Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft
Denn die Auswirkungen für die Unternehmen sind erheblich. Die neue GOÄ verändert grundlegende Abrechnungssystematiken und Kalkulationsgrundlagen. Mit dem Wegfall der Faktorsteigerungen und der Einführung von Erschwerniszuschlägen ergeben sich weitreichende Implikationen für die Produktentwicklung: Tarifmodelle, die bislang auf festen Multiplikatoren basierten, müssen neu konzipiert und Kalkulationen angepasst werden. Parallel dazu gilt es, die finanziellen Effekte der neuen GOÄ auf die Leistungsausgaben zu simulieren und die Leistungspolitik gezielt danach auszurichten. Begleitprognosen von Bundesärztekammer und PKV-Verband gehen von einem Ausgabenanstieg von rund 13,2% über drei Jahre aus.
Mit der neuen GOÄ verändern sich auch die Strukturen in der Leistungsbearbeitung: Arztrechnungen werden künftig anders aussehen, was Anpassungen bei der technischen Auslese von Belegen und der Dunkelverarbeitung erforderlich macht. Inputmanagement und Regelwerke müssen überarbeitet werden, um eine reibungslose Verarbeitung eingereichter Belege sicherzustellen. Gleichzeitig sind organisatorische Veränderungen unvermeidlich: Mitarbeitende, die die bisherige GOÄ über Jahrzehnte verinnerlicht haben, müssen sich auf neue Spielregeln einstellen – mit Konsequenzen für Bearbeitungsprozesse und Wissensmanagement.
Vermittler werden Veränderungen durch den Wegfall der Faktorsteigerungen spüren – die heutige Tariflandschaft orientiert sich zumeist an Erstattungsgrenzen nach 2,3- oder 3,5-fachem Satz oder unbegrenzten Erstattungen. Diese Systematik wird mit der neuen GOÄ wegfallen und somit eine Veränderung der Tarife erfordern – und damit eine wesentliche Veränderung in der Kundenberatung.
Vorbereitungen haben bereits begonnen
Die beschriebenen Anpassungen sind nur ein Ausschnitt dessen, was auf die Branche zukommt. Viele Versicherer reagieren bereits: Sie analysieren systematisch die möglichen Auswirkungen auf ihr Geschäft, prüfen laufende (Produkt-)Entwicklungen und stoßen bei Bedarf gezielte Anpassungen an. Auch Vermittler verfolgen die Entwicklungen aufmerksam und behalten Zeitplanung und mögliche Änderungen genau im Blick. So haben sie die Möglichkeit, ihren Kunden einen Informationsvorsprung zu verschaffen – etwa bei potenziellen Tarifveränderungen in der Krankenvollversicherung und ausgewählten Zusatzversicherungen, die mit veränderten Erstattungsprinzipien einhergehen könnten. Gleichzeitig bietet sich für Vermittler die Chance, sich durch fundierte Beratung zu positionieren. Übergeordnetes Ziel bleibt, Risiken frühzeitig zu erkennen und Handlungsspielräume zu sichern.
Fazit: Handeln trotz Unsicherheit
Die GOÄ-Novelle ist längst kein Zukunftsthema mehr. Sie wird tiefgreifende Veränderungen für Versicherer, Vermittler, Beihilfeträger, Ärzte und Patienten mit sich bringen. Auch wenn immer noch Unsicherheit bezüglich der Novellierung der GOÄ mitschwingt und der Zeitpunkt des Inkrafttretens noch offen ist, wächst der Handlungsdruck – bereits für 2027 ist eine Einführung denkbar, so ist es aus der Branche zu vernehmen. Wer sich jetzt vorbereitet, reduziert Risiken und legt den Grundstein für einen reibungslosen Übergang. Entscheidend ist, die neuen Rahmenbedingungen frühzeitig zu durchdringen – denn wenn der Startschuss fällt, wird die Zeit knapp werden.
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