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27. November 2019
Lebensversicherer: Weniger ZZR, aber weiter Druck auf Ertragskraft

Lebensversicherer: Weniger ZZR, aber weiter Druck auf Ertragskraft

Die Korridormethode als neue Berechnungsmethodik für die Zinszusatzreserve hat temporär zu einer Entlastung der Rechnungszinsanforderungen geführt. Das ist eines der Ergebnisse des EKG-Checks, dem die Rating-Agentur Assekurata 74 Lebensversicherungsunternehmen jüngst unterzogen hat. Allerdings dürfte sich der Druck auf die Ertragskraft der Branche im Niedrigzinsumfeld kurzfristig wieder erhöhen, so die Analysten.

Erneut hat die Rating-Agentur Assekurata den Ertragskraft-Garantie-Check (EKG-Check) der deutschen Lebensversicherer durchgeführt und dabei zahlreiche Kennzahlen zu Ertrag, Sicherheit und Bestand von 74 Lebensversicherern untersucht. Ein Ergebnis ist, dass die geänderte Berechnungsmethodik für die Zinszusatzreserve – die sogenannte Korridormethode – bei vielen Anbietern temporär zu einer Entlastung der Rechnungszinsanforderungen aus den Beständen und zu höheren Solvenzquoten geführt hat, die aktuellen Zinsbedingungen am Kapitalmarkt kurzfristig allerdings den Druck auf die Ertragskraft der Branche wieder deutlich erhöhen dürften. Marktweit seien dabei große strukturelle Unterschiede festzustellen, die maßgeblich durch die Bestandsstruktur der Unternehmen beeinflusst würden. Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata erläutert, dass die Branche im Jahr 2018 der ZZR dank Einführung der Korridormethode statt der ursprünglich von Assekurata prognostizierten 15 Mrd. Euro nur 6 Mrd. Euro hatte zuführen müssen. Für 2019 rechne man mit einer ZZR-Zuführung von insgesamt 9 Mrd. Euro.

Niedrigzinsumfeld erfordert Bewertungsreserveauflösungen

Mit der verringerten ZZR-Zuführung hat laut Assekurata im Jahr 2018 auch die Renditeanforderung an die Kapitalanlage, ausgedrückt als Break-Even-Nettoverzinsung, abgenommen: Sie ist auf durchschnittlich 2,32% abgesunken. Mit Blick auf 2019 werde sie indes erneut steigen, Assekurata prognostiziert einen Anstieg auf voraussichtlich 2,60%. Dies bedeute, dass die Versicherer wieder höhere Kapitalanlageerträge erwirtschaften müssten, um einen Verlust beim Rohüberschuss zu vermeiden. „Sollten die Zinsen so niedrig bleiben, wird dies auf Dauer nicht ohne neuerliche Bewertungsreserveauflösungen funktionieren“, so Heermann.

Lebensversicherer: Weniger ZZR, aber weiter Druck auf Ertragskraft

Beim Ertragskraft-Garantie-Check steht die Frage im Vordergrund, inwieweit die Lebensversicherer mit ihren Erträgen insgesamt in der Lage sind, die Garantien inklusive der ZZR zu finanzieren. Hierfür werden die wesentlichen Ertragskomponenten und Bilanzpuffer mit den Rechnungszinsen in Beziehung gesetzt und in einer Kennzahl (EKG-Quote) ausgedrückt. Mit der gesunkenen Rechnungszinsanforderung konstatiert Assekurata für 2018 bei nahezu allen Unternehmen einen Anstieg der EKG-Quote. Die Abbildung zeigt die marktdurchschnittliche Entwicklung seit 2014 sowie die Verteilung für das Jahr 2018 anhand eines „Boxplots“. Die 100%-Marke bildet bei der EKG-Quote eine untere Schwelle. Der Marktdurchschnitt von 418,26% im Jahr 2018 spiegelt also eine gut vierfache Überdeckung der Rechnungszinsen wider.

Absinken der EKG-Quote auf rund 400% erwartet

Für 2019 erwartet Assekurata ein Absinken der EKG-Quote auf rund 400%. Unter diesen Umständen reiche also das Ertragspotenzial der Branche theoretisch noch aus, um die Rechnungszinsanforderungen im Geschäftsjahr 2019 rund vier Mal zu finanzieren. „Ein solcher Schritt würde aber die Überschussbeteiligung der Kunden massiv beeinträchtigen und gleicht daher einem Extremszenario. Gerade deshalb eignet sich die EKG-Quote aber als Standhaftigkeitskennziffer, die die Ertragssituation von Lebensversicherern vergleichbar macht“, erläutert Heermann. Mit steigenden ZZR-Zuführungen dürften die EKG-Quoten auch in den Jahren nach 2019 vielfach nach unten zeigen. Einige Unternehmen am unteren Rand der Verteilung weisen auch schon heute eine EKG-Quote von nur noch bei gut 200% auf, was also einer lediglich zweifachen Überdeckung entspricht.

Individuelle Sicht vonnöten

Vergleicht man die Marktposition einzelner Anbieter unter HGB mit derjenigen unter Solvency II, so deuten die Ergebnisse oftmals in dieselbe Richtung. Dies zeigt sowohl der Abgleich mit den Solvenzquoten als auch mit den künftigen Gewinnen. Schwache EKG- und Solvenzquoten bedeuten aber nicht zwangsläufig, dass die betroffenen Lebensversicherer unter dem Strich kein Geld verdienen. Lars Herrmann dazu: „Je nach Perspektive weichen die Studienergebnisse aus Kunden- und Eigentümersicht stark voneinander ab.“ Unternehmensvergleich anhand von nur einer Kennzahl sei daher zu pauschal und womöglich irreführend. (ad)

Die komplette Studie kann unter www.assekurata.de bestellt werden.

Bild: © Foto-Ruhrgebiet – stock.adobe.com