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3. August 2022
Maklernachfolge: Was guter Wille kosten kann
Student studying math on the blackboard full of formulas

Maklernachfolge: Was guter Wille kosten kann

Brauchen Juniormakler nur mehr Unterstützung bei der Suche nach Maklerbeständen? Die abgebende Generation muss auch an Nachfolger verkaufen wollen – und damit sehr viel guten Willen zeigen, meint Andreas Grimm.

Ein Artikel von Andreas Grimm

Juniormaklerinnen und Juniormakler hätten keine Chance auf Maklerbestände, hatte ich zuletzt geschrieben – und Einwände geerntet. Juniormakler bräuchten nur mehr Unterstützung bei der Suche nach Maklerbeständen. Doch die abgebende Generation muss auch an Nachfolger verkaufen wollen – und damit sehr viel guten Willen zeigen. Denn leider ist die Finanzmathematik kein Wunschkonzert.

„Den Maklerbestand an große Bestandskäufer verkaufen oder doch lieber dem Nachwuchs eine Chance geben?“, fragen sich viele Seniormakler und finden dann oftmals eine eindeutige Antwort: Nein, danke! Auch Seniormakler sind Kaufleute und müssen am Ende ihrer unternehmerischen Karriere nach kaufmännischen Aspekten entscheiden. So scheitern Nachwuchsmakler meist an der Finanzmathematik, wie folgendes Beispiel zeigt:

Fallbeispiel: Der Makler und die Finanzmathematik

Unser Musterseniormakler führt sein Unternehmen als Einzelunternehmen. So, wie es viele seiner Kollegen tun. Zudem beschäftigt er in seinem gemieteten Büro eine eigene Bürokraft. So ausgestattet dürfte ihn der Betrieb seines Maklerunternehmens um die 40.000 bis 50.000 Euro kosten. Mit einem Jahresumsatz von 120.000 Euro (davon 30.000 Euro Abschlusscourtagen und 90.000 Euro Bestandspflegecourtagen) dürfte der Makler einen Jahresüberschuss vor Steuern von ungefähr 75.000 Euro erzielen. Verkauft er dieses Unternehmen im Rahmen einer Nachfolgeregelung, dürfte ein „echter“ Nachfolger oder eine Nachfolgerin vermutlich um die 200.000 Euro zu bezahlen bereit sein. Ein großer Bestandskäufer dagegen bis zu 450.000 Euro – zumindest, wenn es der Richtige ist.

Großer Bestandskäufer löst Unternehmen auf

Der Unterschied ist leicht erklärt: Während der große Bestandskäufer den Bestand einfach in sein Unternehmen „importiert“ und mit verwaltet, übernimmt ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin das Unternehmen als Ganzes. Der große Bestandskäufer löst das Unternehmen und all seine Kosten auf, Nachfolger müssen dagegen weiterhin alle Kosten tragen.

Damit entstünde beim großen Bestandskäufer durch die Übernahme ein zusätzlicher Gewinn von 90.000 Euro vor Steuern, während ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin weiterhin nur ungefähr 75.000 Euro Jahresüberschuss erzielen würde, obwohl er oder sie 30.000 Euro mehr Umsatz aus den Abschlusscourtagen machen würde. Nach Steuern bleiben bei einem solchen Nachfolger somit vermutlich nur um die 60.000 Euro verfügbares Einkommen, während der große Bestandskäufer von den 90.000 Euro nach Abschreibungen und Steuern vermutlich um die 80.000 Euro liquide Mittel behalten kann.

Existenzgründer müssen leben können

Doch es wird noch ungerechter: Während der große Bestandskäufer die Liquidität komplett in die Tilgung des Investitionsdarlehens stecken kann, müssen Existenzgründer von ihrem Einkommen auch noch leben: Von den 60.000 Euro dürften deshalb vermutlich nur 10.000 bis 15.000 Euro für die Tilgung des Existenzgründerdarlehens zur Verfügung stehen.

Die Rückzahlphase des Investitionsdarlehens würde beim großen Bestandskäufer folglich trotz des hohen Kaufpreises von 450.000 Euro nur knapp sechs Jahre dauern, während ein Existenzgründer oder eine Gründerin bei einem Kaufpreis von nur 200.000 Euro immer noch um die 15 bis 20 Jahre für die Tilgung bräuchte – vorausgesetzt sie finden einen Seniormakler, der so viel guten Willen mitbringt und auf bis zu 250.000 Euro verzichtet.

Über den Autor

Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 120, und in unserem ePaper.

Bild: © allvision – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Andreas Grimm