Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) (LG) hat sich in einem aktuellen Urteil zu den Voraussetzungen der Tierhalterhaftung geäußert und dabei die Klage eines Mannes gegen eine Hundehalterin abgewiesen. Dem Mann, der sich durch eine von ihm festgehaltene Hundeleine schwer an der Hand verletzt hat, stehen damit keine Schadensersatzansprüche zu.
Hundeleine verletzt Finger eines Mannes schwer
Zu dem Unfall kam es, als der Mann Möbel zur Wohnung einer Hundebesitzerin lieferte. Nach einer Besprechung in der im 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung begaben sich der Mann und die Hundebesitzerin gemeinsam in den Aufzug. Als sich die Aufzugstüren schlossen, befand sich jedoch der angeleinte Hund der Frau noch außerhalb des Aufzuges. Der Mann nahm der Hundebesitzerin die Leine aus der Hand und löste die noch eingestellte Ausziehsperre. Die Frau, die sofort den Knopf für das 1. Obergeschoss gedrückt hatte, stieg dort aus, begab sich zurück in das 2. Obergeschoss und nahm dem Hund die Leine ab.
Der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung, als die Frau plötzlich einen Schrei vernahm. Der Mann hatte die dünne Nylon-Leine weiter in der Hand gehalten und versucht, diese so durch die Aufzugstür zu lenken, dass es nicht zu einer Stockung kommen würde, bis der Hund befreit wäre. Als das Ende der Leine erreicht war, wurden ihm die vorderen Glieder dreier Finger abgetrennt. Zwei davon konnten operativ wieder rekonstruiert werden, bei einem Fingerglied war dies leider nicht möglich. Der Mann ist seither arbeitsunfähig.
Gericht: Es fehlt an der spezifischen Tiergefahr
Nach der Auffassung des Mannes sei die Frau als Hundebesitzerin für seine Verletzungen verantwortlich. Schließlich habe er die Verletzungen bei seinen instinktiven Rettungsbemühungen erlitten.
Dies sah die zuständige Kammer des LG jedoch anders. Nicht jede Beteiligung oder Anwesenheit eines Tieres bei einem Schadensgeschehen führe auch zur Einstandspflicht des Tierhalters. Letztlich sei der Schaden nämlich nicht durch das Tier, sondern durch den Aufzug und dessen fortgesetzte Fahrt entstanden. Der Hund sei lediglich angeleint gewesen und habe keinen Beitrag zum Eintritt der Verletzung geleistet. Auch wenn der Unfall im Hinblick auf die vermeintlich notwendige Rettung des Hundes geschehen sei, habe sich hierbei nicht die sogenannte „spezifische Tiergefahr“ realisiert, stellten die Richter klar.
Darüber hinaus sei der Hund im Zeitpunkt der Verletzung bereits abgeleint gewesen. Die Tierhalterin hafte auch nicht aus anderen Gründen für die eingetretenen Verletzungen, insbesondere habe sie den Unfall nicht verschuldet, so die Kammer. Dass es zu diesen Verletzungen kommen würde, habe sie in keinem Fall vorhersehen können.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht in Zweibrücken eingelegt. (as)
LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 13.07.2023 – Az. 7 O 4/23
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