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27. November 2025
Immobilienmarkt: „Rückkehr in den Wachstumsmodus“
Immobilienmarkt: „Rückkehr in den Wachstumsmodus“

Immobilienmarkt: „Rückkehr in den Wachstumsmodus“

Wie präsentiert sich der Immobilienmarkt 2025 im Rückblick und was hat sich am Markt für Baufinanzierung getan? Wie sind die Erwartungen für 2026 und welche Rolle spielt KI dabei? AssCompact hat Stefan Münter, Co-CEO und Vorstand von Europace, um Einschätzungen gebeten.

Interview mit Stefan Münter, Co-CEO und Vorstand der Europace AG
Herr Münter, im zurückliegenden Jahr befand sich der Immobilienmarkt wieder im Aufwind. Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus?

Wir sehen eine deutliche Stabilisierung am Markt: Die Nachfrage nach Wohneigentum steigt spürbar, getrieben durch einen vielerorts überhitzten Mietmarkt mit Neuvertragsmieten, die jährlich um 5 bis 6% zulegen, während die Einkommen solide wachsen. Trotz weiterhin gemischter gesamtwirtschaftlicher Lage hellt sich die Stimmung auf. Zwar ist das Vorkrisenniveau noch nicht vollständig erreicht, wir sehen aber mehrere Quartale in Folge Preissteigerungen – ein sehr klares Signal. Für 2025 erwarten wir ein Finanzierungsvolumen von über 230 Mrd. Euro und für 2026 mehr als 250 Mrd. Euro. In Summe sprechen wir über eine nachhaltige Rückkehr in den Wachstumsmodus.

Wie haben sich denn die Preise im Neubau und im Bestand zuletzt entwickelt?

Wir sehen eine moderate, aber stabile Preissteigerung. Besonders interessant ist die Segmentbetrachtung:

  • Eigentumswohnungen: relativ stabil, leichte Zuwächse
  • Einfamilienhäuser (neu & Bestand): spürbar stärkerer Anstieg
  • Energetisch schwache Bestände: weiterhin deutlicher Preisabschlag
  • Städtische Ballungsräume: Preisauftrieb durch strukturelle Knappheit

Die größte Dynamik kommt aktuell von Selbstnutzern, die wegen der Mietkosten und fehlender Alternativen in Eigentum wechseln. Dieser Trend ist langfristig – und kräftig.

Wie sieht es auf Verkäufer- und Käuferseite aus?

Die Marktkräfte verschieben sich eindeutig Richtung Verkäufer. Die Nachfrage ist stabil und das Angebot bleibt knapp – vor allem, weil wir 2022 bis 2024 sehr geringe Baugenehmigungszahlen hatten. In vielen deutschen Großstädten wird weiterhin viel weniger gebaut, als eigentlich nötig wäre.

Das führt dazu, dass

  • Verhandlungsspielräume kleiner geworden sind,
  • gute Lagen kaum noch Nachlässe bieten,
  • nur energetisch schlechte Objekte mit Abschlägen durchsetzbar sind und
  • Eigentümer tendenziell wieder eine stärkere Position haben.

Diese Entwicklung wird uns nach heutiger Datenlage noch mehrere Jahre begleiten.

Ist nach wie vor also ein guter Zeitpunkt für den Immobilienkauf?

Der Zeitpunkt zum Immobilienkauf ist weiterhin gut. Interessenten sollten schauen, ob die Bedingungen für sie passen und dann nicht zu lange zögern. Denn die Preise werden in absehbarer Zeit nicht fallen und auch bei den Zinsen rechnen wir nicht mit einem deutlichen Rückgang.

Auch speziell im Bereich Immobilienfinanzierung war eine Belebung am Markt zu spüren. Wie war die Entwicklung über das Jahr betrachtet?

Wir haben 2025 eine hohe und stabile Nachfrage nach Finanzierungen erlebt – gleichzeitig aber, gerade im Neubau, ein weiter schrumpfendes Objektangebot. Wir befinden uns 2025 trotz aller Unsicherheiten im dritt- oder viertbesten Baufi-Markt der letzten zehn Jahre. Das wird oft unterschätzt.

Die Finanzierungszinsen haben sich in den vergangenen Monaten als relativ stabil gezeigt. Wird die Seitwärtsbewegung Ihrer Einschätzung nach auch im neuen Jahr anhalten?

Davon ist aus heutiger Sicht auszugehen. Wir erwarten keine starke Zinsreduktion, keinen deutlichen Anstieg und mittelfristig ein leicht höheres Niveau, weil Staaten höhere Kapitalbedarfe haben. Wer heute finanziert, erhält Planungssicherheit. Wer lange wartet, riskiert höhere Zinsen.

Lassen Sie uns noch näher auf die neuen Entwicklungen der Europace Plattform eingehen. Sie haben im Frühjahr ein neues Datenportal zur privaten Immobilienfinanzierung gestartet. Können Sie uns mehr dazu erläutern?

Unser Datenportal liefert erstmals einen durchgängigen Längsschnitt über 20 Jahre – von 2003 bis heute – mit allen relevanten Baufi-Kennzahlen. Damit werden präzisere, schnellere und transparentere Analysen möglich und wir legen damit das Fundament für faktenbasierte Entscheidungen in einer sich wandelnden Branche. In einer Zeit, in der KI-Systeme zunehmend kontextfähiger werden, ist hochwertige Datenbasis der entscheidende Produktionsfaktor. Unser Portal schafft genau diesen Unterbau.

Außerdem haben Sie im Sommer Europace One, ein Abo-Modell für Finanzierungsberatende, gelauncht. Welche Vorteile bietet Europace One?

Das Feature-Abonnement für Beratende bündelt die fünf stärksten Features wie den Europace Rechner oder der Kontoübersicht. Besonderes Highlight ist außerdem die integrierte, portalübergreifende Immobiliensuche von Ampr – denn Verbraucher:innen sehen Immobilie und Finanzierung als Einheit, weshalb die Suche nach einem Objekt und einem Kredit idealerweise parallel erfolgt. Mit dem Modell reagieren wir auf den zunehmenden Effizienzdruck und die steigenden Erwartungen an digitale, nahtlose Prozesse. Statt vieler Einzellösungen bietet Europace One ein flexibles und skalierbares System aus einer Hand.

Wie weit ist denn die Digitalisierung inzwischen im Finanzierungsbereich fortgeschritten?

Wir sind weit – aber auf dem Sprung in eine völlig neue Phase. KI erledigt bald vollständige Prozessketten, Medienbrüche werden verschwinden und Kunden werden ihr Finanzierungsangebot über KI interpretieren lassen. Berater werden mehr vorkonfigurierte Finanzierungsvorschläge erhalten und wir werden schließlich sehen, dass Systeme mehr und mehr über semantische Interaktion sprechen. Gleichzeitig gilt bei einer der wichtigsten und größten Transaktionen im Leben: Der Mensch bleibt zentral. Beratung wird persönlicher, wertiger, aber anders. Die Zukunft der Baufinanzierung ist „Agent First”. Das ist keine Vision – das beginnt jetzt.

Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf das kommende Jahr?

Unsere Erwartung für 2026 ist klar: Ein weiterer moderater Preisanstieg, stabile Zinsen, hohe Nachfrage – und anhaltende Angebotsknappheit, insbesondere im Neubau. Kurz: Wir gehen in ein dynamisches, aber herausforderndes Jahr – mit weiter steigender Eigentumsorientierung und wachsender Bedeutung digitaler, agentenbasierter Systeme.

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