Die Bundesregierung plant offenbar ein Gesetzespaket, das die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Lebensversicherung umfassendes reformiert. Insbesondere soll die hälftige Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven der Versicherer abgeschafft werden. Der Großteil der Reserven soll stattdessen bei den Versicherungsunternehmen bleiben. Die Versicherten sollen dagegen an den tatsächlichen Überschüssen künftig zu 90% statt wie bisher zu 75% beteiligt werden.
Zudem ist geplant, den Garantiezins von aktuell 1,75% ab 2015 auf 1,25% zu senken und die Versicherungsaufsicht zu verschärfen. Des Weiteren ist eine Obergrenze für Provisionen im Gespräch und Makler sollen außerdem ihre Provisionen zukünftig detailliert ausweisen müssen. Zu guter Letzt soll die Verteilung der Gewinne zwischen Kunden und Aktionären der Lebensversicherer geändert werden. Beteiligungen der Versicherten sollen im Vergleich zu Dividenden an Priorität gewinnen. Steht die Erfüllbarkeit von Garantiezusagen infrage, darf laut dem Parlamentarischen Staatssekretär im Finanzministerium Michael Meister keine Dividenden mehr gezahlt werden. Die Aufsichtsbehörde BaFin soll dabei ein Ausschüttungsverbot erlassen können, wenn Garantiezusagen in Gefahr geraten.
Was bedeuten die Pläne für die Versicherer?
Die meisten Lebensversicherer begrüßen die Pläne, vor allem in Bezug auf die Ausschüttung der Bewertungsreserven. „Ich hoffe sehr, dass wir die Änderung bekommen“, sagte Dr. Markus Faulhaber, Vorstand Leben der Allianz, unter Verweis darauf, dass die Bewertungsreserven künftig in einem „fairen Verfahren“ innerhalb des Kollektivs ausgeschüttet werden könnten.
Die Ausschüttung der Bewertungsreserven ist für die Versicherer deshalb problematisch, weil sie vorerst nur auf dem Papier stehen. Eine 1990 ausgegebene Bundesanleihe mit 30 Jahren Laufzeit notiert derzeit etwa bei über 150% ihres Ausgabepreises. Damit würde ein Versicherer, der sie besitzt auf einer stillen Reserve von mehr als 50% sitzen. Am Laufzeitende werden ihm aber nur 100% des Ausgabepreises zurückgezahlt. Hält die Versicherung den Titel bis zum Ende, macht sie daher durch den An- und Verkauf keine Gewinne. Dr. Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, verweist darauf, dass ein politischer Begleitschutz gerechtfertigt wäre. Schließlich habe die Politik bewusst Marktkräfte ausgesetzt um das Niedrigzinsumfeld zu schaffen, das erst zu den hohen zwischenzeitigen Bewertungsreserven geführt hat.
Buchgewinne auf Aktien oder Immobilien sollen von der Neuregelung nicht betroffen sein, da hier dauerhafte Wertzuwächse möglich sind, an denen die Versicherungskunden ohnehin laut Bundesverfassungsgericht beteiligt werden müssen.
Was bedeuten die Pläne für Vermittler?
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) warnt davor, die Provisionen der Versicherungsvermittler zu deckeln und die Stornohaftungszeiten zu verlängern, wie es die Versicherer bereits im August 2013 vorgeschlagen haben. „Es ist absolut nicht nachvollziehbar, warum gerade Versicherungsvermittler, die mit ihrer sozial- und gesellschaftspolitisch unverzichtbaren Tätigkeit maßgeblich zu dem hohen Absicherungsniveau in Deutschland beigetragen haben, dafür Einkommensverluste zugunsten der Versicherungsunternehmen und eine Verlängerung der Stornohaftzeit hinnehmen sollten“, wehrt sich BVK-Präsident Michael H. Heinz.
Mit dem beabsichtigten Gesetz könnte nach Ansicht des BVK erneut in die unternehmerische Freiheit der Vermittler eingegriffen und eklatant gegen den Grundsatz der Privatautonomie verstoßen werden. Schon 2012, als die Vermittler eine Deckelung der Provisionen bei der Vermittlung privater Krankenversicherungen hinnehmen mussten, habe der Verband prognostiziert, dass diesem Sündenfall weitere folgen werden. Ebenfalls problematisch wären für die Vermittler weiter sinkende Garantiezinsen, da sie das Produkt im Auge vieler Kunden unattraktiver machen, sprich die Vertriebschancen schmälern. Die Offenlegung der Provisionen auf Euro und Cent genau dürfte die Vertriebschancen ebenfalls nicht gerade steigern.
Was bedeuten die Pläne für die Kunden?
Für Kunden, deren Policen bald enden, würden die diskutierten Reformen nach Berechnungen von Verbraucherschützern deutlich geringere Zahlungen zur Folge haben. Axel Kleinlein, sieht in dem Reformpaket insgesamt einen Schlag in das Gesicht der Verbraucher. „Nicht den Versicherern geht es schlecht, sondern den Kunden“, sagte der Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BdV) der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Kleinlein stört sich auch daran, dass die Reformen offenbar noch am Tag der Beschlussfassung in Kraft treten sollen. Auf diese Weise hätten die Kunden keine Chance mehr, die hälftige Beteiligung an den Bewertungsreserven zu retten, indem sie ihre Versicherung vorzeitig kündigen. Ein solches Vorgehen sei im Sinne des Verbraucherschutzes „ein Unding“. Positiv für die Versicherten sei dagegen die Erhöhung der Gewinnbeteiligung von 75 auf 90%. Versicherte, deren Verträge noch länger laufen, könnten dadurch sowie durch den Vorrang vor Dividenden profitieren.
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