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28. Juli 2021
Lehren aus Corona: Cyberpandemien absichern

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Lehren aus Corona: Cyberpandemien absichern

Die Cyberkriminalität könnte in Zukunft ähnliche Dynamiken entwickeln wie eine Pandemie – darauf müssen Versicherer und Kunden vorbereitet sein. Aus Covid-19 kann die Versicherungsbranche einige Lehren für den Cyberbereich ableiten.

Dr. Christian Gründl, Vorstandsmitglied der ERGO Versicherung AG, verantwortlich für das Firmen- und Industriegeschäft

Egal, wie gut Unternehmen vor 2020 abgesichert waren – mit einer weltweiten Pandemie hat wohl kaum jemand gerechnet. Was die Versicherungswirtschaft aus dieser anspruchsvollen Zeit gelernt haben, lässt sich auch auf den Cyberbereich übertragen: Denn nicht nur krankheitserregende Viren können Schäden in Millionenhöhe verursachen.

Es mag auf den ersten Blick überraschend klingen, aber zwischen großen Cyberangriffen und der Corona-Pandemie gibt es erstaunlich viele Parallelen. Ein Beispiel: Am 04.05.2000 verbreitete sich der Computerwurm Loveletter mit der Betreffzeile „ILOVEYOU“ rasend schnell. Innerhalb von zehn Tagen waren mehr als 50 Millionen Geräte infiziert. Das Virus hatte eine automatische Verbreitungsfunktion, sodass die Zahl der infizierten Computersysteme exponentiell anstieg – genau wie die Corona-Zahlen. So ein digitales Virus ist offensichtlich keine unmittelbare gesundheitliche Gefahr. Wirtschaftlich sind die potenziellen Schäden aber durchaus relevant: Allein „ILOVEYOU“ verursachte weltweit Kosten in Milliardenhöhe.

Wenn die Gefahr durch eine Cyberpandemie also real und ernst zu nehmen ist, was kann dann die Versicherungsbranche von Corona lernen?

1. Mangelndes Risikobewusstsein adressieren

Ein Szenario wie Covid-19 kommt im Risikobewusstsein in der Regel nicht vor, weil sich eine Pandemie nur in sehr langen Abständen wiederholt und persönliche Erfahrungen in den meisten Fällen nicht vorliegen. Die Gefahr erschien abstrakt, dementsprechend schlecht war die Branche vorbereitet.

Auch das Risiko durch Cyber­attacken ist vielen Unternehmen kaum bewusst. Nur 28% der kleinen und mittleren Unternehmer sehen in digitaler Kriminalität eine Gefahr für ihren eigenen Betrieb, ergab eine Studie des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft im vergangenen Jahr. Die eigenen Daten seien zu uninteressant, die Server gut abgesichert – eine Cyberver­sicherung hielt die große Mehrheit der Befragten aus diesen Gründen nicht für nötig. Dabei sieht die Realität anders aus: Die Zahl der Cyberattacken auf Unternehmen ist allein im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte 2019 um fast 70% gestiegen. Betroffen sind alle Branchen und Betriebe jeder Größe.

Deshalb ist es wichtig, dass sich jedes Unternehmen auf einen potenziellen Cyberangriff vorbereitet. Dazu gehört nicht nur eine Cyberversicherung, sondern vor allem Präventionsmaßnahmen. Mitarbeiter sollten zu den Themen IT-­Sicherheit und Datenschutz fortgebildet werden. Für den Ernstfall braucht jeder Betrieb einen Notfallplan: Was sind die wichtigsten Schritte, wenn plötzlich die Systeme lahmliegen? Wer ruft den IT-Dienstleister an? Wer meldet den Schaden der Versicherung?

2. Schadenbearbeitung professionalisieren

Eine Versicherung kann Schulungen anbieten und die Unternehmen beim Risikomanagement unterstützen. Im Ernstfall muss sie dann aber auch die Erwartungen der Kunden erfüllen: Der Schadenservice muss 24 Stunden am Tag erreichbar sein. Ein IT-Dienstleister muss zu jeder Tageszeit innerhalb weniger Stunden vor Ort sein, um die Daten möglichst schnell wiederzugewinnen. Gerade bei Cyberattacken gilt: Je länger es dauert, desto größer wird der Schaden. Jede Minute zählt.

2020 hat die Welt durch Covid-19 gelernt, dass in der Pandemie tausende Schäden innerhalb kürzester Zeit auftreten. Genauso schlimm kann es in einer möglichen Cyberpandemie werden. Die wenigsten Versicherer sind bisher darauf vorbereitet, dass so viele Unternehmen gleichzeitig einen Schaden melden und auf Hilfe angewiesen sind. Versicherer bauen deshalb ihre IT-Expertise aus und verbessern ihren 24-Stunden-Service. Nur durch skalierbare Schadenprozesse können Versicherer in solchen Situationen ihr Versprechen gegenüber dem Kunden einlösen.

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Ein Artikel von
Dr. Christian Gründl