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18. Mai 2020
MiFID-II-Überarbeitung: Praktikable Lösungen sind gefragt

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MiFID-II-Überarbeitung: Praktikable Lösungen sind gefragt

Ex-ante-Kostentransparenz im freien Vertrieb nicht umsetzbar

Auch bei der Ex-ante-Kostentransparenz ist der Regulator übers Ziel hinausgeschossen. Die BaFin verlangt eine genaue Kostenoffenlegung bezogen auf das vom Kunden gewünschte Wertpapier und auf die geplante Ordergröße. Das ist technisch extrem herausfordernd und verlangt eine aufwendige IT-Struktur. Im Kundengespräch zu Hause und außerhalb des Büros ist das nicht möglich. Die Banken behelfen sich mit elektronischen Postfächern, in die diese Informationen eingestellt werden, aber kaum ein Kunde nutzt sie.

In der Beratungssituation des freien Vertriebs ist diese Lösung nicht umsetzbar. Innovative Orderwege werden abgeschnitten, weil bei Orders über soziale Netzwerke, SMS oder WhatsApp die Infrastruktur für die Kostentransparenz nicht gewährleistet werden kann, genauso werden auch althergebrachte Orderwege wie der klassische Brief oder das Fax unmöglich gemacht. Vor allem gegenüber professionellen Kunden ist nicht nachvollziehbar, warum diese vor jeder Order die Preisinformation auf Basispunkte heruntergerechnet benötigen. Pauschale Kosteninformationen wären ausreichend, und zwar bezogen auf Standardanlagebeträge. Ein bisschen Dreisatzrechnen ist jedem Kunden zumutbar.

Product Governance – „Bürokratischer Overkill“

Der bürokratische Overkill ist beim Prinzip Product Governance und den Zielmärkten eingetreten. Eigentlich müssten nicht nur die Emittenten Zielmärkte für alle ihre Wertpapiere bestimmen, sondern auch jeder Vertreiber, das heißt, jeder Berater, Vermittler und Vermögensverwalter soll noch einmal eigene Zielmärkte für jedes Wertpapier definieren. Bei mehreren Hunderttausend Wertpapieren eine Anforderung, die niemand leisten kann. Eine Zielmarktbestimmung durch den Emittenten ist vollkommen ausreichend.

Wenig nachvollziehbar ist die Anforderung auch, wenn man sie mit dem Geeignetheitstest vergleicht. Berater und Vermögensverwalter müssen dem Kunden bezogen auf seine Anlageziele, Kenntnisse und Erfahrungen und finanziellen Verhältnisse geeignete Finanzinstrumente empfehlen. Die Zielmärkte bestehen weitgehend aus Kriterien, die auch in der Geeignetheitsprüfung zu beurteilen sind. Es kommt zu bürokratischen Doppelungen ohne Mehrwert für den Kunden. Dieser Mehraufwand sollte bei einem Review vermieden werden.

Nachhaltigkeitsziele künftig zu berücksichtigen

Bei der Neufassung muss auch die neue Herausforderung durch Sustainable Finance berücksichtigt werden. In Zukunft sollen die Anlageziele des Kunden zu Ökologie, sozialer Gerechtigkeit und Good Governance abgefragt und in seiner Anlage berücksichtigt werden. Das wird nur mit praktikablen Lösungen funktionieren, die jetzt in MiFID II eingebaut werden müssen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact Print 05/2020, Seite 100.

Bild: © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Von Dr. Christian Waigel