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31. März 2020
Gefahrerhöhung und Mitteilung prämienrelevanter Angaben

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Gefahrerhöhung und Mitteilung prämienrelevanter Angaben

Relevanz und Erforderlichkeit

Das OLG Karlsruhe verwarf die Verpflichtung unter AGB-rechtlichem Gesichtspunkt als nicht klar und verständlich und damit unwirksam. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne nämlich nicht erkennen, welche Angaben für die Prämienberechnung erstens überhaupt relevant und zweitens auch noch erforderlich seien. Es handle sich insoweit um interne Erkenntnisse des Versicherers. Diese würden sich dem Versicherungsnehmer auch nicht durch Regelbeispiele oder nach festgelegten Merkmalen in Abhängigkeit von der Form des Versicherungsschutzes erschließen. Auch die Einschränkung, dass diese Rechtspflicht nur „nach Aufforderung“ ausgelöst werde, ändere hieran nichts, denn der Wortlaut erlaube – wie im entschiedenen Fall geschehen – auch eine allgemein gehaltene, nicht konkret auf bestimmte risikorelevante Faktoren bezogene Aufforderung, deren Nichtbefolgung einschneidende Konsequenzen hinsichtlich des Versicherungsschutzes haben soll. Nachdem alle Sanktionen der ARB-Regelung an die Nichtbefolgung der (unwirksam vereinbarten) Auskunftspflicht anknüpfen, seien auch diese gegenstandslos.

Folgen der unwirksamen ARB

Regelmäßige, vom Gesetz angeordnete Folge der Unwirksamkeit einer AGB-Klausel ist der Rückgriff auf das durch die Klausel verdrängte gesetzliche Regime; hier das dargestellte der §§ 23 ff. VVG. Nachdem dieses aber den Versicherungsnehmer schlechter stellen würde als die unwirksame Regelung des Versicherers, kommt diese „Sanktion“ nach Ansicht des Gerichts zur Lückenfüllung nicht in Betracht. Die § 11 Abs. 3 ARB 2010 entsprechende Regelung falle demzufolge ersatzlos weg und es verbleibe der § 11 Abs. 1 ARB 2010 entsprechende Mechanismus, wonach Gefahrerhöhungen erlaubt und mitversichert sind – gegebenenfalls gegen höhere Prämie. Dass der Versicherer bei Nichtanzeige einer Gefahrerhöhung auf die Mehrprämie verwiesen sei und nicht kündigen oder sich auf Leistungsfreiheit berufen könne, habe er als Verwender einer unwirksamen Klausel hinzunehmen.

Das Gericht zeigt auch eine Lösung für die künftige risikoadäquate Prämienberechnung durch die Versicherer auf: Der Versicherungsnehmer sei nämlich unabhängig von der als unwirksam verworfenen ARB-Regelung im Rahmen der vertraglichen Treuepflicht gehalten, auf eine konkrete Anfrage vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen.

Das Gericht versieht sein Ergebnis auch noch mit einer interessanten Hilfsbegründung: Selbst die Wirksamkeit der ARB-Regelung unterstellt, komme der sich auch noch auf der Rückseite einer Prämienrechnung findenden verharmlosenden „Bitte“ um Prüfung und Mitteilung nicht der Charakter einer nachdrücklichen, ihre Wichtigkeit erkennbar machenden „Aufforderung“ zu, wie sie die ARB verlangen. Höflichkeit kann also auch einmal schädlich sein.

Hat ein Kunde also Schwierigkeiten beim Erhalt einer Kostendeckungszusage wegen angeblich pflichtwidrig nicht erteilter Auskünfte zur Prämienkalkulation oder sieht er sich aus diesem Grund mit einer Kündigung des Rechtsschutzversicherungsvertrags konfrontiert, könnte das OLG Karlsruhe ihm womöglich starke Gegenargumente an die Hand geben.

Steine statt Brot wären den Versicherungsnehmern indes gegeben, wenn die Rechtsschutzversicherer infolge dieser Rechtsprechung in neuen Klauselwerken schlicht auf den Versuch einer Besserstellung ihrer Kunden verzichten würden.

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Bild: © pict rider – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dr. Christian Völker