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11. August 2022
LV: Nicht-Vorlage an den EuGH muss richtig begründet sein

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Woman judge hand holding gavel to bang on sounding block in the court room.

LV: Nicht-Vorlage an den EuGH muss richtig begründet sein

Verfassungsbeschwerde hat vor dem VGH Rheinland-Pfalz Erfolg

Die Verfassungsbeschwerde des Versicherungskunden hatte nun vor dem Verwaltungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (VGH) Erfolg: Der OLG-Beschluss, mit dem die Berufung zurückgewiesen wurde, verletze den klagenden Kunden in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 6 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –). Der EuGH sei gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 LV. Komme ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung des EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nicht nach, könne dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein.

OLG hat Nicht-Vorlage an den EuGH nicht richtig begründet

Das Fachgericht müsse eine nachvollziehbare, vertretbare Begründung dafür geben, dass die maßgebliche Rechtsfrage durch den EuGH bereits entschieden oder die richtige Antwort auf diese Rechtsfrage derart offenkundig sei, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibe. Diese Anforderungen habe das OLG aber nicht gewahrt. Es sei nämlich nach Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet gewesen, ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH dazu durchzuführen, ob und unter welchen Voraussetzungen es mit Unionsrecht vereinbar ist, wenn die Ausübung eines durch die Lebensversicherungsrichtlinien garantierten Widerspruchsrechts wegen Rechtsmissbrauchs des Versicherungsnehmers ausgeschlossen wird, obwohl dieser nicht ordnungsgemäß über sein Recht belehrt wurde.

Das Oberlandesgericht habe keine hinreichend tragfähige Begründung gegeben, warum es von einer Vorlage abgesehen habe. Es könne sich aufgrund der jüngsten Entscheidung des EuGH zur Verbraucherkreditrichtlinie zunächst nicht ohne Weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Handhabung des Rechtsmissbrauchseinwands im Lebensversicherungsrecht und des Bundesverfassungsgerichts, das diese unter dem Blickwinkel des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht beanstandet hatte, stützen. Auch im Übrigen lieferten die OLG-Ausführungen nach Argumentation des VGH Rheinland-Pfalz keine vertretbare und nachvollziehbare Begründung für das Absehen von einer Vorlage. So habe sich das OLG insbesondere nicht hinreichend mit der aktuellen Rechtsprechung des EuGH und mit den Zielen des in den Lebensversicherungsrichtlinien gewährleisteten Rücktrittsrechts auseinandergesetzt.

Da die Verfassungsbeschwerde bereits wegen einer Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter erfolgreich war, könne schließlich dahinstehen, ob zugleich der vom Beschwerdeführer ebenfalls gerügte allgemeine Justizgewährleistungsanspruch verletzt sei. (ad)

VGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 22.07.2022 – VGH B 70/21

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