Dass LegalTechs als Inkassodienstleister auftreten und für ihre Kunden überzahlte Mieten zurückfordern, ist mittlerweile nicht Außergewöhnliches mehr. So lange sich die Unternehmen auf die Befugnisse beschränken, die ihnen als Inkassodienstleister zustehen, spricht rechtlich nichts gegen dieses Vorgehen. Ob ein Inkassounternehmen jedoch auch Schadensersatzforderungen im Rahmen des Abgasskandals geltend machen kann, musste nun das Landgericht (LG) Augsburg entscheiden.
Dienstleister will 35% der Vergleichssumme
Der Inkassodienstleister myRight hatte gegen Volkswagen Schadensersatzforderungen in 30 Fällen aus abgetretenem Recht seiner Kunden geltend gemacht. Die 30 Forderungen bezogen sich auf Fahrzeuge, die vom vom Abgasskandal betroffen waren. Ziel war es, einen Vergleich mit Volkswagen anzustreben. Von der Vergleichssumme sollte myRight dann 35% Provision kassieren. Der Rest stünde dem Kunden und Fahrzeughalter zu.
Außergerichtliche Einigung nicht angestrebt
Das Landgericht Augsburg wies die Klage des Inkassodienstleisters gegen Volkswagen jedoch ab. Nach Ansicht des Gerichts sind die Rechtsabtretungen an den Inkassodienstleister nichtig. myRight habe seine Befugnisse als Inkassounternehmen gemäß Rechtsdienstleistungsgesetz überschritten. Sein Anwendungsbereich sei laut § 1 Abs. 1 S. 1 RDG eindeutig auf außergerichtliche Dienstleistungen beschränkt. Das Geschäftsmodell von myRight ziele jedoch von vornherein auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ab.
Inkassounternehmen weist Interessenskonflikt auf
Des Weiteren agiere das LegalTech ausschließlich im eigenen Interesse. Ihm sei es nach Ansicht des Gerichts gleichgültig, ob der Kunde den von Volkswagen angebotenen Vergleich annehme. Das Unternehmen erhalte schließlich stets 35% der ausgehandelten Summe. Im Übrigen habe der Gesetzgeber mit der kostenfreien Musterfeststellungsklage bereits ein Instrument geschaffen, das Sammelklagen ermögliche. Weshalb die Dienstleistung von myRight nicht im Interesse des Verbraucherschutzes zugelassen werden müsse.
Abgrenzung zum Fall LexFox
Außerdem äußerte sich das Gericht auch dazu, warum das Verfahren anders zu bewerten sei als der Fall LexFox. Der Betreiber der Internetseite wenigermiete.de hatte seine Kunden ebenfalls juristisch vertreten, wenngleich auch er nur als Inkassodienstleister auftreten durfte. Der Bundesgerichtshof hatte dennoch zugunsten von LexFox entschieden.
Das LG machte in seiner Urteilsbegründung jedoch klar, dass LexFox im Gegensatz zu Myright zuerst eine außergerichtliche Einigung angestrebt habe. Und auch im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung sei LexFox auf Erfolgsbasis tätig geworden und habe die Prozesskosten in jedem Fall übernommen. Aus diesem Grund sei kein struktureller Interessenskonflikt zwischen dem LegalTech und den Kunden vorgelegen. Bei myRight sei das jedoch anders. myRight habe in erster Linie ein Interesse daran, die Vergleichssumme in die Höhe zu treiben. Ob die Bedingungen des Vergleichs jedoch im Interesse des Kunden seien, sei für myRight nicht von Belang.
LG Ingolstadt urteilt ebenfalls gegen Dienstleister
In einem ähnlich gelagerten Fall vor dem LG Ingolstadt (Az.: Az: 41 O 1745/18) war die Klage ebenfalls abgewiesen worden. Hier hatte der Dienstleister financialright, der auch hinter myRight steht, von seinen Kunden verlangt, die Prozesskosten nachträglich zu übernehmen, falls er den ausgehandelten Vergleich widerruft. Auch das Landgericht Ingolstadt erkannte in diesem Gebaren einen Interessenskonflikt. (tku)
Bild: © zenzen – stock.adobe.com
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