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Steuern & Recht
25. Februar 2020
Ist ein Bundesland haftbar für seine fehlerhafte Gesetzgebung?

Ist ein Bundesland haftbar für seine fehlerhafte Gesetzgebung?

Hessen hatte eine unwirksame Mietpreisbegrenzungsverordnung erlassen. Daraufhin klagte ein Unternehmen gegen das Bundesland und forderte Schadensersatz. Das OLG Frankfurt am Main wies die Klage zwar ab, vor dem BGH könnte es jedoch ein Nachspiel geben.

Wenn eine neue Verordnung oder ein neues Gesetz erlassen wird, dürfen Bürger im Normalfall davon ausgehen, dass es sich dabei um Maßnahmen handelt, die mit dem geltenden Recht in Einklang stehen. Wenn das nicht der Fall ist und dem Bürger ein Schaden entsteht, liegt es nahe, dass er den Gesetzgeber haftbar machen kann. Doch ist das so?

Rechtsdienstleister sammelt Fälle

Ein Unternehmen hatte als Rechtsdienstleister zahlreiche Fälle von Mietern eingesammelt, die davon ausgingen, dass sie laut der 2015 vom Bundesland Hessen erlassenen Mietpreisbremse, zu viel Miete bezahlten. Große Teile der Stadt Frankfurt am Main waren im Zuge dessen als angespannter Wohnungsmarkt festgelegt worden. Laut der Mietpreisbremse hätte bei einer Nachvermietung maximal 10% mehr Miete verlangt werden dürfen als vor Ort üblich wäre. Diese Verordnung hielt jedoch einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht stand.

Schaden durch unwirksame Verordnung

Der Rechtsdienstleister hatte nach Aufhebung der Verordnung schließlich keine Fälle mehr, die er gegen die Vermieter durchsetzen konnte. Ihm bzw. seinen Kunden war seiner Ansicht nach durch die fehlerhafte und somit unwirksame Verordnung ein Schaden entstanden, den er mit einer Klage gegen das Land Hessen zurückforderte.

Landgericht weist Klage ab

Vor dem Landgericht Frankfurt am Main wurde die Klage abgewiesen. Das Gericht sah keine Amtspflichtverletzung mit drittschützender Wirkung gegeben. Daraufhin legte der Rechtsdienstleister Berufung beim OLG Frankfurt am Main ein.

Allgemeinwohlinteresse vorrangig

Das OLG wies die Berufungsklage ebenfalls zurück. Laut Ansicht des Gerichts bestünden grundsätzlich keine Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhafter Gesetzgebung. Der Gesetzgeber müsse beim Erlass von Rechtsverordnungen das Allgemeinwohlinteresse verfolgen. Dass durch ein Gesetz einzelne Bevölkerungsgruppen schlechter gestellt würden, um das Allgemeinwohlinteresse zu gewährleisten, müsse hingenommen werden.

Keine Einzelfallregelung

Eine Amtshaftung komme nur dann infrage, gab das Gericht an, wenn eine an Dritte gerichtete Amtspflicht verletzt werde. Dies sei hier nicht gegeben. Auch handele es sich nicht um eine Einzelfallregelung, die konkrete Einzelpersonen schlechter stelle.

Schadensersatz für enttäuschtes Vertrauen?

Das OLG Frankfurt beurteilte auch, ob dem Kläger aufgrund von enttäuschtem Vertrauen Schadensersatz zustehen könnte. Grundsätzlich sei es schließlich vorstellbar, dass sich Betroffene eine überteuerte Wohnung mieteten, bei der sie davon ausgingen, dass sie einen Teil der Miete aufgrund der Mietpreisbremse zurückfordern könnten.

Kein Vertrauen in die Verordnung

Ob dies jedoch möglich ist, wollte das Gericht nicht abschließend klären, da in der einschlägigen Rechtswissenschaft bereits früh Zweifel an der Rechtmäßigkeit der hessischen Mietpreisbremse aufkamen und dementsprechend kein Vertrauen in die Gültigkeit der Verordnung aufgebaut werden konnte. Inwiefern das Urteil jedoch Bestand haben wird, ist unklar. Die Revision zum BGH wurde zugelassen. (tku)

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.02.2020, Az.: 1 U 60/19

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