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31. August 2023
Insolvenzantragspflicht: Diese neue Regeln gelten ab 01.09.

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Insolvenzantragspflicht: Diese neue Regeln gelten ab 01.09.

Vereinfachte Methode mit Risiken

„Daran ändert auch nichts, dass der BGH im Sommer 2022 in einer Leitsatzentscheidung eine vereinfachte Methode zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ermöglicht hat, die jedoch für Unternehmen und gerade auch für Geschäftsleiter durchaus mit Risiken verbunden ist“, erläutert Höge. Nach der BGH-Entscheidung ist es möglich, an mehreren Stichtagen innerhalb eines dreiwöchigen Zeitraumes jeweils einen vereinfachten Liquiditätsstatus zu erstellen. In diesem vereinfachten Status, der dem ersten Schritt der erweiterten Liquiditätsbilanz entspricht, werden die am jeweiligen Stichtag konkret vorhandenen Geldmittel (Kasse, Bank und an dem Tag zufließende Gelder aus dem Einzug von Forderungen) und die konkret zum jeweiligen Stichtag fälligen und unbezahlten Verbindlichkeiten einander gegenübergestellt. Wenn sich an drei weiteren aufeinanderfolgenden Stichtagen innerhalb eines Drei-Wochen-Zeitraumes bei dieser Gegenüberstellung herausstellt, dass die Liquiditätslücke jeweils 10% oder mehr beträgt, gilt das Unternehmen sogar rückwirkend ab dem ersten Stichtag als zahlungsunfähig.

Ungewollte Insolvenzverschleppung und das Damoklesschwert der Haftung

Für Geschäftsleiter erhöht die vereinfachte Methode also das Risiko einer ungewollten, aber gleichwohl strafbaren Insolvenzverschleppung. Denn sie stellen dabei erst mit dem letzten Liquiditätsstatus nach drei Wochen fest, ob ihr Unternehmen bereits zum ersten Stichtag, also drei Wochen zuvor, zahlungsunfähig war. Es ist damit bereits ein beträchtlicher Zeitraum mit eingetretener Zahlungsunfähigkeit vergangen. Es kann daher sein, dass ein Geschäftsleiter erst am letzten Tag der Drei-Wochen-Frist erfährt, dass er zur Vermeidung von strafrechtlicher und zivilrechtlicher Haftung noch an diesem Tag einen Insolvenzantrag stellen muss, was angesichts der dafür notwendigen Zeit quasi unmöglich ist.

Das Risiko der vereinfachten Methode liege laut Höge zudem darin, dass sie tendenziell zu verkürzten Berechnungen führt, zukunftsgerichtete Finanzpläne als Instrumente des in der Krise gebotenen verschärften Controllings nicht einbezieht, einen Überhang an fällig werdenden Verbindlichkeiten nicht erkennen lässt und darüber hinaus kurzfristige Zahlungsstockungen nicht abbilden kann. Geschäftsleiter sollten daher auf der Grundlage der ordnungsgemäßen Buchführung weiterhin die erweiterte Liquiditätsbilanz einsetzen und die Finanzpläne berücksichtigen – gerade auch, um bei der Antwort auf die Frage „Zahlungsunfähig oder (noch) nicht?“ für ihr Unternehmen und sich selbst auf der sicheren Seite zu sein.

Fazit

Grundsätzlich gilt: Geschäftsleiter sollten eine notwendige Restrukturierung oder Sanierung rechtzeitig angehen, wenn ihr Unternehmen noch Reserven hat. Wenn Gegenmaßnahmen frühzeitig eingeleitet werden, bestehen bessere Chancen auf einen erfolgreichen und nachhaltigen Ausgang. Einfach abzuwarten und auf eine baldige Besserung der Konjunktur und der wirtschaftlichen Gesamtlage zu setzen, ist keine sinnvolle Strategie. Geschäftsleiter, deren Unternehmen sich in einer Krise befindet oder absehbar darauf zusteuert – was unter anderem an der zunehmenden Ausschöpfung der gewährten Kontokorrentlinien erkennbar ist – sollten auch eine Neuaufstellung mit Hilfe der Instrumente des Sanierungsrechts zumindest als Option ansehen.

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Bild: © Ralf Geithe – stock.adobe.com