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13. November 2019
Kfz-Haftpflichtversicherung: Bitte anschnallen!

Kfz-Haftpflichtversicherung: Bitte anschnallen!

Ein verletzter Beifahrer hat nach einem Unfall grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz. Wenn er jedoch nicht angeschnallt war, trifft ihn eine Mitschuld an seinen Verletzungen. Eine Entscheidung, wie stark die Mitschuld den Schadensersatz mindert, hat das OLG Rostock in einem aktuellen Fall getroffen.

Als Beifahrer kommt man sich manchmal machtlos vor. Man selbst würde teilweise andere Entscheidungen treffen, als der eigentliche Fahrer, aber außer gut gemeinter – jedoch selten gut gemachter – Ratschläge, bleibt man passiv. Wenn es dann zu einem Unfall kommen sollte, hat man als Beifahrer Anspruch auf Schadensersatz, wenn man eine Verletzung davongetragen hat. Doch wie sieht es aus, wenn man sich nicht angeschnallt hat und die Verletzungen deshalb drastischer ausfallen? Dazu musste das Oberlandesgericht (OLG) Rostock ein Urteil fällen.

Zwei Schwerverletzte, ein Toter

Im konkreten Fall ging es um ein 16-jähriges Mädchen, das zu zwei Bekannten ins Auto gestiegen war. Im Zuge der Fahrt kam das Fahrzeug von der Straße ab und stieß mit einem Baum zusammen. Die Fahrerin und die 16-Jährige überlebten schwer verletzt, der andere Beifahrer verstarb noch am Unfallort.

30.000 Euro Schmerzensgeld für Schwerverletzte

Das Mädchen ist seit dem Unfall infolge eines schweren Schädel-Hirn-Traumas schwerbehindert und benötigt intensive Betreuung. Durch die Kfz-Haftpflichtversicherung der Fahrerin erhielt das Mädchen bisher ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro.

Mit der Klage vor dem Landgericht Rostock versuchte die Geschädigte ein höheres Schmerzensgeld zu erwirken. Sie forderte 320.000 Euro als Schadensersatz sowie eine Schmerzensgeldrente in Höhe von 500 Euro im Monat und den Ausgleich ihres Verdienstausfalls.

Klage vor dem Landgericht abgewiesen

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Landgericht Rostock wurde offenbar, dass die Klägerin auf der Rückbank jedoch nicht angeschnallt war, als der Unfall passierte. Hätte sie den Sicherheitsgurt ordnungsgemäß angelegt, hätte sie einen Großteil der erlittenen Verletzungen vermeiden können. Aus diesem Grund wurde ihrer Klage vor dem Landgericht nicht stattgegeben.

Entscheidung des OLG Rostock

Die Klägerin ging daraufhin in Berufung und zog vor das OLG Rostock, wo geklärt werden sollte, wie ein teilweises Mitverschulden der Verletzungen gewertet werden muss.

Das OLG Rostock erkannte die Forderungen der Anklage zu zwei Dritteln an. Entgegen dem erstinstanzlichen Urteil ging das OLG nicht davon aus, dass die Ansprüche der Klägerin mit den 30.000 Euro abgegolten seien. Laut Urteilsspruch ist die Mitverursachung des Unfalls nicht allein davon abhängig, welche Verletzungen aus dem nicht angelegten Sicherheitsgurt entstanden. Unter diesen Umständen hätte die Klägerin eine große Mitschuld getroffen. Stattdessen mahnt das Gericht eine Gesamtbetrachtung der Entstehung des Unfalls und des daraus resultierenden Schadens an. Daraus könne anschließend eine Mithaftungsquote ermittelt werden, um die etwaige Ansprüche dann zu kürzen sind.

In dem vorliegenden Fall hat das OLG die Mitverursachung folglich zu einem Drittel der Klägerin zugeordnet. Die Geschwindigkeitsüberschreitung der Unfallverursacherin wiege deutlich schwerer.

Die Überprüfung des Grundurteils durch den Bundesgerichtshof ist im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde möglich. (tku)

OLG Rostock, Urteil vom 25.10.2019, Az.: 5 U 55/17

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