Ein Artikel von René Jansen, Geschäftsführer INSURACON GmbH & Co. KG, und Andreas Vollmer, Vizepräsident im Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (BVK)
Künstliche Intelligenz hält Einzug in die Versicherungsbranche. Sie verspricht Effizienzgewinne, präzisere Analysen und Entlastung von Routineaufgaben. Doch ihr Wert bemisst sich nicht an technischen Möglichkeiten, sondern daran, wie sie eingesetzt wird. KI sollte die Arbeit von Vermittlern erleichtern und ihre Expertise stärken – nicht ihre Rolle infrage stellen. Nur so bleibt die persönliche Beratung, die im Kern des Maklerberufs steht, auch in einer digitalisierten Welt erhalten.
Pools als Partner – mit klaren Grenzen
Der Beitrag „Mit Pools und Verbünden die KI-Challenge meistern“ benennt zu Recht die Chancen, die Kooperationen für Makler bieten. Pools können den Einstieg in KI erleichtern, besonders für kleinere Betriebe, und technische Hürden abbauen. Gleichzeitig wirft diese Entwicklung Fragen auf, die einer differenzierten Betrachtung bedürfen.
Denn mit der Nutzung von Pool-Lösungen gehen nicht nur Vorteile einher, sondern auch strukturelle Abhängigkeiten. Je enger die Verflechtung mit einem Pool wird, desto schwieriger gestaltet sich ein späterer Wechsel: Datenmigration, Schnittstellenprobleme und unklare Eigentumsverhältnisse an Kundendaten können zu erheblichen Herausforderungen werden. Auf diese und weitere Abhängigkeiten macht der BVK seit vielen Jahren aufmerksam.
Entscheidend ist daher die Frage: Wer kontrolliert die Algorithmen, die auf Basis der Maklerdaten arbeiten? Wer profitiert von den Erkenntnissen, die aus diesen Daten gewonnen werden? Wenn KI-Systeme von Pools Cross-Selling-Empfehlungen für den Makler generieren, sollten diese auf neutralen Kriterien basieren – und nicht auf den Interessen des Pools oder einzelner Versicherer. Transparenz ist hier kein optionales Extra, sondern eine Grundvoraussetzung für vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Pools können wertvolle Partner sein. Doch diese Partnerschaft muss auf Augenhöhe gestaltet werden, mit klaren Regelungen zu Datennutzung, Algorithmen und Haftung.
Datenqualität: Die unsichtbare Grundlage
Künstliche Intelligenz ist nur so leistungsfähig wie die Daten, auf denen sie basiert. Viele Maklerbüros stehen hier vor einer grundsätzlichen Herausforderung: historisch gewachsene, oft fragmentierte Datenbestände. Dubletten, veraltete Informationen oder inkonsistente Formate führen dazu, dass KI-Systeme fehleranfällige Ergebnisse liefern – mit potenziell schweren Folgen für Beratungsqualität und Haftung.
Die Lösung kann nicht darin bestehen, diese Probleme einfach an externe Anbieter auszulagern. Vielmehr braucht es eine konsequente Datenhygiene im eigenen Haus: eine systematische Aufbereitung, Standardisierung und Pflege der Bestände. Nur so wird KI zu einem verlässlichen Werkzeug – und nicht zur Quelle neuer Risiken.
Haftung: Wer steht für KI-Entscheidungen ein?
Ein zentrales Dilemma bleibt oft unausgesprochen: Die rechtliche Verantwortung für KI-gestützte Beratung liegt beim Vermittler. Selbst wenn Pools Compliance-Unterstützung anbieten, ändert das nichts an der Haftungsfrage. Wenn eine KI fehlerhafte Empfehlungen generiert, stellt sich die Frage: Wer haftet? Der Algorithmus? Der Pool? Die Realität ist klar: der Makler.
Hier braucht es rechtlich verbindliche Regelungen, die Haftung und Transparenz klar zuweisen. Solange diese fehlen, bleibt die Nutzung externer KI-Lösungen ein kalkulierbares Risiko – aber eines, das jeder für sich abwägen muss.
Digitale Souveränität: Die eigentliche Herausforderung
Die Diskussion um KI darf sich nicht auf die Frage reduzieren, welchen externen Anbieter man wählt. Entscheidend ist, eigene Kompetenzen aufzubauen:
- Ein grundlegendes Verständnis dafür entwickeln, was KI leisten kann – und wo ihre Grenzen liegen.
- Die Hoheit über die eigenen Kundendaten sichern und bewusst entscheiden, wie sie genutzt werden.
- Strategische Partnerschaften eingehen, die auf Augenhöhe funktionieren und klare Vereinbarungen zu Datennutzung und Haftung beinhalten.
KI ist kein einfaches Werkzeug, das man „einfach einsetzt“. Sie ist ein strategischer Faktor, der Geschäftsmodelle langfristig prägt. Makler, die diese Transformation aktiv gestalten, werden nicht nur überleben, sondern gestärkt aus ihr hervorgehen.
Fazit: Eigenverantwortung als Schlüssel
Künstliche Intelligenz wird die Versicherungsvermittlung verändern. Ihr Nutzen hängt davon ab, wie wir sie einsetzen. Externe Lösungen wie Pools können den Einstieg erleichtern. Doch wer sich unreflektiert in Abhängigkeiten begibt, riskiert langfristig seine unternehmerische Freiheit.
Die europäische Regulierung setzt wichtige Rahmenbedingungen. Doch Verantwortung und Kompetenz bleiben bei den Maklern selbst. Wer heute in Datenqualität, KI-Verständnis und digitale Infrastruktur investiert, sichert sich morgen einen echten Wettbewerbsvorteil.
Die Zukunft gehört nicht denen, die ihre Daten teilen, sondern denen, die sie strategisch nutzen – zum Wohl ihrer Kunden und ihres eigenen Unternehmens.
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