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23. Februar 2022
Haftet der Versicherungsmakler für die Bonität des Versicherers?

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Haftet der Versicherungsmakler für die Bonität des Versicherers?

Fall 1 vor dem OLG Stuttgart

Im Jahr 2021 hatten sich verschiedene Gerichte mit der Frage zu befassen, ob der Versicherungsmakler als treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers auch verpflichtet ist, die Bonität des Versicherers zu überprüfen. Bejaht hat dies beispielsweise das OLG Stuttgart in einem Urteil vom 15.03.2021 (Az.: 7 U 110/20). In dem dortigen Verfahren war es dem Versicherungsmakler verborgen geblieben, dass an dem vom Versicherungsmakler betreuten Versicherungsvertrag als Teil eines Konsortiums von Versicherern auch die BVAG beteiligt war. Mangels Kenntnis von den beteiligten Versicherern konnte der Versicherungsmakler auch keine Bonitätsprüfung durchführen. Hierin sah das OLG Stuttgart grundsätzlich eine Pflichtverletzung des Versicherungsmaklers. Zu den Pflichten des Maklers zähle nämlich auch, die Veröffentlichungen der BaFin sowie die einschlägigen Pressemitteilungen zu verfolgen und diese auf etwaigen Handlungsbedarf in Bezug auf bestehende Versicherungsverhältnisse zu überprüfen. Aus diesen Presseberichten wäre bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles die mangelnde Bonität des Versicherers ersichtlich gewesen.

Dem Versicherungsmakler gelang es dennoch, die gegen ihn gerichtete Schadensersatzforderung des Versicherungsnehmers abzuwehren. Nach Ansicht des OLG Stuttgart war die mangelnde Bonitätsprüfung des Versicherungsmaklers für den späteren Schadeneintritt nicht kausal. Ferner waren etwaige Schadensersatzansprüche nach Auffassung des OLG Stuttgart auch bereits verjährt.

Fall 2 vor dem OLG Saarbrücken

Auch das OLG Saarbrücken hatte sich 2021 mit der Frage der Haftung des Versicherungsmaklers für die Bonität des Versicherers auseinanderzusetzen. Anlass war die Vermittlung einer Wohngebäudeversicherung eines Liechtensteiner Versicherers durch einen Makler.

Der Versicherungsmakler hatte dabei eine Wohngebäudeversicherung mit Allgefahrendeckung vermittelt. Dieser Versicherungsvertrag ersetzte eine vorher bereits bestehende Wohngebäudeversicherung. Lediglich das Beratungsprotokoll enthielt einen klein gedruckten Hinweis auf die in Liechtenstein ansässige Versicherungsgesellschaft als „Risikoträger“. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Liechtensteiner Versicherers und dem Eintritt des Versicherungsfalles verlangte der Versicherungsnehmer Schadensersatz von seinem Versicherungsmakler wegen einer Beratungspflichtverletzung. Der Vorwurf: Der Makler habe die Bonität des Versicherers nicht hinreichend geprüft.

Hinweispflicht des Maklers

Das OLG Saarbrücken bejahte mit Urteil vom 05.03.2021 (Az.: 5 U 37/20) eine Hinweispflicht des Versicherungsmaklers. Das Gericht war überzeugt, dass der Versicherungsmakler nicht angemessen verdeutlicht habe, dass sich der von ihm vorgelegte Antrag auf Abschluss einer Gebäudeversicherung an einen weithin unbekannten, im Ausland ansässigen, der dortigen Insolvenzsicherung unterstehenden Risikoträger richtete. Dies hätte unter Umständen eine Haftung des Versicherungsmaklers begründen können.

Gleichwohl hatte der Versicherungsnehmer mit seiner Klage keinen Erfolg, da auch in diesem Fall kein kausaler Schaden für das Gericht erkennbar war. Der Versicherungsnehmer konnte sich nämlich im Verfahren nicht eindeutig dazu erklären, ob er auch in Kenntnis des Risikoträgers an seinem bisherigen Vertrag ohne ausreichende Deckung festgehalten oder besseren Versicherungsschutz bei einer anderen Gesellschaft gesucht hätte.

Fazit

Die vorgenannten Entscheidungen des OLG Stuttgart und des OLG Saarbrücken zeigen erneut, wie weitreichend Gerichte die Beratungs- und Hinweispflichten von Versicherungsmaklern sehen. Beide Gerichte bejahten Aufklärungspflichten des Versicherungsmaklers bezüglich der Bonität des Versicherers. Allerdings traten in beiden Konstellationen Besonderheiten auf, die zum Entstehen der Aufklärungspflicht führten. Im Fall des OLG Stuttgart war das die bestehende negative Berichterstattung und im Fall des OLG Saarbrücken der Umstand, dass es sich um einen ausländischen Versicherer handelte.

Inwieweit sich eine Aufklärungspflicht des Versicherungsmaklers für die Bonität des Versicherers auch außerhalb solcher besonderer Einzelfälle in der Rechtsprechung durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Allerdings sollten Versicherungsmakler sensibilisiert sein, dass Gerichte durchaus Hinweispflichten des Versicherungsmaklers in Bezug auf die Bonität des Versicherers bejahen können.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2022, S. 106 f., und in unserem ePaper.

Bild: © magele-picture – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Jens Reichow