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1. Juni 2021
Kleine Kinder bei Unfall im Straßenverkehr mitschuldig?

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Kleine Kinder bei Unfall im Straßenverkehr mitschuldig?

Fahrverhalten anpassen und Geschwindigkeit reduzieren

Der Fahrer hätte sein Fahrverhalten dementsprechend sofort anpassen müssen, nachdem er die Kinder im Straßenbereich wahrgenommen hatte. Außerdem hätte er den Unfall nach Überzeugung des Gerichts auch verhindern können, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hätte.

Fehlverhalten des Kindes führt nicht zu Mitverschulden

Zweifellos habe sich das Kind zwar ebenfalls falsch verhalten. Zum Beispiel hatte es beim Überqueren der Straße den vorfahrtsberechtigten Fahrzeugverkehr nicht ausreichend beachtet. Ein Mitverschulden sieht das OLG Celle dennoch nicht. Kinder könnten immerhin erst ab Vollendung des zehnten Lebensjahres für Unfälle im Straßenverkehr verantwortlich sein. Das nur unwesentlich ältere Kind sei nachvollziehbar überfordert gewesen, da es sich schon auf der Straße befand, als es das Fahrzeug wahrnahm. Die Entfernung und Geschwindigkeit des Fahrzeugs wiederum habe das Kind auch aufgrund der Dunkelheit falsch eingeschätzt und reflexhaft die falsche Entscheidung getroffen. Nämlich die, einfach der Gruppe hinterherzulaufen. Der Autofahrer hätte sich jedoch nicht darauf verlassen dürfen, dass das Kind die rational richtige Entscheidung trifft.

Schadensersatz höher als von Klägerin gefordert

Der Beklagte ist dementsprechend verpflichtet, der Klägerin ihren materiellen Schaden vollständig zu ersetzen. Außerdem hat das Gericht den Beklagten zu Schmerzensgeldzahlungen in Höhe von 35.000 Euro verpflichtet – ein Betrag, der weit über den ursprünglichen Forderungen der klagenden jungen Frau von 25.000 Euro lag. Das Gericht erhöhte den Betrag deshalb, weil neben den schweren Verletzungen und Dauerschäden aufgrund der Verletzungen im Genitalbereich auch die Risiken einer künftigen Schwangerschaft erhöht seien. Des Weiteren wird die junge Frau aufgrund ihres Alters voraussichtlich noch lange an den Verletzungsfolgen zu tragen haben. (tku)

OLG Celle, Urteil vom 19.05.2021 – 14 U 129/20

Bild: © LeslieAnn – stock.adobe.com

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