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28. April 2022
Kfz-Versicherung bei „Nachtrunk“ nicht leistungspflichtig
Kfz-Versicherung bei „Nachtrunk“ nicht leistungspflichtig

Kfz-Versicherung bei „Nachtrunk“ nicht leistungspflichtig

Kommt es zu einem Unfall, ist eine Versicherung darauf angewiesen, umfassend über den Hergang informiert zu werden. Verstößt der Versicherungsnehmer dagegen, kann dies dazu führen, dass die Leistungspflicht entfällt, so das OLG Braunschweig in einer aktuellen Entscheidung.

Ein Versicherungsnehmer ist mit seinem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h gegen eine Laterne gefahren. Anstatt an der Unfallstelle zu warten, begab er sich zu seinem in der Nähe gelegenen Elternhaus. Seine Eltern nahmen die Polizeibeamten dann am Unfallort in Empfang. Die von der Polizei ca. 1,5 Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe des Unfallfahrers wies 2,79‰ auf. Der Mann behauptete diesbezüglich, nach dem Unfall 0,7l Wodka getrunken und sich schlafen gelegt zu haben.

Per Klage begehrte er den Ersatz der an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden sowie die Zahlung der Reparaturkosten für die Laterne. Die beklagte Versicherung lehnte dies aber aufgrund der erheblichen Alkoholisierung des Mannes ab. Den behaupteten „Nachtrunk“ des Wodkas erachtete sie nicht als plausibel.

LG sieht alkoholbedingte Fahruntauglichkeit

Das Landgericht Braunschweig (LG) wies die Klage des Versicherungsnehmers ab. Es sei aufgrund des gesamten Akteninhalts und der erhobenen Beweise von einer alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls auszugehen. Nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen bestehe danach kein Versicherungsschutz. Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Berufung ein und begründete sie damit, der seitens des Gerichts bestellte Gutachter habe letztendlich nicht ausschließen können, dass der Fahrer zum Zeitpunkt des Unfalls nüchtern gewesen sei.

OLG: Versicherungsnehmer zur Mithilfe bei Unfallaufklärung verpflichtet

Das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) sah nun aber keine Veranlassung, weiter aufzuklären, ob der Versicherungsnehmer das Fahrzeug alkoholisiert geführt habe, oder ob der hohe Blutalkoholwert auf einen „Nachtrunk“ zurückzuführen sei.

Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund des geltenden Versicherungsvertrages nebst den allgemeinen Versicherungsbedingungen nach Eintritt eines Versicherungsfalles verpflichtet sei, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadens diene. Die Auskunftspflicht erschöpfe sich dabei nicht nur in der bloßen Weitergabe von Informationen, sondern erfasse auch das Verhalten des Versicherten am Unfallort. So habe er beispielsweise den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu einem etwaigen Drogen- und Alkoholkonsum zu ermöglichen.

Der Versicherer muss laut OLG die Möglichkeit haben, sämtliche mit dem Schadenereignis zusammenhängenden Tatsachen, aus denen sich gerade auch eine Leistungsfreiheit ergeben könnte, zu überprüfen. Dies aber habe der Kläger im konkreten Fall mit seinem behaupteten „Nachtrunk“ vereitelt. Eine verlässliche Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zum Unfallzeitpunkt, die in diesem Fall am Unfallort routinemäßig zu erwarten gewesen wäre, sei so nicht mehr durchführbar gewesen.

Nachdem das OLG den Kläger auf seine tatsächliche und rechtliche Bewertung hingewiesen hatte, hat der Kläger seine Berufung gegen das landgerichtliche Urteil dann zurückgenommen. (ad)

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