zurück zu den Auswirkungen der Garantiezinssenkung. Mit der Absenkung des Garantiezinses ist die Absicherung gegen das Risiko der Berufsunfähigkeit deutlich teurer geworden. Die BU-Prämien sind zum Teil zweistellig angestiegen. Der Grund dafür ist einfach: Ver­sicherer müssen für den Versicherungsfall Rückstellungen bilden. Dieses Kapital wird mit dem Garantiezins verzinst. Da der Garantiezins jetzt niedriger ausfällt, muss der Beitrag höher ausfallen, um die gleiche Höhe an Rücklagen zu bilden. Am Markt hat man gesehen, dass es zum Teil eine Neueinteilung der Berufsgruppen gab oder aber auch für gewisse Berufsgruppen Spezialtarife entstanden sind, um die Teuerung der Prämien zumindest für gewisse Berufsgruppen etwas erträglich gestalten zu können. Dies hat aber gleichzeitig dafür gesorgt, dass der Vergleich der Tarife noch einmal deutlich komplexer und schwieriger geworden ist.

Großer Druck auf Renten

Die zweite massive Auswirkung der Absenkung des Rechnungszinses war im Bereich der Rentenversicherungen zu sehen. Sowohl garantierte Rentenfaktoren als auch aktuell angewendete Rentenfaktoren sind auf breiter Front gesunken. Bei der Rentenhöhe gab es Senkungen von 8 bis 22,5%. Auch das war zu erwarten. Überraschend war jedoch, dass einige Anbieter seit der Senkung des Höchstrechnungszinses sogar höhere Renten ausgewiesen haben. Möglich wurde dies durch einige Veränderungen in der Produktgestaltung, die erst bei einer genaueren Analyse sichtbar sind.

Um im Rentenvergleich einen Vorteil zu erlangen, haben einige Versicherer vor allem die Todesfallleistungen während der Rentenphase zum Nachteil der Kundinnen und Kunden verändert. Nur noch sehr wenige Anbieter bieten einen echten Kapitalschutz. Der Verzicht auf den Einschluss eines Kapitalschutzes erhöht die Rentenzahlung und lässt Anbieter im Vergleich besser dastehen. Viele Anbieter bieten statt des Kapitalschutzes nur noch eine Rentengarantiezeit im Todesfall an, die die Hinterbliebenen absichern soll. Die Vereinbarung einer Rentengarantiezeit verringert die Altersrente des Kunden, sichert aber die Hinterbliebenen ab. Je kürzer die vereinbarte Rentengarantiezeit, desto weniger wird die Altersrente geschmälert.

Auch hier sollten Vermittlerinnen und Vermittler genau vergleichen. Bei vielen bekannten Tarifen gelten seit 01.01.2022 andere, geringere Rentengarantiezeiten, teilweise bieten Anbieter nur noch eine Rentengarantiezeit von fünf Jahren. Auch dies sorgt dafür, dass die Tarife in den Vergleichen besser abschneiden. Dies ist aber nicht unbedingt zum Vorteil des Kunden.

Größere Intransparenz

Die Rechnungszinsänderung hat also neben den offensichtlichen Veränderungen auch Neuerungen gebracht, die auf den ersten Blick nicht unbedingt sichtbar sind. Gerade im Bereich der Renten und der Hinterbliebenenabsicherung ist einiges an Intransparenz in den Markt gekommen, auf die Vermittlerinnen und Vermittler beim Produktvergleich unbedingt achten sollten, um die passende Empfehlung abzugeben.

Auszahlpläne als Ausweg aus dem Rentendilemma

Hier können auch fondsgebundene Lebensversicherungen mit Auszahlplänen eine sehr gute Alternative zu Rentenversicherungen mit einer garantierten Rente sein – gerade auch, was die Absicherung der Hinterbliebenen im Todesfall betrifft. Kundinnen und Kunden sollten ihr Vorsorgeportfolio deshalb genau analysieren. In den meisten Fällen sind mit der gesetzlichen Rente, der Riester-Rente, der Basis-Rente oder auch der betrieblichen Altersversorgung bereits viele Produkte mit einer Rentenzahlung vorhanden. Zusätzliches Kapital für die Ruhestandsplanung kann hier in eine fondsgebundene Lebensversicherung investiert werden. Die Vorteile für Kundinnen und Kunden sind vielfältig.

Fondsgebundene Lebensversicherungen können bis zum Endalter 100 abgeschlossen werden und bieten so die Möglichkeit, auch im Rentenalter lebensbegleitend investiert zu bleiben. Sie bieten aber auch deutlich mehr Flexibilität als Rentenversicherungen mit starrer Rentenzahlung. So können Kundinnen und Kunden automatisierte Auszahlpläne vereinbaren und sich damit monatlich, quartalsweise, halbjährlich oder jährlich Beträge auszahlen lassen. Bei Standard Life etwa kann sogar festgelegt werden, aus welchem Fonds die Auszahlungen getätigt werden. Höhe und Auszahlzeitpunkte können natürlich jederzeit verändert werden. Ebenso sind zusätzliche Teilauszahlungen, aber auch Zuzahlungen möglich.

Es geht aber nicht nur um die eigene Absicherung. Fondsgebundene Lebensversicherungen bieten auch attraktive Möglichkeiten, Vermögen steueroptimiert an nachfolgende Generationen zu übertragen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2022, S. 38 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Andrey Popov – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Steffen Liebig