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2. Mai 2024
Im Gespräch mit der Ombudsfrau für Versicherungen

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Im Gespräch mit der Ombudsfrau für Versicherungen

Zum 01.04.2024 hat Frau Dr. Sibylle Kessal-Wulf die Aufgabe der Ombudsfrau für Versicherungen übernommen. Was hat sie sich vorgenommen? Und welche Auswirkungen hat z. B. die Digitalisierung auf die Beschwerden, die in der Ombudsstelle eingehen? Die neue Ombudsfrau gibt Auskunft.

Interview mit Dr. Sibylle Kessal-Wulf, Ombudsfrau für Versicherungen
Frau Dr. Kessal-Wulf, Sie wechseln vom Bundesverfassungsgericht zur Ombudsstelle. Was hat Sie zum Wechsel bewogen?

Als Richterin bin ich mit Streitentscheidung, aber auch mit Streitschlichtung befasst gewesen. Da jeder Zivilrichter nach der Zivilprozessordnung die Aufgabe hat, nach Möglichkeit den Rechtsstreit gütlich beizulegen, interessiert mich dieser Aspekt der Tätigkeit in einer Schlichtungsstelle ganz besonders. Zudem freue ich mich darauf, das unbürokratische, effektive und schnelle privat organisierte Streitbeilegungsverfahren mitgestalten zu können.

Sie sind die erste Frau in der Rolle – ist dies für Sie von Bedeutung?

Der Begriff „Ombud“ stammt aus dem skandinavischen Sprachraum und bedeutet Bevollmächtigter bzw. Treuhänder. Dort wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Institution Ombudsmann als unabhängige Vertrauensperson mit der Aufgabe initiiert, Beschwerden über die Verwaltung nachzugehen und so vor behördlicher Willkür zu schützen. Dieser Grundgedanke, eine Persönlichkeit zu beauftragen und mit Kompetenzen auszustatten, damit sie in bestimmten Bereichen einer als ungerecht empfundenen Entscheidung nachgehen kann, findet sich auch in der Satzung des Vereins Versicherungsombudsmann wieder. Es geht allein darum, bei seiner Tätigkeit diesem Grundgedanken gerecht zu werden. Ob die Aufgabe von einem Mann oder einer Frau übernommen wird, spielt aus meiner Sicht keine Rolle.

Die Digitalisierung hat auch in der Versicherungsbranche in den letzten Jahren rasant an Fahrt aufgenommen. Der digitale Vertrieb nimmt zu, künstliche Intelligenz hat in den Unternehmen Einzug gehalten. Kommen dadurch neue Beschwerden auf bzw. verändern sich die Probleme der Verbraucher?

Der digitale Vertrieb ist seit Jahren etabliert und wird von den Versicherungsnehmern zunehmend genutzt. Dabei kommt es nicht in signifikanter Weise zu neuen Problemen, sondern bestehende Probleme treten deutlicher hervor. Um ein Beispiel zu geben: In der Kfz-Versicherung führt die Komplexität der Tarifierungsmerkmale und insbesondere das System der Schadenfreiheitsklassen, das von Versicherer zu Versicherer verschieden sein kann, wegen der möglichst einfach gehaltenen Antragsfragen häufig zu Missverständnissen. In der Regel wird über die Antragsmaske die Schadenfreiheitsklasse abgefragt, die der Vertrag beim bisherigen Versicherer hatte oder in die er dort für das nächste Versicherungsjahr eingestuft werden soll. Ist aber zum Beispiel in dem noch laufenden Jahr ein Schadenfall eingetreten oder ein unter Umständen schon vor Jahren regulierter Schaden rabattgeschützt gewesen, dann entspricht die dem Antrag zugrunde gelegte Schadenfreiheitsklasse nicht der tatsächlichen. Es kommt dann, nachdem der Nachversicherer die Bestätigung vom Vorversicherer über den tatsächlichen Schadenverlauf erhalten hat, zu einer Rückstufung. Diese bedingungsgemäß zulässige Rückstufung erfolgt manchmal Monate später und der Versicherungsnehmer, der nicht mehr mit Änderungen gerechnet hat, ist verärgert. Aus Verbrauchersicht wäre es wünschenswert, wenn im Rahmen der Antragstellung auf solche etwaigen Probleme hingewiesen würde.

Daneben ist in der Kfz-Versicherung auffälliger als früher, dass bei einem Versichererwechsel die Kommunikation der Unternehmen zu den Schadenfreiheitsklassen störanfälliger geworden ist. Schon kleine Abweichungen bei den Namen führen automatisch zu negativen Rückmeldungen, oder Versichererwechsel werden nicht registriert. Der Versicherungsnehmer kann nicht eingreifen, muss aber unter Umständen einen höheren Beitrag zahlen. Oder er verweigert die höhere Beitragszahlung, gerät in Verzug und verliert den Versicherungsschutz. Nicht selten muss im Schlichtungsverfahren dann aufwendig geklärt werden, an welcher Stelle der Fehler liegt und wie er bereinigt werden kann.

Dass neben der offensichtlichen Digitalisierung der Prozesse bereits KI eine wesentliche oder zusätzliche Rolle spielt, ist aus den Beschwerdeverfahren bisher nicht erkennbar. Vorstellbar ist aber ein Einsatz bei der Schadenmeldung oder bei der Betrugsaufdeckung, ohne dass zum jetzigen Zeitpunkt gesagt werden könnte, dass dies zu einer erheblichen Veränderung des Beschwerdeaufkommens und der Beschwerde-inhalte geführt hat oder führen wird. Auch der Datenschutz dürfte von dieser Entwicklung betroffen sein. Allerdings sind datenschutzrechtliche Belange primär nicht Prüfungsgegenstand im Schlichtungsverfahren, sondern vertragliche Ansprüche.

 
Ein Interview mit
Dr. Sibylle Kessal-Wulf

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 03. Mai 2024 - 10:40

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